# taz.de -- Kletterverbot für Australiens heiligen Berg: Endspurt der Unbelehr… | |
> Der heilige Berg Uluru in Zentralaustralien darf bald nicht mehr von | |
> Touristen bestiegen werden. Wanderwütige nutzen nun ihre letzte Chance. | |
Bild: Dieser Berg ruft nicht mehr: Touristen beim Erklettern des Uluru in Austr… | |
Canberra taz | Auch in den letzten drei Tagen vor der Schließung des | |
Aufstiegs auf den Uluru standen sie noch Schlange: Hunderte Menschen, die | |
entgegen dem Wunsch der Ureinwohner darauf beharrten, auf den 348 Meter | |
hohen Berg zu klettern. Schulfreunde Jeff Lis, 52, und Stefan Gangur, 51, | |
hatten ihre Ehefrauen in Melbourne zurückgelassen, für ihre erste Reise ins | |
Rote Zentrum. „Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Kind immer gesagt | |
hatte, dass ich eines Tages klettern werde … jetzt, da sie den Aufstieg | |
schließen, dachten wir, wir sollten hierherkommen, während wir noch relativ | |
mobil sind“, sagte Lis der australischen Nachrichtenagentur AAP. | |
Die Temperatur sollte an dem Tag 36 Grad übersteigen. So ist der Aufstieg | |
nur zwischen 7 und 8 Uhr erlaubt – ein kleines Zeitfenster für die letzten | |
Verbissenen. | |
Verbissen müssen die Kletterer sein, schon allein wegen der Anstrengung. Es | |
gibt zwar eine Kette, an der man sich hochziehen kann. Der Aufstieg ist | |
aber gefährlich, mindestens 37 Menschen sind in den letzten Jahren | |
gestorben. Absturz. Herzschlag, Hirnschlag, Sonnenstich. Vor ein paar Tagen | |
fiel ein 12-jähriges Mädchen und stürzte 30 Meter in die Tiefe. Es kam mit | |
einem gebrochenen Finger und Schürfwunden davon. | |
Die Kletterer machen den Aufstieg – entgegen den ausdrücklichen Wünschen | |
der lokalen Anangu, der Indigenen. Auf großen Schildern am Fuß des Berges | |
bitten sie, das Besteigen zu unterlassen. Aus Gründen der Sicherheit – die | |
traditionellen Besitzer des Landes fühlen sich für das Wohlergehen von | |
Besuchern verantwortlich – und aus Respekt vor ihrer Kultur. Für die Anangu | |
ist der Berg heilig. Nur speziell initiierte Männer dürfen hochklettern – | |
auch das nur zu besonderen Anlässen. Viele Bereiche des Felsens sind strikt | |
tabu. Höhlen etwa, in die Frauen zum Gebären gingen oder Jungen zur | |
Beschneidung. Diese Orte dürfen auch von Touristen nicht fotografiert | |
werden. | |
## Rumlaufen statt draufklettern | |
Verboten aber war der Aufstieg bisher nicht. Nachdem den Anangu 1985 von | |
der Regierung nach fast 200 Jahren Enteignung das Besitzrecht an ihrem Land | |
zurückgegeben worden war, ließen sie den Nationalpark Uluru-Kata Tjuta von | |
einem Aufsichtsrat verwalten, der von der Tourismusindustrie dominiert war. | |
Erst 2017 [1][kamen die Anangu mit ihrem Wunsch nach dem Verbot] des | |
Aufstiegs durch. Sie hätten sich „über Jahre gefühlt, wie wenn uns eine | |
Pistole an den Kopf gehalten würde, damit wir den Aufstieg weiter | |
erlauben“, meinte damals der Stammesälteste Sammy Wilson. | |
Reiseveranstalter und Tourismusbehörden hatten über Jahre behauptet, | |
Zentralaustralien würde an Attraktivität verlieren, wenn der Klettergang | |
nicht mehr möglich ist. Umfragen zeigen, dass heute nur noch eine | |
Minderheit der Besucher klettern wollen. Die meisten Touristen wandern um | |
den Uluru, ein einfacher Spaziergang von zehn Kilometern Länge. | |
Jene, die unbedingt klettern wollen, müssen sich in Internetforen vorwerfen | |
lassen, „Ignoranten“ zu sein, ja Rassisten. Auf einige der Befragten trifft | |
diese Kritik wohl zu – ganz besonders auf Australier. Sie bestehen auf ihr | |
„Geburtsrecht“, den Uluru besteigen zu können. In Radioprogrammen äußern | |
sich Kletterer regelmäßig abschätzig über die Indigenen. „Der Berg gehört | |
genauso mir wie denen“, so ein junger Mann. „Ich bin in Australien geboren, | |
also bin ich auch Eingeborener.“ Paul Newcombe dagegen hatte erst klettern | |
wollen, entschied sich dann aber dagegen – aus Respekt vor den Wünschen der | |
indigenen Besitzer. Er erzählte dies, während er darauf wartete, dass seine | |
Frau und seine beiden Töchter vom Klettern zurückkamen. Er habe in seiner | |
Jugend mit Aborigines Fußball gespielt. Er verglich den Aufstieg mit dem | |
„Klettern auf eine Kirche“. | |
Die Kritikerin Laura McBride hatte auf Twitter harte Worte für die Horden | |
von Endspurt-Kletterern: „Eine Masse von moralisch und ethisch bankrotten | |
Leuten. Jemand nahm sogar ein Kleinkind mit hoch, um bereits der nächsten | |
Generation zu lehren, was Ignoranz ist“. | |
24 Oct 2019 | |
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[1] /Touristenziel-Ayers-Rock-in-Australien/!5459678 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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