# taz.de -- Fan-Krawalle beim Berliner Stadtderby: Ein Derby vom Reißbrett | |
> Das Bundesligaspiel Hertha BSC gegen Union Berlin erfüllte alle Klischees | |
> eines Derbys. Das war insbesondere medial unbedingt gewollt. | |
Bild: Das war knapp: Pyrotechnik in der alten Försterei beim Spiel Union gegen… | |
BERLIN taz | Gemeinhin wird ja in ein Derby – genauer gesagt: in die | |
Kloppereien und Zündeleien rund um ein Derby – viel hinein interpretiert. | |
Da seien die Fans so aus dem Häuschen, weil es eine historische Feindschaft | |
sei, lokale Konkurrenz, wo man seit Äonen rivalisiert. Da spielt Arm gegen | |
Reich, Rechts gegen Links, Katholik gegen Protestant, und in Deutschland | |
meist einfach bloß Nachbar A gegen Nachbar B. Das erste Bundesliga-Derby | |
Hertha gegen Union am Samstag, das die Roten eher unansehnlich mit 1:0 | |
gewannen, war auch deswegen so erhellend, weil es enthüllte, wie viel | |
Blödsinn eigentlich in diesem Gerede steckt. | |
Tradition und Kultur werden meist erst nachher drüber gestülpt. [1][Bei | |
diesem Derby gab es sie überhaupt so was von spärlich], dass sogar die | |
JournalistInnen sich vorab einige Mühe geben mussten, Dinge wie das | |
Wiedervereinigungsspiel 1990 aus der Mottenkiste zu holen. Aber Derby | |
funktioniert natürlich trotzdem. | |
Denn Fans beider Lager erfanden schlichtweg die Feindschaft. Sie machten so | |
ziemlich das, was Deutsche an Halloween tun: Sie importierten halt. | |
Vermummte Anhänger von Union Berlin versuchten sich an einem Platzsturm, | |
Herthaner schossen Raketen auf den Rasen und in Richtung Spielerbank, | |
beiderseits wurden gegnerische Schals verbrannt und die obligatorische | |
Spielunterbrechung wegen Pyrotechnik gab es auch. | |
Kurz: Es war eine große Inszenierung, ein Derby vom Reißbrett. Die Roten | |
und die Blauen taten brav, was die Popkultur ihnen zum Derby aufträgt. Sie | |
sind jetzt glücklich, dass sie auch in der Liga jemanden hassen dürfen, und | |
dass Hertha sich nicht mehr an Schalke abarbeiten muss, denen der Berliner | |
Hass voll egal ist. | |
Ein Derby braucht kein ausschlaggebendes Ereignis, wenn alle bloß richtig | |
wollen. Es ist ein auch medial inszeniertes Event. Und dann, spätestens in | |
drei Jahren, wird es als große Traditionsfeindschaft mit viel Kulturkontext | |
drumherum überhöht. Es ist gesund, sich dieser Lachhaftigkeit bewusst zu | |
sein. [2][Schiedsrichter Deniz Aytekin sagte in Bezug auf die Gewalt]: „Das | |
hat mit Fußball nichts zu tun.“ Unrecht hat er: Sie ist natürlich von | |
vielen Seiten gewollt. | |
3 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Derby-Union-Berlin-vs-Hertha-BSC/!5635285 | |
[2] /Gewalt-gegen-Schiedsrichter/!5637872 | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
## TAGS | |
Fußball | |
Fußball-Bundesliga | |
Union Berlin | |
Hertha BSC Berlin | |
Schiedsrichter | |
Berlin | |
Fußball | |
Florian Kohfeldt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gewalt auf dem Fußballplatz: Sie wurden zu Witzfiguren gemacht | |
Gewalt und Anfeindungen gegen Schiedsrichter nehmen zu. Deren | |
Autoritätsverlust ist allerdings hausgemacht. Dank Videobeweis und | |
pöbelnder Trainer. | |
Derby: Union Berlin vs. Hertha BSC: Alles nur ein Spiel | |
Das Duell Union gegen Hertha am Samstag soll viel sein: Ost gegen West, | |
Klein gegen Groß, Kultur gegen Kommerz. Es ist etwas ganz anderes. | |
Fußball-Derby in Berlin: Die Anderen und die Modernen | |
Union Berlin ist Hertha BSC näher gekommen. Und doch sind die Klubs vor | |
ihrem ersten Bundesligaduell weiter voneinander entfernt als je zuvor. | |
Werder nach dem Remis gegen Berlin: Des Trainers Dialektik | |
Werder Bremen vergibt beim 1:1 gegen Hertha BSC viele Chancen. | |
Werder-Trainer Florian Kohfeldt blickt trotzdem optimistisch auf das große | |
Ganze. |