# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Bolivien: „Schwer erklärbare“ Trendwe… | |
> Nach Stunden der Funkstille gibt Boliviens Wahlbehörde den Sieg von | |
> Präsident Evo Morales im ersten Wahlgang bekannt. Vielerorts wird | |
> protestiert. | |
Bild: Vor der Wahlbehörde in La Paz: Protest gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug | |
LA PAZ ap/afp | In Bolivien spitzt sich die Lage nach der | |
Präsidentschaftswahl drastisch zu: Nachdem Amtsinhaber Evo Morales doch im | |
ersten Wahlgang gewinnen könnte, sprach Oppositionskandidat Carlos Mesa von | |
„Betrug“. Er kündigte am Montag an, das Ergebnis nicht anerkennen zu | |
wollen. Internationale Wahlbeobachter äußerten sich zutiefst skeptisch über | |
die Stimmauszählung. In mehreren Städten kam es zu schweren Unruhen. | |
Am Sonntagabend hatte die Wahlbehörde plötzlich aufgehört, die vorläufigen | |
Auszählungsergebnisse mitzuteilen, jedoch den Grund dafür nicht erklärt. | |
Das hatte für Unruhe und Proteste gesorgt, Kritiker Morales' suggerierten, | |
Beamte würden ihm helfen, eine risikoreiche Stichwahl zu vermeiden. In | |
mehreren Teilen des Landes protestierten Menschen. In der Hauptstadt Sucre | |
wurde am Büro des Wahlgremiums ein Feuer gelegt. In Tarija verbrannte eine | |
Menschenmenge Stimmzettel. In mehreren Städten, darunter auch dem | |
Regierungssitz La Paz, kam es zu Kämpfen zwischen Unterstützern von Morales | |
und seinen Gegnern. | |
Nach der Veröffentlichung von Teilergebnissen am [1][Sonntagabend] hatte | |
alles auf eine Stichwahl zwischen dem sozialistischen Amtsinhaber Morales | |
und seinem Rivalen Mesa hingedeutet. Die Behörde haaten zu diesem Zeitpunkt | |
noch von 45,3 Prozent für Morales und 38,2 Prozent für Mesa gesprochen. | |
Laut neuen Teilergebnissen vom Montag könnte der seit 2006 regierende | |
Morales sich aber im ersten Wahlgang durchgesetzt haben. Die Wahlbehörden | |
sahen den Präsidenten nach Auszählung von mehr als 95 Prozent der Stimmen | |
bei 46,87 Prozent und Mesa bei 36,73 Prozent. Morales hätte damit bereits | |
im ersten Wahlgang gewonnen und müsste nicht in die Stichwahl. | |
## Mesa: „Sie können uns die Demokratie nicht wegnehmen“ | |
Denn für einen Sieg in der ersten Runde benötigt ein Kandidat nach | |
bolivianischem Wahlrecht entweder mehr als 50 Prozent der Stimmen oder mehr | |
als 40 Prozent und mindestens zehn Punkte Abstand zum Zweitplatzierten. | |
Letzterer Fall schien am Montag nach den jüngsten Ergebnissen in die Nähe | |
zu rücken. Morales' Vorsprung liegt laut den neuesten Ergebnissen äußerst | |
knapp über der Zehn-Punkte-Marke. Andernfalls käme es im Dezember zu einer | |
Stichwahl. | |
Morales selbst bezeichnete sich nach der Wahl als absoluten Sieger. Mesa | |
sprach von einer möglichen „Wahlmanipulation, um eine zweite Runde zu | |
verhindern“, welche Morales' Vorsprung gefährden könnte. Er rief Bürger und | |
gesellschaftliche Gruppen dazu auf, „einen Kampf zur Verteidigung der Wahl | |
zu führen“. “„Wir werden diese Ergebnisse nicht anerkennen. Sie können … | |
(die) Demokratie nicht wegnehmen“, sagte Mesa bei einer Zusammenkunft mit | |
Unterstützern in Santa Cruz, einer Hochburg der Opposition. | |
Die Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) | |
[2][äußerten sich] „zutiefst besorgt und erstaunt“ über die drastische | |
Trendwende bei den Teilergebnissen zwischen Sonntag und Montag. Diese sei | |
nur „schwer zu erklären“. | |
Bislang hatte Morales, der erste indigene Staatschef des südamerikanischen | |
Landes, alle Präsidentschaftswahlen im ersten Wahlgang gewonnen. Seine | |
Kandidatur für eine vierte Amtszeit ist umstritten. Boliviens Verfassung | |
verbietet eigentlich eine vierte Amtszeit. Das oberste Wahlgericht hatte | |
jedoch im vergangenen Dezember eine erneute Kandidatur des Amtsinhabers | |
[3][genehmigt]. | |
## „Erhöhtes Risiko für soziale Unruhen“ | |
Innenminister Carlos Romero beschuldigte die Opposition des Versuchs, | |
Unruhe zu stiften. „Sie müssen sich um die Gewalt kümmern, die sie | |
generieren“, sagte er mit Blick auf die Opposition. | |
„Es gibt ein erhöhtes Risiko für soziale Unruhen im Moment“, sagte Rodrigo | |
Riaza, Analyst für Lateinamerika und die Karibik am in London ansässigen | |
Forschungsunternehmen Economist Intelligence Unit. „Wenn Morales die erste | |
Runde mit absoluter Mehrheit gewinnt, wird die Opposition die | |
Betrugsvorwürfe erneuern, die sie während des Wahlkampfs bereits aufgebaut | |
haben. Proteste würden folgen, wobei es unwahrscheinlich ist, dass diese | |
Morales stürzen“, sagte Riaza. | |
22 Oct 2019 | |
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[1] /Praesidentschaftswahl-in-Bolivien/!5634743 | |
[2] https://www.oas.org/es/centro_noticias/comunicado_prensa.asp?sCodigo=C-085%… | |
[3] /Eklat-in-Bolivien/!5466626 | |
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