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# taz.de -- Aus SchwuZ wird QueerZ: Ein Grund zum Feiern
> Am 2.11. startet in der Szene-Institution SchwuZ die erste Party für
> junge queere Menschen von 14 bis 21. Tan (15) feiert mit – und erklärt,
> warum.
Bild: Will seine Heterofreunde zur Party im SchwuZ mitnehmen: Tan, 15, schwul
Tan ist 15, „aber im Januar werde ich 16!“ Er hat ein paar Jahre
gestruggelt zwischen Hetero, Pan und anderen Labels, aber seit er sich
Anfang des Jahres als schwul geoutet hat, fühlt sich sein Leben für ihn
anders an. Offener, freier, selbstbestimmter.
Wie nahezu jeder queere Mensch hat auch Tan eine Form der Pubertät hinter
sich, in der sich vor allem massenweise Fragen auftun. Fragen, die einen
schon mal ganz schön aus der Bahn werfen können. Wer bin ich, wen liebe ich
– und liebe ich mich? Wer diese Fragen für sich geklärt und damit eine
leise Ahnung davon hat, welchen Spaß das Leben so alles bereithalten kann,
der darf das auch mal feiern. Nur wo?
„Ich bin ein schwuler Jugendlicher“, sagt Tan stolz, als ich mit ihm
telefoniere, und er klingt dabei deutlich selbstbewusster als ich mit 15.
Das mag daran liegen, dass Tan in Berlin sozialisiert ist und ich nicht.
Tan lebt mit seiner Mutter in Schöneberg. Er weiß, dass sein Umfeld sehr
tolerant und offen ist – sowohl seine Familie als auch seine Freund*innen.
Trotzdem sagt auch er: „Ich hatte sehr viel Angst davor, mich zu outen.
Dass ich dann als der Schwule abgestempelt bin und ich nichts weiter bin.
Dass ich Probleme kriege in der Schule.“ Da sind wir uns dann doch wieder
sehr ähnlich.
## „Um den Kopf mal freizubekommen“
„Ich denke, es fehlt vielen jungen Leuten an Möglichkeiten und Orten, sich
zu vernetzen – erst recht, wenn sie minderjährig sind.“ Ein ungewöhnlicher
Satz angesichts der Tatsache, dass im Internet doch haufenweise dubiose wie
seriöse Angebote locken und sich zudem eigentlich gleich eine Handvoll
Vereine in Berlin an queere Jugendliche richten will.
Ein solcher Ort kommt ab Samstag dazu, ganz physisch: QueerZ, der erste
queere Jugendtag, den der Club SchwuZ zusammen mit dem LSVD veranstaltet.
Auch dank Tan, der nämlich ein Praktikum beim LSVD macht und den QueerZ-Tag
maßgeblich mit geplant hat. „Das wird ein Tag einfach zum Spaß haben, um
den Kopf mal freizubekommen bei allem Identitätsstress.“
Nachmittags gibt es Workshops für Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren,
darunter ein Dragworkshop mit Berlins jüngster Dragqueen, Amy Strong,
während im Raum nebenan ein Selbstbehauptungsworkshop für Jugendliche
stattfinden wird, die kurz vor dem Coming-out stehen und blöde Sprüche
befürchten.
Und spätestens ab 20 Uhr wird jugendgerecht gedanced. Dafür hat das
SchwuZ-Team extra vorher mit dem Jugendamt die Räume gecheckt – denn es hat
einen Grund, dass im SchwuZ wie in allen anderen Clubs gilt: Einlass erst
ab 18.
## „Queer feiern, wo es sonst nur die Erwachsenen dürfen“
„Das SchwuZ hat zum Beispiel die Zigarettenautomaten abgeschaltet und auch
die alkoholischen Getränke aus der Bar geräumt“, erzählt Thomas Schwarz vom
LSVD. Logistisch ganz schön komplex, denn später am Abend, wenn wieder der
normale Partybetrieb im SchwuZ startet, will mancher Gast ja seinen
eiskalten Pfeffi.
Trotzdem will das SchwuZ sehr bewusst auch junge Menschen reinholen: „Queer
feiern, wo es sonst nur die Erwachsenen dürfen, das ist ziemlich neu in
Deutschland und längst überfällig. Der Fokus liegt auf dem
Festivalcharakter aus Workshops, Clubbing und Show“, erkärt Paul Schulz aus
dem SchwuZ-Team das Konzept.
Aufwand, den es der 15-jährige Tan für wertvoll hält: „Aus meiner Erfahrung
wollen viele nicht in die klassischen Jugendzentren und da über sexuelle
Identität sprechen. Ich hätte damals einfach gern Leute getroffen, die
schon ein bisschen weiter sind als ich in ihrer Selbstfindung. Und wenn man
mit denen dann auch noch ein bisschen tanzen kann – ist doch super.“ Und
dafür dürfen sogar Heteros mitkommen: Tan selbst wird einige seiner
Heterofreunde mitschleppen: „Manchmal will man seine besten Freund*innen
einfach dabeihaben.“
Tan will am Samstag einen Ort für junge Menschen schaffen, an dem man sich
nicht hinterfragen muss und auch nicht hinterfragt wird. Seine erste Feier
ist das zwar nicht, schließlich ist er ja fast 16, aber es ist sein erstes
Mal im SchwuZ. Umso besser, wenn man dabei noch zusätzliche Impulse für
seine Selbstfindung bekommt. Mein 15-jähriges Ich jedenfalls wäre dabei.
1 Nov 2019
## AUTOREN
Marc Feuser
## TAGS
Queer
Schwule
Schwulen- und Lesbenpolitik
Coming-Out
Homosexualität im Profisport
Dirk Behrendt
schwuz
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