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# taz.de -- Verdacht gegen Brasiliens Präsidenten: Bolsonaro in Mord verwickel…
> Hatte Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro Verbindungen zum mutmaßlichen
> Mörder der linken Stadträtin Marielle Franco? Das legt ein TV-Bericht
> nahe.
Bild: Trauer am Jahrestag der Ermordung von Marielle Franco
São Paulo taz | Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Brasiliens
Präsident Jair Bolsonaro wird mit dem [1][Mord an der linken Stadträtin
Marielle Franco] in Verbindung gebracht.
Am Dienstagabend [2][berichtete] das TV-Nachrichtenmagazin „Jornal
Nacional“ des Globo-Netzwerkes über die Aussage eines Pförtners von
Bolsonaros Wohnanlage. Dieser sagte aus, dass wenige Stunden vor dem
Anschlag auf Franco ein mutmaßlicher Komplize – der [3][Ex-Polizist Élicio
Queiroz] – versuchte, Bolsonaro in seiner Wohnung aufzusuchen. Eine Person,
die der Pförtner als Jair Bolsonaro identifizierte, soll ihm über die
Gegensprechanlage den Einlass erlaubt haben.
Videos zeigen jedoch, dass sich Präsident Bolsonaro an jenem Tag in der
Hauptstadt Brasília befunden hat. Laut der Aussage des Pförtners soll
Queiroz stattdessen den mutmaßlichen Mörder Ronnie Lessa, der ebenfalls in
der Wohnanlage lebt, aufgesucht haben. Die beiden sollen gemeinsam die
Anlage verlassen haben – wahrscheinlich, um Marielle Franco zu ermorden.
Die Politikerin der Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) und ihr
Fahrer Anderson Gomes waren am 14. März auf dem Rückweg von einer
Veranstaltung in der Innenstadt von Rio de Janeiro ermordet worden. Der
Mord schockte Brasilien. Bis heute sind die Auftraggeber der Tat nicht
ermittelt. Die Ermittlungen laufen schleppend, auch weil Polizist*innen die
Ermittlungen manipuliert haben sollen.
## Verbindungen zwischen Bolsonaro-Familie und Milizen
Die 38-jährige schwarze, lesbische Politikerin war eine der lautesten
Stimmen gegen [4][Polizeigewalt] und Rassismus. Franco stammte aus einem
Armenviertel, dem Favela-Complex Maré im Norden von Rio de Janeiro. Franco
hatte immer wieder Polizeigewalt und die Milizen kritisiert. Diese
kriminellen, paramilitärischen Vereinigungen werden von ehemaligen und
aktiven Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleuten geführt und kontrollieren
viele arme Stadtteile mit Waffengewalt.
Kurz nach Bolsonaros Amtsantritt am 1. Januar waren Verbindungen zwischen
der Bolsonaro-Familie und den Milizen aufgedeckt worden. Der älteste Sohn
des Präsidenten, Flávio Bolsonaro, soll die Mutter und Ehefrau des
Milizenchefs Adriano Nóbrega in seinem Abgeordnetenbüros angestellt haben.
Jener Ex-Polizist ist einer der Verdächtigen für den Mord an Franco.
Wenige Wochen später wurde aufgedeckt, dass ein weiterer Verdächtiger in
der gleichen Wohnanlage wie Bolsonaro lebte und seine Tochter eine
Beziehung mit einem der Bolsonaro-Söhne führte. Gleichzeitig tauchte ein
Foto eines dritten Verdächtigen auf, das ihn mit Bolsonaro zeigt.
Menschenrechtsaktivist*innen hatten immer wieder auf die Verbindungen
zwischen den Bolsonaros und den Milizen hingewiesen. Mehrmals bezog sich
der rechtsradikale Präsident positiv auf die „tropische Mafia“. Bereits im
Jahr 2005 hatte sein Sohn Flávio dem mutmaßlichen Auftragskiller und
Milizenboss Nóbrega einen Orden verliehen, obwohl dieser bereits wegen
eines Mordes im Gefängnis saß.
## Bolsonaro bestreitet alles und beschimpft die Medien
Die ehemalige Weggefährtin von Marielle Franco und PSOL-Politikerin Talíria
Petrone erklärte als Reaktion auf die jüngsten Veröffentlichungen auf
Twitter: „Es ist schon schlimm genug, dass es Verbindungen zwischen dem
inneren Zirkel des Präsidenten und Killerkommandos gibt. Dass Bolsonaro nun
am Tag des Mordes mit den Verdächtigen in Kontakt getreten sein könnte,
macht die ganze Sache noch viel schlimmer.“
Ob die jüngsten Recherchen jedoch wirklich eine Verwicklung von Bolsonaro
in den Mordfall zeigen, bleibt abzuwarten. Erst vergangene Woche
präsentierte die Bundesstaatsanwaltschaft einen mutmaßlichen Hintermann der
Tat: den Politiker der Mitte-rechts-Partei MDB, Domingos Brazão. Ob eine
Verbindung zu Bolsonaro besteht, ist unklar.
Der Präsident meldete sich aus Saudi-Arabien sich mit einem Live-Video zu
Wort. Dort tobte er, stritt alle Vorwürfe ab und beschimpfte die Medien
wüst. Außerdem beschuldigte er Rios Gouverneur Wilson Witzel, ihn
hintergangen zu haben und Informationen über Polizeiermittlungen
weitergeleitet zu haben.
Auch Bolsonaros Anwalt, Frederick Wassef, spricht von einer „Lüge“ und
bestreitet, dass Bolsonaro die Verdächtigen kennt. Es wird vermutet, dass
der Fall nun vom obersten Gerichtshof (STF) behandelt wird, da Bolsonaro
als Präsident Immunität genießt.
30 Oct 2019
## LINKS
[1] /Brasilianische-Feministin-Marielle-Franco/!5491931
[2] https://g1.globo.com/jornal-nacional/noticia/2019/10/29/suspeito-da-morte-d…
[3] /Mord-an-linker-Politikerin-in-Brasilien/!5580643
[4] /Brasilianische-Feministin-Marielle-Franco/!5491931
## AUTOREN
Niklas Franzen
## TAGS
Brasilien
Jair Bolsonaro
Marielle Franco
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Indigene
Brasilien
Marielle Franco
Autoritarismus
Critical Whiteness
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