# taz.de -- Türkische Angriffe in Syrien: Kurdenmilizen beginnen Rückzug | |
> Die Syrischen Demokratischen Kräfte haben die Grenzstadt Ras al-Ain nach | |
> eigenen Angaben verlassen. Die humanitäre Lage bleibt derweil | |
> katastrophal. | |
Bild: Rauch trotz Waffenruhe über der syrischen Stadt Ras al-Ain | |
DAMASKUS/ISTANBUL dpa | Drei Tage nach Verkündung einer Waffenruhe für | |
Nordsyrien hat die Kurdenmiliz YPG mit dem Rückzug aus den umkämpften | |
Gebieten begonnen. Die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen | |
Kräfte (SDF) teilten mit, die umkämpfte Grenzstadt Ras al-Ain verlassen zu | |
haben. „Wir haben keine Kämpfer mehr in der Stadt“, schrieb ein | |
SDF-Sprecher am Sonntag bei Twitter. Das türkische Verteidigungsministerium | |
teilte am Sonntag ebenfalls mit, es verfolge den Abzug der YPG. Es gebe | |
dabei „keinerlei Hindernisse“. | |
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, dass sich rund | |
500 SDF-Kämpfer komplett aus Ras al-Ain zurückgezogen hätten. Zuvor seien | |
Leichen und Verwundete aus dem Ort gebracht worden. Das türkische | |
Verteidigungsministerium erklärte, ein Konvoi aus 55 Fahrzeugen sei nach | |
Ras al-Ain hereingefahren. Danach habe ein Konvoi aus 86 Fahrzeugen die | |
Stadt in Richtung Tall Tamar verlassen. | |
US-Vizepräsident Mike Pence hatte die [1][Waffenruhe zwischen den | |
Konfliktparteien] am Donnerstag nach Gesprächen in Ankara verkündet. Die | |
Feuerpause sollte den Kurdenmilizen Gelegenheit geben, sich aus dem Gebiet | |
auf der syrischen Seite der Grenze zurückzuziehen, in dem die Türkei eine | |
sogenannte Sicherheitszone errichten möchte. Die Türkei hatte die Angriffe | |
im Norden Syriens am 9. Oktober gestartet. | |
Humanitäre Helfer zeichneten weiter ein dramatisches Bild von der Lage der | |
betroffenen Menschen. „Die vergangene Woche war ein totales Chaos für | |
Hunderttausende Syrer“, sagte Karl Schembri, Sprecher vom Norwegischen | |
Flüchtlingsrat (NRC), dem TV-Sender CNN International. „Sie leben in Angst | |
und Unsicherheit, ohne zu wissen, wo die nächste Bombe explodieren wird“, | |
sagte Schembri. | |
## UN-Nothilfe: 165.000 Vertriebene | |
In gut einer Woche sind nach jüngsten Angaben des UN-Nothilfebüros Ocha | |
mindestens 165.000 Menschen durch die Kämpfe vertrieben worden, darunter | |
schätzungsweise 70.000 Kinder. „Mehr und mehr von ihnen werden in den | |
benachbarten Irak und in andere Gegenden flüchten, die nicht darauf | |
vorbereitet sind, vertriebene Familien aufzunehmen“, sagte Schembri. Etwa | |
2.400 Menschen hätten bereits die Grenze zum Irak überquert. Die Situation | |
in syrischen Lagern sei dabei „extrem besorgniserregend“, hatte Ocha am | |
Freitag mitgeteilt. | |
Vor Beginn der türkischen Angriffe hätten bereits mehr als 100.000 | |
Vertriebene in Lagern in der Region gelebt, sagte Schembri. Mit der | |
Unterstützung humanitärer Helfer hätten sie überlebt. „All das wurde im | |
Lauf der vergangenen Woche gefährdet, weil die meisten Helfer selbst | |
flüchten mussten.“ Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) | |
twitterte am Sonntag, eine der letzten noch verbleibenden internationalen | |
Hilfsorganisationen in Nordsyrien zu sein. | |
Die Türkei hatte am 9. Oktober im Norden Syriens [2][eine Offensive gegen | |
die YPG gestartet], die sie als Terrororganisation betrachtet. Die Türkei | |
wurde dabei weder von der syrischen Regierung um Hilfe gebeten noch | |
erteilte der UN-Sicherheitsrat ein entsprechendes Mandat. Ankara begründet | |
deshalb den Einmarsch mit dem Recht auf Selbstverteidigung. | |
20 Oct 2019 | |
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