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# taz.de -- Proteste in Hongkong: Putztruppe als Warnung
> Während Kämpfe zwischen militanten Demonstrierenden und Polizei
> eskalieren, greift Peking mit unbewaffneten Soldaten ein, um Barrikaden
> wegzuräumen.
Bild: Besenrein: Einsatz chinesischer Soldaten in Hongkong
Hong Kong taz | Mit Wasserwerfern und gepanzerten Wagen von Mercedes-Benz,
Gummigeschossen und Tränengas hat [1][Hongkongs Polizei] seit
Sonntagnachmittag versucht, die von militanten Demonstranten besetzte
Polytechnische Universität im Stadtteil Hung Hom zu räumen. Die Polizei
griff über Stunden von mehreren Seiten an, kam aber wegen der Barrikaden
und des Widerstands des „schwarzen Blocks“ nicht voran. Der leistete mit
Steinen und Molotowcocktails heftigen Widerstand.
Die Polizei wollte insbesondere die Autobahn und den Hafentunnel neben der
Uni frei bekommen. Sie sind Teil einer Hauptverkehrsader und werden seit
Tagen blockiert. „Wir blockieren Hauptverkehrsstraßen, um ein Druckmittel
gegen die Regierung zu haben,“ sagte ein Student der South China Morning
Post. Gegen Abend kam es auch in den benachbarten Stadtteilen Yau Ma Tei
und Mongkok zu Straßenschlachten.
Vor einer Woche hatten Teile der Protestbewegung mit der Besetzung von
Universitäten eine neue Taktik gewählt. Demonstrierende verbarrikadierten
etliche Unis, UnterstützerInnen brachten Helme, Gasmasken und Lebensmittel
vorbei. Zuletzt wurde aber nur noch die Polytechnische Universität
gehalten.
Am Samstag räumten 50 Soldaten der Hongkonger Garnison der chinesischen
Volksbefreiungsarmee im Stadtteil Kowloon Tong Barrikaden ab. Es war der
erste bekannte Einsatz des chinesischen Militärs gegen die Protestbewegung.
## „Dienst von Freiwilligen“
Die Soldaten, laut South China Morning Post Spezialtruppen zur
Terrorismusbekämpfung, traten unbewaffnet in Sportkleidung auf und räumten
vor ihrer Kaserne und der benachbarten Baptisten-Universität Steine und
Sperren von der Straße. Es gab keine Begegnung mit Demonstranten.
Hongkongs Regierung bezeichnete den Einsatz des chinesischen Militärs, den
sie nach eigenen Angaben nicht angefordert hatte, als „Freiwilligendienst“.
Zwar gab es einen solchen Einsatz schon einmal nach einem Taifun. Doch
dürfte er jetzt viele alarmieren. Manche sehen darin gar eine „letzte
Warnung“ Pekings.
Seit ein Student vor einer Woche seinen Verletzungen erlag, ist der
Konflikt weiter eskaliert. Der 22-Jährige war bei einer Polizeiaktion in
einem Gebäude schwer gestürzt. Zugleich tauchten Berichte auf, dass Wochen
zuvor eine 16-Jährige nach ihrer Festnahme von Polizisten vergewaltigt
worden war.
Die Polizei wies dies zurück. Als am Montag ein Polizist zwei Menschen
anschoss, wirkte all dies mobilisierend auf die unter dem Slogan
„dreifacher Streik“ geplanten Aktionen: Arbeitsniederlegung,
Unterrichtsboykott und Schließung von Geschäften.
## Angriffe mit Tränengas
Straßenblockaden ließen an vielen Stellen den Verkehr zusammenbrechen. Im
Banken- und Geschäftsviertel Central beteiligten sich die Woche über
Tausende Büroangestellte an illegalen Demonstrationen. Sie bauten
Barrikaden, um ein schnelles Vordringen von Polizeifahrzeugen zu
verhindern. Mehrfach wurden sie mit Tränengas angegriffen.
Die [2][Protestbewegung] wird immer noch von weiten Teilen der Bevölkerung
unterstützt. Sie sehen den „schwarzen Block“ als vorderste Front eines
legitimen Aufstands. Das liegt auch an der verschärften Repression und
Brutalität der Polizei. Mehr als 4.000 Menschen wurden bisher festgenommen.
Viele von ihnen berichten von Misshandlungen und sexualisierter Gewalt. Die
meisten Demonstrationen sind verboten und es gilt ein Vermummungsverbot.
Beides wird weitgehend ignoriert.
Die zunehmend gewalttätigen Proteste haben die Spaltung der Gesellschaft
vertieft und zu wachsenden wirtschaftlichen Problemen geführt. Ein Teil der
Bevölkerung hat sich auf die Seite der Stadtregierung und der
Kommunistischen Partei Chinas gestellt.
## Unterstützer angezündet
Es gibt immer wieder handgreifliche Auseinandersetzungen, bei denen es zu
Verletzten auf beiden Seiten kommt. So wurde ein Unterstützer der Regierung
mit einer brennbaren Flüssigkeit begossen und angezündet. Am Dienstag wurde
ein 70-Jähriger von einem Protestierenden mit einem Stein am Kopf
getroffen, worauf er starb.
Die seit Juni andauernden Proteste richteten sich zunächst gegen ein
Auslieferungsgesetz, das als zunehmende Einflussnahme Pekings verstanden
wurde. Der Gesetzentwurf wurde später zurückgenommen, doch längst ist es
ein Aufstand gegen die Regierungen in Hongkong und Peking. Deren Weigerung,
Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung der Polizeigewalt und
freien Wahlen zu erfüllen, führten zur Eskalation. Weder die Regierungen
noch die Protestierenden scheinen zu Zugeständnissen bereit.
17 Nov 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Ralf Ruckus
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Protest
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