# taz.de -- Premiere von Trainer Jürgen Klinsmann: Berliner Crashkurs | |
> Die Niederlage gegen Dortmund findet Jürgen Klinsmann, der neue | |
> Hertha-Coach, ein „bisschen nervig“. Der Eifer seiner Elf gefällt ihm. | |
Bild: Energieeinflößer: Jürgen Klinsmann dirigiert sein Team | |
Im direkten Duell mit Lucien Favre um die glücklichere Ausstrahlung hat | |
dann Jürgen Klinsmann noch haushoch gewonnen. Ein leichte Aufgabe | |
natürlich, spielt der Wahlkalifornier in dieser Disziplin eh in einer | |
eigenen Liga. Sein Dortmunder Kollege war im Presseraum des Berliner | |
Olympiastadions nicht konkurrenzfähig, obwohl er gerade mit dem 2:1-Erfolg | |
seinen Rauswurf verhindert hatte. | |
Selbst als Favre mit seinen nicht mehr zu glättenden Sorgenfalten auf der | |
Stirn vortrug, wie schwer es ist, „egal ob gegen X oder gegen Hertha“ so | |
lange Zeit in Unterzahl eine Führung erfolgreich zu verteidigen, lächelte | |
der neue Hertha-Coach zwei Sitze weiter vor sich hin wie ein stiller | |
Genießer. Der Spielausgang, räumte er in seinem Statement zwar ein, „nervt | |
ein bisschen“, aber generell sei er sehr zufrieden mit der Mannschaft. | |
Diese gespielte Lässigkeit ist ihm nach nur drei geleiteten | |
Trainingseinheiten gewiss auch in Berlin vergönnt. Zumal nach der | |
Klinsmann-Premiere am Samstag unter dem Strich auch einiges positiv | |
verbucht werden konnte. Klinsmann sagte, ihm habe gefallen, „wie kompakt | |
wir verbunden waren, die Laufwege, die Zweikampfbissigkeit“. Verglichen mit | |
dem müden Auftritt vor einer Woche in Augsburg wirkte Hertha über weite | |
Strecken des Spiels sehr agil. 14 Kilometer mehr war das Team über die 90 | |
Minuten gelaufen. | |
Der Klinsmann-Effekt drückte sich vor allem in der physischen Präsenz | |
während des Spiels und in der fast zügellosen Zuversicht danach aus. | |
Stürmer Davie Selke sagte: „Er hat uns wieder Energie eingeflößt, die Köp… | |
ein bisschen freigemacht, dementsprechend war die Performance heute.“ Man | |
könne den Umständen entsprechend entspannt sein und werde die Punkte schon | |
holen. | |
## Kampfspiel nach Hummels Abgang | |
Allerdings kamen die genannten Stärken von Hertha erst richtig zur | |
Entfaltung, nachdem Dortmunds Verteidiger Mats Hummels mit einer Gelb-Roten | |
Karte in der 45. Minute vom Platz gestellt wurde. Schnell hatte sich die | |
zuletzt so schwerfälligen Dortmunder mit „Traumkombinationen“, so Favre, | |
durch die Tore von Sancho und Hazard mächtig Selbstvertrauen zugelegt und | |
waren einem dritten Treffer nahe. Mit dem etwas glücklichen, wenn auch | |
kunstvoll vollendeten Anschlusstreffer von Darida begann das | |
Kräfteverhältnis zu kippen, mit dem Abgang von Hummels wurde die Partie zum | |
Kampfspiel. | |
Torgelegenheiten konnten sich die rackernden Berliner jedoch trotz Überzahl | |
kaum erspielen. Dortmunds Manager Michael Zorc sagte mit Verweis auf das | |
Eckenverhältnis (2:2): „Wir haben sie gut von unserem Tor weggehalten.“ | |
Trainer Favre resümierte: „Wir haben intelligent gekämpft und intelligent | |
verteidigt.“ [1][Der Schweizer] versteht es, selbst Kampfspiele zu einer | |
intellektuellen Angelegenheit werden zu lassen. | |
Etwas schlichter erscheinen dagegen die Einschätzungen seines Kollegen | |
Klinsmann: „Wenn wir mehr arbeiten als die anderen, das ist die Devise, | |
kommen wir auch nach oben.“ Wobei dieses propagierte protestantische | |
Arbeitsethos freilich auch mit durchdachter Arbeit verbunden sein kann. | |
Offenkundig ist, dass auf die Hertha-Profis seit Mittwoch viel eingestürmt | |
ist. Hertha-Verteidiger Niklas Stark brummte noch am Samstagnachmittag der | |
Kopf: „Das waren natürlich viel neue Impulse, das komplette Trainerteam | |
wurde ausgetauscht. Das ist schon etwas, das man verarbeiten muss.“ | |
Zu den neuen Regeln für die Profis gehört auch, das Gespräch mit den | |
Printmedien nach dem Abpfiff zu meiden und sich zuerst in der Kabine zu | |
sammeln. Ausgewählte Spieler präsentieren sich danach, möglicherweise dann | |
mit gemeinsamen Sprachregelungen präpariert. Eine gewisse Kontrolle war | |
Klinsmann schon immer wichtig. | |
Nun ist das Team nach der ersten Crashkurs-Lektion Abstiegskampf auf den | |
drittletzten Platz abgerutscht. Kein Drama, aber ein Dämpfer. Seine ersten | |
Momente von der Trainerbank aus [2][filmte Klinsmann] mit seiner | |
Handykamera. „Eine spontane Aktion“, wie er versicherte, nachdem bereits | |
gemunkelt wurde, er wollte den Sponsor auf der Handyhülle präsentieren. Man | |
wird sehen, ob auch das Ende der Ära Klinsmann bei Hertha filmreif sein | |
wird. | |
1 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Das-Image-Lucien-Favres/!5631948 | |
[2] https://www.sportbuzzer.de/artikel/jurgen-klinsmann-handy-hertha-bvb-selfie… | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
## TAGS | |
Jürgen Klinsmann | |
Fußball | |
Fußball-Bundesliga | |
Borussia Dortmund | |
Hertha BSC Berlin | |
Jürgen Klinsmann | |
Jürgen Klinsmann | |
Hertha BSC Berlin | |
Fußball | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Fußballklub in Investorenhand: Deckungsgleich irre | |
Elf Wochen lang hat Jürgen Klinsmann Hertha BSC aufgemischt. Jetzt ist er | |
weg. Große Töne werden in Berlin immer noch gespuckt. | |
Klinsmann kapituliert: Flucht des Messias | |
Jürgen Klinsmann gibt überraschend sein Traineramt bei Hertha BSC auf und | |
deutet interne Unstimmigkeiten an. Dem Klub drohen Grabenkämpfe. | |
Hertha mit Coach Klinsmann: Unglaubliche Kraft | |
Das Tamtam um den neuen Hertha-Trainer Jürgen Klinsmann verdeckt etwas | |
Wichtiges: Investor Windhorst hebelt gerade die 50+1-Regel aus. | |
Trainerwechsel in der Bundesliga: Spot an! | |
Jürgen Klinsmann wird Trainer bei Hertha BSC. Er soll den mit Millionen | |
frisch gepäppelten Klub vor dem Absturz bewahren. | |
Fußball-Derby in Berlin: Die Anderen und die Modernen | |
Union Berlin ist Hertha BSC näher gekommen. Und doch sind die Klubs vor | |
ihrem ersten Bundesligaduell weiter voneinander entfernt als je zuvor. |