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# taz.de -- Die Wahrheit: Eine Trübsal von Land
> Der kürzliche erschienene deutsche Glücksatlas hat es bestätigt:
> Brandenburg ist anders als alles andere. Nur Super-Musk kann es retten.
Bild: Oh, wie faszinierend ist dieses herrliche Brandenburg!
Die Deutschen sind so zufrieden wie seit 1989 nicht mehr. Das weiß, wer den
jährlich erscheinenden Glücksatlas der Deutschen Post studiert hat. Die
Gründe sind vielfältig: Wirtschaftlich geht es zwar nicht mehr so richtig
voran, aber es läuft immer noch besser als bei den kaputten Nachbarn – und
nur darum geht’s ja. Außerdem gab es schon länger keine größeren
Tierfleischkrisen mehr, die Erinnerungen an Schweinegrippe und BSE
verblassen, es kann bedenkenlos gefressen werden. Und mit der AfD ist es
auch endlich wieder möglich, eine nationalsozialistische Partei zu wählen,
deren Namen im Gegensatz zum Vorgängermodell NPD ganz anders klingt als
jener der ja leider leicht in Verruf geratenen NSDAP. Mehr braucht man
hierzulande eigentlich nicht.
Doch auch im großdeutschen Sauglück findet sich noch Trübsal. Nämlich in
Brandenburg. Das Land befindet sich zum wiederholten Male auf dem letzten
Platz des Glücksatlasses. In puncto Lebenszufriedenheit erreichten die
Brandenburger lediglich 6,76 von 10 Punkten. Erschreckend! Das ist noch
weniger als im Jahr zuvor, als Brandenburg ebenfalls Letzter wurde. Das
Einzige, was den Untersuchungen zufolge noch trauriger als Brandenburg ist,
ist der Berliner Karneval.
Und warum sind die Brandenburger so unglücklich? Hört man sich im
Bundesland um, so lauten die Top 3 der am häufigsten angegebenen Gründe:
Cottbus, Potsdam und Frankfurt an der Oder. Erstaunlicherweise ist dies
auch umgekehrt der Fall: Im glücklichsten aller Bundesländer, nämlich in
Schleswig-Holstein, geben die meisten an, im Grunde nur so glücklich zu
sein, weil sie weder in Cottbus, Potsdam noch in Frankfurt an der Oder
leben müssen.
## Stolz und Glück sind zurück
Andere meinen, es sei gerade dieser ständige Vergleich, der die
brandenburgische Bevölkerung unglücklich mache. Während beispielsweise
Rheinland-Pfalz als das Bundesland mit den Weinen bekannt ist, gilt
Brandenburg als Land mit den Weinenden. Während man in Sachsen sehr viel
Aufmerksamkeit für das Kultivieren von Fremdenfeindlichkeit erhält, wird
Brandenburg letztlich nur als Peripherie Berlins wahrgenommen. Aufgrund der
andauernden Tristesse spricht mancher auch schon vom Saarland des Ostens,
was wiederum die Saarländer mit Stolz und Glück erfüllt.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Brandenburger haben einfach gar nichts,
was besonders wäre. Sie haben nichts, woran sie sich erfreuen, und nichts,
worüber sie sich ärgern könnten. Viele Einheimische machen inzwischen einen
dermaßen bemitleidenswerten Eindruck, dass einige bereits von
zurückgekehrten Wölfen ins Rudel aufgenommen wurden. Schon nach wenigen
Wochen als Wolfsmensch stieg ihr Glückswert um satte 1,5 Punkte und
entspricht damit dem eines Durchschnittsbayern.
Die Landbevölkerung, auch das geht aus dem Glücksatlas hervor, ist
inzwischen dermaßen depri, dass sogar der größte Freund des Landes, Günther
Jauch, die Hoffnung aufgegeben hat. All das Geld, das er investiert hat –
die 1,5 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Garnisonkirche im Zentrum
von Potsdam, die nächste Million für die Sanierung der Neptungrotte im
nahegelegenen Schlosspark – am Ende war alles für die Katz. Die Leute haben
jeglichen Lebensmut verloren. Jauch hätte die Millionen ebenso gut in ein
großes, düsteres Loch schmeißen können. Aber im Grunde ist Brandenburg ja
auch genau das.
## Stimmung und Hoffnung
Gibt es angesichts der Glücksatlaszahlen überhaupt noch Hoffnung für
Brandenburg? Ja! Elon Musk, der charismatische Tesla-Chef, Kiffer und
Philanthrop, hat es sich zum Ziel gesetzt, die Stimmung aufzuhellen. Vier
Milliarden Euro will er investieren, um den Einwohnern Brandenburgs das
Gefühl zu geben, noch gebraucht zu werden. Eine sogenannte Gigafactory soll
hier entstehen.
Offiziellen Angaben zufolge könnte dies bis zu 8.000 Arbeitsplätze schaffen
– wobei insgeheim bekannt ist, dass es sich um eine reine
Beschäftigungsmaßnahme handelt. „Im Grunde bringt es dem Unternehmen
nichts. Autos und Batterien schrauben mir die Chinesen zehnmal billiger
zusammen“, wird Musk von einem Insider zitiert.
Warum also der ganze Zirkus? Bei seinem letzten Rave in Berlin habe Musk
sich nach einer Überdosis MDMA dermaßen verlaufen, dass er irgendwo in
Brandenburg von einem der Wolfsmenschen aufgelesen und versorgt wurde. Beim
Abschied, so der Insider, habe er versprochen, eines Tages zurückzukehren
und das Land für diese Hilfsbereitschaft zu entlohnen.
Die Idee ist schön, doch womöglich könnte der gutgemeinte
Beglückungsversuch nach hinten losgehen: Dort, wo die Gigafactory entstehen
soll, müsste Wald, viel Wald abgeholzt werden. Das wiederum wird die dort
beheimateten Wolfsmenschen sehr traurig machen.
20 Nov 2019
## AUTOREN
Cornelius Oettle
## TAGS
Brandenburg
Glück
Elon Musk
Umzug
Wintersport
Leinenpflicht
Gefängnis
Gedicht
FIFA 20
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