# taz.de -- Kämpfe in Nordysrien: Türkei und Kurden fordern Abzug | |
> Die Türkei möchte Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge nach Syrien | |
> zurückbringen. Doch die dürften sich kaum der syrischen Armee anvertrauen | |
> wollen. | |
Bild: Rauch über der umkämpften Stadt Ras al-Ain | |
ISTANBUL ap | Die Kurden haben freien Abzug ihrer verbliebenen Kämpfer und | |
von Zivilisten aus der belagerten Stadt Ras al-Ain gefordert. Erst dann | |
würden sie sich aus der Grenzregion zurückziehen, sagte der ranghohe | |
Vertreter der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), Redur Chalil. Die | |
Räumung in Ras al-Ajn sei um 48 Stunden verzögert worden, weil von der | |
Türkei unterstütze Kämpfer die Stadt immer noch belagerten. | |
Ein Teilabzug aus Ras al-Ain begann am Samstag. Medizinische Fahrzeuge | |
durften 30 Verwundete und vier Leichen aus einem Krankenhaus holen. Chalil | |
sagte, die Räumung der Stadt solle am Sonntag abgeschlossen werden. | |
Es ist das erste Mal, dass die syrisch-kurdischen Kämpfer öffentlich einen | |
Rückzug aus der Grenzregion bestätigt haben. Das Vorgehen sei mit den USA | |
abgesprochen, sagte Chalil und ergänzte, seine Truppen würden sich aus | |
einem 120 Kilometer langen und rund 30 Kilometer breiten Gebiet zwischen | |
Ras al-Ajn und Tell Ajbad entfernen – aber nur wenn die Türkei der | |
Bedingung folge. Die Größe des Gebietes haben auch US-Regierungsbeamte | |
bestätigt. | |
[1][Erdogan verlangt jedoch den Abzug der Kurden] aus einem mehr als 440 | |
Kilometer langen Grenzstreifen vom Euphrat bis zur irakischen Grenze. | |
Anderenfalls werde die Türkei ihre Offensive [2][nach dem Ende der | |
vereinbarten Kampfpause am Dienstag] wieder aufnehmen. Sein Sprecher Kalin | |
bestätigte zwar, dass die Kampfpause für das kleinere Gebiet gelte, die | |
Türkei beanspruche aber das größere. Chalil dagegen sagte, die Kurden | |
fühlten sich nur der US-Interpretation des Waffenstillstands verpflichtet, | |
nicht aber der türkischen Lesart. | |
## „Wir werden keine Flüchtlinge zwingen“ | |
Die Türkei hat den Rückzug syrischer Regierungstruppen aus der Nähe der | |
Grenze verlangt. In der Gegend sollten sich weder kurdische Kämpfer noch | |
syrische Soldaten aufhalten, sagte der türkische Präsidentensprecher | |
Ibrahim Kalin der Nachrichtenagentur AP am Samstag. Die Türkei wolle dort | |
zwei Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge ansiedeln und diese wollten nicht in | |
Gebiete zurückkehren, die von der syrischen Regierung kontrolliert werden, | |
vor der sei einst geflüchtet seien. | |
Kalin sagte, die Anwesenheit syrischer Truppen sei eine der Fragen, [3][die | |
die Türkei mit Russland besprechen wolle], der Schutzmacht des syrischen | |
Präsidenten Baschar al-Assad. „Wir werden keine Flüchtlinge zwingen, | |
irgendwohin zu gehen, wo sie nicht hinwollen“, sagte Kalin. Die Menschen | |
sollten sich sicher fühlen. In die bisher von seinem Land kontrollierten | |
Gebiete in Syrien sind nur sehr wenige der 3,6 Millionen | |
Bürgerkriegsflüchtlinge zurückgekehrt, die vor dem Bürgerkrieg in der | |
Türkei Zuflucht gesucht haben. | |
Nach der Rückzugsankündigung der USA für ihre Soldaten in Nordsyrien hatten | |
die Türkei und ihre Verbündeten Mitte Oktober [4][eine Offensive gegen | |
kurdische Kämpfer in der Region begonnen]. Die Kurden, die jahrelang an der | |
Seite der USA gegen die Terrormiliz Islamischer Staat gekämpft hatten, | |
baten daraufhin die syrische Armee um Schutz gegen den Vormarsch. Daraufhin | |
rückten syrische Truppen in das Gebiet vor, unter anderem nach Kobane und | |
Manbidsch. | |
Die USA, die die Krise durch ihren Rückzug eingeleitet hatten, vereinbarten | |
schließlich mit der Türkei eine Kampfpause, während der sich kurdische | |
Kräfte aus einer von der Regierung in Ankara beanspruchten Sicherheitszone | |
in Nordsyrien zurückziehen sollen. Trotzdem gab es weiter Kämpfe, vor allem | |
um die Stadt Ras al-Ain. | |
## US-Truppen sollen IS von Westirak aus bekämpfen | |
Die bisher in Nordsyrien stationierten US-Truppen sollen indes nach | |
Westirak verlegt werden. Dies teilte Pentagonchef Mark Esper am Samstag vor | |
Reportern mit, die ihn auf eine Nahostreise begleiteten. Demnach soll das | |
US-Militär weiter Operationen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat | |
ausführen, um deren Wiedererstarken zu verhindern. Es sei auch nicht | |
ausgeschlossen, dass die US-Truppen vom Irak aus zu Anti-Terror-Einsätzen | |
in Syrien aufbrechen. Entsprechende Details würden aber noch ausgearbeitet. | |
Erstmals legte der Verteidigungsminister konkret dar, wohin die US-Truppen | |
nach dem Rückzugsbefehl aus Syrien gehen und wie der Anti-IS-Kampf aussehen | |
könnte. Esper ergänzte, er habe den Plan, mehr als 700 Soldaten in den | |
Westen Iraks zu verlegen, bereits mit seinem irakischen Amtskollegen | |
abgesprochen. | |
Zwischen 200 und 300 US-Soldaten sollen im südsyrischen Stützpunkt in | |
Al-Tanf verbleiben. Die restlichen Truppen sollen dabei helfen, den Irak zu | |
verteidigen und gegen den IS vorzugehen, sagte Esper. Doch seien noch | |
Änderungen am aktuellen Plan möglich. Über die weiteren Schritte bei der | |
Anti-IS-Mission wolle er kommende Woche bei einem Nato-Treffen mit | |
Verbündeten beraten. Mit internationalen Partnern solle im Laufe der Zeit | |
auch erörtert werden, ob US-Sondereinheiten unilaterale Militäreinsätze | |
gegen den IS in Syrien ausführen könnten, sagte Esper. | |
Derzeit haben die USA mehr als 5.000 Soldaten im Irak – gemäß einer | |
bilateralen Einigung. Im Jahr 2011 hatten die USA nach dem Ende der | |
Kampfhandlungen ihre Truppen aus dem Land abgezogen. Doch zeigte das | |
US-Militär dort wieder Präsenz, nachdem die IS-Miliz 2014 große Teile des | |
Iraks einnahm. | |
20 Oct 2019 | |
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