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# taz.de -- Hitlergruß in der Fußball-Oberliga: Rechtsextreme Offensive
> Aktivisten der Nazipartei „Der Dritte Weg“ versuchen, in der Fanszene des
> Oberligisten Sportfreunde Siegen Fuß zu fassen. Die Ultras wehren sich.
Bild: Wenig Aufmerksamkeit: bei den Sportfreunden Siegen ist die Fanszene klein
Siegen taz | Überschaubar ist die Lage normalerweise im Siegener
Leimbachstadion, wenn der heimische Fußball-Oberligist, die Sportfreunde,
seine Spiele austrägt. Und Sicherheitsfragen spielen sowieso eher eine
untergeordnete Rolle. Doch als Mitte Oktober der kleine sauerländische Klub
RSV Meinerzhagen zu Gast ist, hat man den 15 Stadionordnern noch ein halbes
Dutzend Polizeikräfte zur Seite gestellt, um auf die 635 Zuschauer
aufzupassen. 18.500 Menschen hätten Platz in der weiten Arena.
Der Grund für die Sondermaßnahme: Anfang September kam es anlässlich eines
Heimspiels der Siegener zu einer wilden Prügelei zwischen etwa 30
sogenannten Ultra-Fans des Vereins und einer kleinen Gruppe von etwa einem
Dutzend rechtsradikalen Gästen. Diese waren im Verlauf des Spiels durch
rassistische und beleidigende Äußerungen gegenüber ausländischen Spielern
aufgefallen, auch der [1][Hitlergruß] war laut Augenzeugen zu sehen.
„Diese Leute haben wir vor- und nachher bei uns im Stadion nie gesehen“,
sagt Bernhard Görg, Finanzvorstand der Siegener Sportfreunde. „Wir waren
als Verein total perplex, dass unser Stadion von diesen Leuten als Bühne
für ihre rechtsradikalen Parolen missbraucht wurde“, so der Funktionär.
Keineswegs so perplex war Uwe Kölsch, Fan-Beauftragter des Klubs: „Noch vor
20 Jahren waren Neonazis in der Siegener Fanszene tonangebend. Das haben
wir zwar im Laufe der Jahre beenden können, aber seit rund einem halben
Jahr beobachten wir wiederaufkeimende Tendenzen hier in der Region. Wir
müssen da sehr wachsam sein.“
Die eintreffende Polizei nahm Personalien auf, leitete mehrere
Strafverfahren ein, aktuell laufen zum Vorgang noch Vernehmungen. Die
Störer seien dem Umfeld der Partei „Der Dritte Weg“ zuzuordnen, erklärt U…
Böhm vom Staatsschutz in Hagen. Dabei handelt es sich um eine rechtsextreme
Splitterpartei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Das Parteizentrum liegt eigentlich im thüringischen Erfurt, auch im
süddeutschen Bad Rappenau soll ein Schwerpunkt liegen. Doch auch im
Sauerland unterhält die Partei mittlerweile offenbar einen Stützpunkt.
Auffällig wurde eine Gruppe zuletzt nicht nur im Siegener Stadion, sondern
auch bei Veranstaltungen anlässlich des Christopher Street Days Ende Juli
in Siegen und Kreuztal. Auch damals war es zu gewalttätigen Übergriffen
gekommen.
Entstanden ist „Der Dritte Weg“ aus dem Freien Netz Süd, einer offen
gewalttätigen Nazigruppierung, die im Juli 2014 verboten wurde.
Sportvereine sind integraler Bestandteil der Strategie der Neonazis. „So
versucht man, dieses Gift des Rassismus und des Faschismus wieder in die
Gesellschaft zu infiltrieren“, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier
Ende August in der WDR-Sendung „sport inside“.
Vor allem auf Kinder und Jugendliche haben es die Aktivisten abgesehen: Für
Schüler wird Hilfe bei den Hausaufgaben angeboten, Selbstverteidigungskurse
für „deutsche Kinder und Jugendliche“ sollen die „Wehrhaftigkeit der
deutschen Jugend stärken“, wie es auf der Internetseite des [2][„Dritten
Wegs“] heißt. Zunehmend versucht die Gruppe in jüngster Zeit, auch in
Fußballstadien auf sich aufmerksam zu machen. Die Verbindung zu
Hooligan-Gruppierungen ist eng und wurde zuletzt intensiviert.
## „Dritter Weg“ plant weitere Aktionen
Bei Uwe Kölsch läuten auf jeden Fall die Alarmglocken. „Der 51-Jährige
erinnert sich noch gut an die Zeit vor 20 Jahren. „Damals wurden die
Auswärtsfahrten der Fans von den Nazis organisiert, insgesamt hatten die
hier alles im Griff“, sagt er. Das änderte sich erst, als sich mit den
Ultras eine Gruppe aktiv dagegenstellte. „Wir haben damals versucht, den
neutralen Fans eine Alternative anzubieten. Das hat funktioniert. Mit der
Zeit haben wir die Nazis verdrängt und letztlich auch aus dem Stadion
geworfen“, sagt Kölsch.
Seit 2008 ist Kölsch nun Fanbeauftragter des Vereins, seither ist die
Fansituation weitgehend „unter Kontrolle“, wie er sagt. Nazis gebe es im
Stadion aber immer, auch in Siegen. „Aber wir kennen sie“, sagt Kölsch,
„und sie sind an einer Hand abzuzählen.“ Kölsch und seine Mitstreiter sind
der Meinung, dass sie diesen Leuten den Stadionbesuch nicht verbieten
können, solange „die nicht auffällig werden und ihre Gesinnung nicht nach
außen dokumentieren. Beispielsweise durch einschlägige Kleidung oder
Fahnen“.
Vor allem um den Ruf des Vereins und die klammen Kassen ist hingegen
Vorstand Görg besorgt. „Man wird doch als Verein in der Öffentlichkeit ganz
schnell in eine bestimmte Ecke gestellt, wenn man solche Leute im Stadion
hat. Da kann es dann ganz schnell passieren, dass sich auch Sponsoren
abwenden.“ Doch es droht weiteres Ungemach. Denn laut der Website des
„Dritten Wegs“ sind weitere Aktionen in Siegen geplant: „Die regionalen
Aktivisten unserer Partei bereiten sich schon für weitere Offensiven vor,
die die richtigen Herzen unserer Landsleute berühren werden.“
30 Oct 2019
## LINKS
[1] /Landespokalfinale-Babelsberg-vs-Cottbus/!5507065
[2] /Plakate-von-Der-Dritte-Weg/!5588001
## AUTOREN
Olaf Jansen
## TAGS
Rechtsextremismus
Fußball
Nazis
Fanszene
Sportfreunde Siegen
VfL Osnabrück
Kampfsport
DFB-Präsident
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