| # taz.de -- Fußball-Derby in Berlin: Die Anderen und die Modernen | |
| > Union Berlin ist Hertha BSC näher gekommen. Und doch sind die Klubs vor | |
| > ihrem ersten Bundesligaduell weiter voneinander entfernt als je zuvor. | |
| Bild: Gemeinsame Zweitkligazeiten: Unions Christopher Quiring freut sich, Herth… | |
| BERLIN taz | Ein bisschen Rivalität zwischen den Anhängern der beiden | |
| Berliner Erstligaklubs ist immer in der Hauptstadt. Wenn ein Fan mit einem | |
| dicken Edding auf die Fliesen eines U-Bahnhofs mitten in der Stadt „HBSC“ | |
| kritzelt, dauert es nicht lange, bis ein Unioner kommt und es wieder | |
| durchstreicht. Und als Hertha-Fans bis kurz vor Köpenick, der Heimat von | |
| Union, Stromkästen in den Hertha-Farben Blau und Weiß angesprüht haben, als | |
| würden sie versuchen den Osten mit der Spraydose zu erobern, sind Unioner | |
| umgehend zur Farbkorrektur geschritten. Die Herthaner, die am Samstagabend | |
| zum Stadtduell in den Südosten Berlins reisen, werden jedenfalls an vielen | |
| rot-weißen Stromkästen vorbeikommen. | |
| 2.400 Hertha-Fans werden sich auf den Weg machen. Mehr Plätze für | |
| Auswärtsfans gibt es im 22.000 Zuschauer fassenden Stadion an der Alten | |
| Försterei nicht. Und so wurden die Tickets unter den Mitgliedern und | |
| Dauerkartenbesitzern verlost. Das kennen die Hertha-Fans sonst nicht. Im | |
| Olympiastadion gibt es für gewöhnlich viel mehr Plätze als Interessenten | |
| dafür. | |
| Union-Fans dagegen kennen das Spiel mit dem Lostopf. Nachdem 11.500 | |
| Dauerkarten vergeben wurden und weil 2.000 Plätze für Sponsoren und andere | |
| Gäste mit Sonderstatus reserviert sind, werden für jedes Heimspiel etwa | |
| 6.000 Karten verlost. An der Verlosung können nur Mitglieder teilnehmen. | |
| Deren gibt es mittlerweile über 32.000. Dass so viele Menschen bereit sind, | |
| 10 Euro im Monat zu zahlen, um das Recht zu haben, an einer | |
| Eintrittskartenverlosung teilzunehmen, zeigt vor allem eins: Union ist in. | |
| Bei denen vor allem, die fremdeln mit dem, was gemeinhin als moderner | |
| Fußball bezeichnet wird. In wohl keinem anderen Klub der ersten Liga ist | |
| die Fanszene so eng mit der Vereinsführung verzahnt wie bei [1][Union]. | |
| Wenn in der Liga Sicherheitsregeln diskutiert werden, sind aus Köpenick | |
| immer andere Töne zu vernehmen als anderswo. So setzt sich der Klub für die | |
| Legalisierung von Pyrotechnik ein. | |
| ## Institutionalisierte Nähe zu den Fans | |
| Auch in den Gremien zeigt sich die Fannähe. Präsident Dirk Zingler erzählt | |
| immer wieder gerne, wie er es aus der Kurve an die Spitze des Klubs | |
| geschafft hat. Dort ist er nicht der Einzige mit Kurvenerfahrung. Auch Dirk | |
| Thieme war erst nur Fan, dann Fanvertreter und sitzt jetzt im Präsidium. | |
| Dass er gleichzeitig Chef der Stadion AG ist, würden sie in Köpenick gerne | |
| als kitschige Familiengeschichte erzählen und sich vielleicht nicht daran | |
| stören, dass er von Aufträgen profitiert, die ihm das Vereinspräsidium | |
| gibt, dem er selbst angehört. | |
| Das Anderssein ist Religion bei Union. Und auch wenn mit Aroundtown | |
| mittlerweile ausgerechnet ein Immobilienkonzern Trikotsponsor ist, der vom | |
| Boom der Steine in Berlin massiv profitiert, hat in den Augen der Fans das | |
| antikapitalistische Antlitz des Klubs nur einen kleinen Kratzer | |
| abbekommen. | |
| Ganz nah gekommen ist man der inzwischen auch gut vermarkteten | |
| Andersartigkeit der Konkurrenz aus Charlottenburg. Beide stehen im | |
| Achtelfinale des DFB-Pokals, in der Liga hat Hertha gerade einmal vier | |
| Zähler mehr als Union eingefahren, und was die Mitgliedszahlen angeht, ist | |
| Union auch nicht mehr weit weg von den 36.900 Mitgliedern, die die | |
| Blau-Weißen auf ihrer Website ausweisen. Und doch bezeichnet der | |
| Geschäftsführer von Hertha, Oliver Ruhnert, vor dem Stadtduell Herthas | |
| Anspruch, die Nummer eins in Berlin zu sein, als legitim. | |
| ## Hertha auf dem Weg zum Big City Club | |
| Das Schielen nach ganz oben hat eine lange Tradition tief im Westen der | |
| Stadt. „Die Zukunft gehört Berlin“ ist das aktuelle Motto des Klubs. Berlin | |
| steht dabei für Hertha. Dass die Berliner so breitbrüstig auftreten, hat | |
| mit dem ganz großen Deal zu tun, der vor der Saison verkündet worden ist. | |
| Mit dem [2][Einstieg der Tennor AG] als „strategischer Partner“, wie es so | |
| schön heißt, hat sich Hertha hochoffiziell auf die Seite des modernen | |
| Fußballs geschlagen. | |
| Nachdem die vom einst als windig verschrienen Lars Windhorst geführte | |
| Finanzholding 125 Millionen Euro für 37,5 Prozent der Anteile an der Hertha | |
| BSC GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien gezahlt hat, hat Hertha | |
| jede Menge Bodenhaftung verloren. | |
| Damit Hertha ein „Big City Club“ wird, wie Windhorst gesagt hat, will er | |
| demnächst weitere Anteile für 100 Millionen Euro übernehmen. Hertha soll | |
| regelmäßig in der Champions League spielen. | |
| Wer so einen Gegner in der Stadt hat, der wird sich nicht schwertun, sein | |
| Underdog-Image weiter zu pflegen. In dieser Hinsicht ist Hertha für Union | |
| ein dankbarer Gegner. | |
| 1 Nov 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Bundesligaaufstieg-von-Union-Berlin/!5595526 | |
| [2] /Hertha-BSC-Investor-Lars-Windhorst/!5607018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
| ## TAGS | |
| Fußball | |
| Fußball-Bundesliga | |
| Union Berlin | |
| Hertha BSC Berlin | |
| Fußball-Bundesliga | |
| Jürgen Klinsmann | |
| Hertha BSC Berlin | |
| Fußball | |
| Fußball | |
| Fußball | |
| Fußball | |
| Fußball-Bundesliga | |
| Relegation | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Hertha hat einen neuen Trikotsponsor: Wieder kein Imagegewinn | |
| Auf DB folgte bet-at-win, dann kam Tedi, jetzt kommt Homeday. Für den Rest | |
| der Saison hat Hertha einen Sponsor. Aber eben nicht Tesla oder amazon. | |
| Premiere von Trainer Jürgen Klinsmann: Berliner Crashkurs | |
| Die Niederlage gegen Dortmund findet Jürgen Klinsmann, der neue | |
| Hertha-Coach, ein „bisschen nervig“. Der Eifer seiner Elf gefällt ihm. | |
| Hertha mit Coach Klinsmann: Unglaubliche Kraft | |
| Das Tamtam um den neuen Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann verdeckt etwas | |
| Wichtiges: Investor Windhorst hebelt gerade die 50+1-Regel aus. | |
| Trainerwechsel in der Bundesliga: Spot an! | |
| Jürgen Klinsmann wird Trainer bei Hertha BSC. Er soll den mit Millionen | |
| frisch gepäppelten Klub vor dem Absturz bewahren. | |
| Überraschung in der Bundesliga: Steinzeit ist Spitze! | |
| Die schlichten Mittel von Union Berlin reichen aus, um das vielfach gelobte | |
| Spiel des Tabellenführers Borussia Mönchengladbach zu entzaubern. | |
| Fan-Krawalle beim Berliner Stadtderby: Ein Derby vom Reißbrett | |
| Das Bundesligaspiel Hertha BSC gegen Union Berlin erfüllte alle Klischees | |
| eines Derbys. Das war insbesondere medial unbedingt gewollt. | |
| Fußballkultur und Mauerfall in Berlin: „Alle lagen sich in den Armen“ | |
| Die Reihe „Fußball ohne Mauer“ verbindet Sport und Mauerfall. Es geht um | |
| Fußball-Biografien in Berlin und Freundschaften über die Mauer hinweg. | |
| Hertha-BSC-Investor Lars Windhorst: Alte Dame will blühende Landschaft | |
| Millionen-Segen oder Verzweiflungstat? Seit dem Einstieg von Investor | |
| Windhorst bei Hertha rätseln Fans, welche Folgen der Deal für den Verein | |
| hat. | |
| Bundesligaaufstieg von Union Berlin: Ostklub im Oberhaus | |
| Union Berlin erwehrt sich der Angriffe des VfB Stuttgart im | |
| Relegations-Rückspiel und steigt in die erste Liga auf. Köpenick versinkt | |
| im Wahnsinn. |