# taz.de -- Australien: Aborigines drohen mit Fels-Blockade | |
> Ureinwohner wollen Touristen die Besteigung des berühmten Ayers Rock | |
> verwehren - Protest gegen den von Premier Howard angeordneten | |
> Soldateneinsatz. | |
Bild: Trekkingsandalenspuren - bald vom Winde verweht? Der Uluru (Ayers Rock) | |
CANBERRA taz Als Antwort auf die drastischen Maßnahmen, mit denen der | |
australische Premier John Howard gegen Kindesmissbrauch in | |
Aborigines-Gemeinden vorgehen will, haben Vertreter der Ureinwohner jetzt | |
angedroht, den "Ayers Rock" für Touristen zu sperren. Der Uluru, wie der | |
Berg in der Sprache der Ureinwohner heisst, ist seit zehntausenden Jahren | |
ein Heiligtum für den Stamm der Anangu-Aborigines und nach dem Opernhaus | |
von Sydney die bekannteste Touristenattraktion Australiens. "Ziviler | |
Ungehorsam" sei eine Methode, um sich gegen die von Canberra eingeleitete | |
"militärische Aktion" zu wehren, sagte gestern Vince Forrester, Sprecher | |
der zentralaustralischen Aborigines-Gemeinde Mutijulu. Daher prüfe man, | |
Touristen den Aufstieg auf den Monolithen zu verbieten. | |
Die im Schatten des Uluru liegende Aboriginalsiedlung Mutijulu ist eine der | |
ersten Gemeinden, in die Howard Polizei und Soldaten schicken will, um | |
"Recht und Ordnung" wieder herzustellen. Er reagiert damit auf eine | |
Untersuchung, nach der in 60 Siedlungen im Landesteil Northern Territory | |
Kindsmissbrauch endemisch ist. Alkoholismus, Drogen und Pornografie führten | |
zur Verwahrlosung und sexuellen Ausnutzung von Kindern jeden Alters, so die | |
Autoren der Studie. Vergangene Woche hatte Howard Massnahmen angekündigt, | |
die einem Ausnahmezustand nahe kommen (taz berichtete). Unterstützt durch | |
Polizei und Armee will Canberra die Verwaltung der Aborigines-Gemeinden | |
übernehmen. Ihre über Jahrzehnte erkämpften Landrechte werden vorerst | |
ausser Kraft gesetzt. Alkohol und Pornografie werden verboten. Alle Kinder | |
müssen sich medizinisch untersuchen lassen. Sozialhilfegelder für Eltern, | |
die ihre Kinder nicht zur Schule schicken, werden zurück behalten. Am | |
Montag hatte Howard die Situation in den Aborigines-Gemeinden mit "der | |
Gesetzeslosigkeit und dem menschlichen Elend in New Orleans nach dem | |
Wirbelsturm Katrina" verglichen. | |
Die drastischen Maßnahmen werden von der Mehrheit der Australier | |
befürwortet. Bei den Betroffenen lösen sie Angst und Panik aus. Sie | |
fürchten, die Regierung könnte ihnen die Kinder wegnehmen. Sie überlegten | |
bereits, hinter die Sandhügel zu fliehen und sich zu verstecken, so | |
Aborigines-Sprecher Forrester. Er wirft Howard vor, eine "Militäroperation | |
gegen die ärmsten Bewohner Australiens" zu führen. Immer mehr Experten | |
warnen, die Massnahmen seien ohne Unterstützung der Betroffenen zum | |
Scheitern verurteilt. Ausserdem würden sie grundsätzliche Menschenrechte | |
verletzen. Ärzte fordern, erst über die kulturellen Tabus informiert zu | |
werden, bevor sie Kinder auf Symptome sexueller Gewalt untersuchen. | |
Eine Gruppe von Aboriginal-Organisationen warf Howard vor, er "nutze den | |
sexuellen Missbrauch von Kindern als Trojanisches Pferd, um uns alle Rechte | |
zu nehmen". Im Boden vieler Aborigines-Gemeinden gibt es substanzielle | |
Rohstoffvorkommen, deren Ausbeutung durch Bergbaufirmen die Ureinwohner | |
gelegentlich erschweren. Andere Kritiker glauben, Howards wolle im Vorfeld | |
der im Herbst stattfindenden Wahlen die Gunst des Volkes erheischen. "Elf | |
Jahre lang hat er sich nicht um das Elend der Aborigines gekümmert. Und | |
jetzt fällt es ihm plötzlich ein", so ein Kommentator. Umfragen zufolge hat | |
Oppositionsführer Kevin Rudd grosse Chancen, die Macht zu übernehmen. | |
26 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
## TAGS | |
Australien | |
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