| # taz.de -- Digitalisierung in der Landwirtschaft: Vernetzte Kühe | |
| > Ein Bundesprogramm will die Digitalisierung auf dem Land voranbringen. | |
| > Gefördert werden auch Projekte in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. | |
| Bild: Der Sensor am Schwanz löst bei einer trächtigen Kuh vor der Geburt eine… | |
| Neumünster taz | Gesundheitsdaten aus dem Stall direkt auf das Smartphone, | |
| Düngung für die Felder auf den Meter genau, Wetter-Apps, um Erntetermine | |
| optimal zu bestimmen – BäuerInnen können bereits auf Dutzende technischer | |
| Hilfsmittel zurückgreifen. Ein Bundesprogramm will die Digitalisierung auf | |
| dem Land weiter voranbringen. Gefördert werden auch Projekte in | |
| Niedersachsen und Schleswig-Holstein. | |
| Vorn in die Kuh kommt Futter rein, unten Milch raus – und hinten Gülle: | |
| „Wir kennen die Kreisläufe der Landwirtschaft eigentlich genau“, sagt Jan | |
| Henrik Ferdinand beim Start des Projekts „Vernetzte Agrarwirtschaft | |
| Schleswig-Holstein“. Es ist eins der „digitalen Experimentierfelder“, die | |
| das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert. „Aber wenn wir digitale | |
| Zwillinge für alle Abläufe schaffen, können wir die Prozesse optimieren.“ | |
| Ferdinand ist Sprecher des Projekts und schreibt eine Doktorarbeit über den | |
| Einsatz digitaler Techniken zwischen Trecker und Misthaufen. Er verspricht | |
| sich viel von der Digitalisierung, genau wie Schleswig-Holsteins | |
| Digitalisierungs- und Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne), | |
| für den sich mit dem Projekt zwei seiner Lieblingsthemen verbinden: „Wir | |
| stecken mitten in einer Umwälzung der Gesellschaft, ähnlich wie in der | |
| Industrialisierung, und die Landwirtschaft ist an vorderster Front dabei.“ | |
| Zahlreiche Anbieter tummeln sich auf dem Markt und bieten bäuerlichen | |
| Betrieben ihre Geräte an. So gibt es Sensoren, die Herzschlag und | |
| Fresszeiten messen und daraus ablesen, ob es einem Tier gut geht. Ein | |
| Kieler Start-up hat eine Datenbrille entwickelt, mit deren Hilfe sich | |
| Abläufe auf Höfen simulieren lassen. So kann die nächste | |
| Landwirte-Generation im Klassenzimmer betrachten, wie ein Feld im Lauf | |
| eines Jahres wächst. | |
| Doch nicht alles, was technisch machbar sei, sei auch sinnvoll, sagt | |
| Eberhart Hartung, Professor und Leiter des Instituts für | |
| landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Kieler | |
| Christian-Albrechts-Universität, die gemeinsam mit der Fachhochschule Kiel | |
| das Projekt wissenschaftlich begleitet. „Jeder muss sich entscheiden: Wo | |
| will ich hin, was brauche ich dafür?“, sagt Hartung. Dabei komme es auch | |
| darauf an, zueinander passende Geräte und technische Lösungen zu finden. | |
| Datensammlung allein bringe wenig, wenn Messwerte nicht dorthin übertragen | |
| werden könnten, wo sie gebraucht würden. | |
| Hartung sieht einen Vorteil darin, dass jeder Hof von der Digitalisierung | |
| profitieren könne – ob klein, groß, bio oder konventionell, ob Tierhaltung | |
| oder Pflanzenproduktion. So könnten Betriebe eine Website aufbauen, um ihre | |
| Waren online zu vertreiben, sie könnten sich vernetzen, um Erfahrungen | |
| auszutauschen, könnten neue Geschäftsfelder oder neue Wirtschaftsweisen | |
| probieren. „Wenn ein Hof nicht in der Größe wachsen kann, kann er | |
| vielleicht ein Standbein im Tourismus aufbauen“, schlägt Hartung vor. | |
| „Digitalisierung kann helfen, alte Arbeitsweisen zu überprüfen und zu | |
| hinterfragen.“ | |
| Ein wichtiges Ziel der Digitalisierung ist, Ressourcen wie Dünger oder | |
| Futter optimal einzusetzen. Dazu sollen auch die „digitalen Zwillinge“ der | |
| betrieblichen Abläufe genutzt werden, die im Rahmen des Projekts entstehen | |
| sollen. | |
| Aber was gut klingt, klappt in der Wirklichkeit nicht immer, weiß Daniela | |
| Rixen, Sprecherin der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Bei einem | |
| bereits abgeschlossenen Digitalisierungsprojekt der Kammer sollte ein auf | |
| das Feld abgestimmtes Düngeverfahren dafür sorgen, dass auf jeden | |
| Quadratmeter die richtige Menge fällt. „Leider dauerte es zu lang, bis die | |
| Botschaft aus dem Rechner bei der Düse ankam“, sagt Rixen. „Da war der | |
| Daumen des Landwirts das feinere Instrument.“ | |
| 1 Nov 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Esther Geißlinger | |
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