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# taz.de -- Erdoğans Feldzug gegen Kritiker: Rauswurf aus der AKP
> Der deutsch-türkische Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu wird aus der
> Regierungspartei ausgeschlossen. Ob er auf sein Mandat verzichtet, ist
> noch unklar.
Bild: Für seine Kritik an Erdoğan abgestraft: Mustafa Yeneroglu
Istanbul taz Der bekannteste deutsch-türkische Abgeordnete der AKP,
[1][Mustafa Yeneroğlu], ist von Präsident Recep Tayyip Erdoğan persönlich
aus der Partei geworfen worden. Der in Deutschland geborene und
ausgebildete Jurist Mustafa Yeneroğlu war jahrelang Mitglied im
Parteivorstand der AKP und lange Jahre der bekannteste Sprecher der
türkischen Regierungspartei in Deutschland.
Der Rausschmiss ist keine Überraschung. Wie Yeneroğlu während einer
Pressekonferenz, die auch live im Internet zu verfolgen war, sagte, habe er
schon länger erhebliche Bedenken gegen die Politik, die sein
Parteivorsitzender Erdoğan verfolgt. Als intern geäußerte Kritik bei
Erdoğan persönlich aber auch im Parteivorstand zunehmend auf taube Ohren
stieß, machte Yeneroğlu seine Kritik gelegentlich auch öffentlich.
Er beklagte Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Verfolgung politischer
Gegner insbesondere nach dem Putschversuch 2016 und kritisierte auch die de
facto Abschaffung der Pressefreiheit sowie die Inhaftierung von
Journalisten. Bei seiner PK sagte er, ihn hätten die „Beschädigung der
demokratischen Institutionen und die Verletzungen der Menschenrechte“ durch
die herrschende Politik gestört.
Bei einem Chef wie Erdoğan, für den absolute Loyalität das oberste Gebot
ist, konnte das nicht lange gut gehen. Noch bevor Mustafa Yeneroğlu von
selbst gehen konnte, hat ihm der Präsident nun den Stuhl vor die Tür
gestellt. Ob er sein Mandat als Abgeordneter niederlegen wird, wie Erdoğan
fordert, „habe ich noch nicht entschieden“, sagte Yeneroğlu. „Erst einmal
werde ich meinen Parlamentssitz behalten“.
## Reiner Akklamationsverein
Der Abgang von Yeneroğlu aus der AKP reiht sich ein in die früheren
Parteiaustritte und Rauswürfe ehemals prominenter AKP Leute wie dem Ex-
Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu, dem früheren Wirtschafts- und
Finanzminister [2][Ali Babacan] und dem Ex-Präsidenten Abdullah Gül. Alle
diese Ex- Führungsfiguren beklagen, dass Erdoğan die AKP zu einem reinen
Akklamationsverein gemacht hat, der nur noch dazu da ist, für Mehrheiten im
Parlament zu sorgen und sich nebenbei selbst zu bereichern.
Nach langem Zögern haben in diesem Sommer sowohl Ex-Premier Davutoğlu als
auch Ex-Chefökonom Babacan angekündigt, sie wollten jeweils für sich eine
neue konservative Partei gründen.
Eigentlich war schon für diesen Oktober mit mindestens einer
Parteineugründung gerechnet worden, doch der Einmarsch in Nordsyrien hat
auch die innenpolitische Agenda der Türkei erst einmal auf den Kopf
gestellt. In Zeiten, in denen die Nation sich hinter ihren Präsidenten
scharrt, wäre es unklug eine neue Partei, die sich von Erdoğan distanziert,
aus der Taufe zu heben.
Doch die neuen Parteien werden kommen, davon geht auch Yeneroğlu aus.
Öffentlich sagte Yeneroğlu zwar, er wisse noch nicht, ob er sich einer
Partei von Davutoğlu oder Babacan anschließen werde. Doch Leute, die ihn
gut kennen sagen, er sei mittlerweile mit Babacan im Gespräch.
Der Rausschmiss von Yeneroglu zeigt aber auch, dass Erdoğan den Aktivitäten
seiner konservativen Kritiker nicht tatenlos zusehen will. Er ist dabei die
eigenen Reihen zu schließen, um seine Widersacher umso härter angehen zu
können. In der türkischen Opposition würde es niemanden wundern, wenn gegen
einen oder beide Parteigründer demnächst Verfahren wegen angeblicher
Unterstützung einer terroristischen Vereinigung eingeleitet würden.
31 Oct 2019
## LINKS
[1] /Annullierte-Wahl-in-Istanbul/!5594507
[2] /Davutolu-verlaesst-Regierungspartei/!5626044
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
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