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# taz.de -- Tiere sterben in Europas größter Lagune: Fische und Krebse erstic…
> Das Mar Menor ist umgekippt, im „Kleinen Meer“ in Südwestspanien fehlt
> Sauerstoff. Provinzregierung und Umweltschützer streiten über Gründe.
Bild: Seit Oktober wurden Tonnen toter Fische und Krebse an die Strände der La…
Madrid taz | Die Bilder sind erschreckend: Krustentiere, die auf Felsen
klettern, Aale und Fische, die aus dem Wasser springen. Das Meeresgetier im
Mar Menor, der größten Salzwasserlagune Europas, kämpft verzweifelt wie
vergeblich gegen den Sauerstoffmangel im Wasser an. Tonnen toter Fische und
Krebse wurden seit Mitte Oktober an der Küste der Mittelmeerlagune unweit
der südwestspanischen Stadt Murcia angeschwemmt. Politiker und
Umweltschützer streiten sich jetzt über die Ursachen der Katastrophe, und
wer für sie verantwortlich ist.
Für die regionale Koalitionsregierung aus konservativer Partido Popular
(PP) und rechtsliberalen Ciudadanos (Cs), die seit diesem Sommer mit
Unterstützung der rechtsradikalen VOX regiert, ist der Fall klar. Schuld
hat ein Unwetter mit den größten Regenfällen seit Menschengedenken Ende
September. Laut Antonio Luengo, dem regionalen Minister für Landwirtschaft,
Viehzucht und Fischfang, habe das sedimentreiche Süßwasser, das in die
Lagune gelangte, 210 der 17.000 Hektar in „Totwasser“ verwandelt, in denen
sich überhaupt kein Sauerstoff mehr findet. Es handle sich also um eine
Naturkatastrophe.
Neben den Sedimenten sollen – so das Ozeanische Institut Spaniens – mit dem
Regen bis zu 60 Tonnen Nitrate, 45 Tonnen Ammonium und 100 Tonnen Phosphate
ins Mar Menor gelangt sein. Sie stammen von den landwirtschaftlichen
Nutzflächen rundherum. Die Folgen: Durch die Nährstoffe nimmt das Plankton
zu. Zusammen mit dem Schlamm im Wasser führt dies dazu, dass das
Sonnenlicht nicht mehr zu den Pflanzen am Grund kommt. Sie sterben ab. Der
Sauerstoffgehalt geht dramatisch zurück.
Die Umweltschutzorganisationen bestreiten all das nicht. Aber sie sehen
noch andere Gründe dafür, dass die Lagune mit einer zusätzlichen Menge an
Süßwasser nicht mehr so einfach fertig wird wie früher. Mit schuld sei
„eine maßlose landwirtschaftliche und städtebauliche Entwicklung und die
Untätigkeit der politisch Verantwortlichen“, beschwert sich die spanische
Abteilung des World Wide Fund for Nature (WWF). In den Jahren des Baubooms
entstanden rund um die bei Touristen beliebte Lagune Feriensiedlungen und
Hotelkomplexe ohne ausreichende Infrastruktur für die Abwässer. Das lässt
den Nährstoffgehalt in der Lagune steigen. Hinzu kommt die Umstellung der
regionalen Landwirtschaft auf künstliche Bewässerung. Das Wasser dazu
liefert seit Ende der 1970er Jahre der Fluss Tajo in Zentralspanien per
Pipelines und Kanälen.
## Immer am Rande der Katastrophe
Wo früher etwa Mandelbäume standen, wachsen heute durstige Zitrusfrüchte,
Obst und Gemüse. Knapp 50.000 Hektar Land werden bewässert. „Ein Viertel
davon ohne Genehmigung“, beschwert sich der WWF in einem Kommuniqué. Zum
Wasser aus Zentralspanien kommen illegale Tiefbrunnen und um die 1.000
illegale Entsalzungsanlagen. Die Bewässerungslandwirtschaft führt dazu,
dass ständig Dünger ins Grundwasser und damit in die Lagune gelangen. „Die
Dünger aus der intensiven Bewässerung sind die Hauptverantwortlichen für
die Krise“, heißt es in einer Untersuchung der Lage der spanischen
Umweltorganisation Ecologistas en Acción. Das Mar Menor sei immer am Rande
der Katastrophe.
Jetzt will die konservative Regionalregierung ein Gesetz zum Schutz der
Lagune ausarbeiten. Ein solches gab es bereits 1984. Doch als die
Konservativen 1995 erstmals in der Region Murcia die Wahlen gewannen,
schafften sie es ab. Seither wächst die Bewässerungslandwirtschaft ohne
Kontrolle und die Touristensiedlungen schießen wie Pilze aus dem Boden.
„In jedem Augenblick kann es zu erneuten Situationen wie dieser kommen“,
warnt auch Juan Manuel Ruiz vom Ozeanischen Institut. Es könnte schon in
den nächsten Tagen so weit sein. Der Wetterdienst sagt erneut für Mitte der
Woche sintflutartige Regenfälle für die gesamte Südwestküste Spaniens
vorher.
21 Oct 2019
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Mittelmeer
Spanien
Umwelt
Lesestück Recherche und Reportage
Spanien
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Wassermangel
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