# taz.de -- Politiker an der Universität: Kevin Kühnert hat Glück gehabt | |
> Juso-Chef Kevin Kühnert durfte an der Uni Hamburg auftreten, FDP-Chef | |
> Christian Lindner nicht. Die Uni sagt, das liege an neuen Regeln. | |
Bild: Als Juso-Chef Kevin Kühnert in der Uni Hamburg auftrat, galten die neuen… | |
Hamburg taz | Turbulente Tage an der Uni: Am Mittwoch wurde auch die zweite | |
[1][Vorlesung des AfD-Gründers Bernd Lucke] von protestierenden Studenten | |
gestört. Kaum hatte sich die Aufregung gelegt, da gab es Donnerstag früh | |
eine Bombendrohung – und für 13.15 Uhr stand die nächste Aktion auf dem | |
Campus an. Diesmal rief die „Liberale Hochschulgruppe“ (LHG) zur | |
„Eildemonstration zur Meinungsfreiheit“ an der Schlüterstraße auf. | |
„Die Causa Lucke spielt auch eine Rolle“, sagt Jonas Bayer von der Gruppe. | |
Doch was den liberalen Nachwuchs auf die Straße brachte – in | |
übersichtlicher Zahl, es kamen zwölf Leute –, war, dass die Univerwaltung | |
ihre für den 11. November geplante [2][Diskussion mit FDP-Bundeschef | |
Christian Lindner] verbot. | |
Dabei durfte Juso-Chef Kevin Kühnert am 15. Januar im Uni-Rechtshaus | |
sprechen. Und die Linken-Bundestagsabgeordnete Sarah Wagenknecht war erst | |
am Montag im Uni-Hauptgebäude zu Gast, moderiert vom Volkswirt und | |
Linken-Politiker Fabio De Masi. | |
Die Absage erzürnte auch FDP-Chef Lindner selbst, schlug hohe Wellen und | |
wurde, vermischt mit der Lucke-Sache, sogar im Bundestag diskutiert. Wenn | |
Wagenknecht einen Vortrag halten dürfe, er aber nicht, sei das „Willkür, | |
für die am Ende eine grüne Senatorin als Aufsicht über die Hochschule die | |
Verantwortung trägt“, polterte er via Bild. | |
## Fegebank unter Druck | |
Und in einem im Netz veröffentlichten Brief forderte er die grüne | |
Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank auf, dafür zu sorgen, dass auch | |
die Uni Hamburg „wieder zum Ort des lebendigen politischen | |
Meinungsaustauschs“ werde. | |
Fegebank war wegen ihrer sanften Reaktion auf die Anti-Lucke-Proteste | |
ohnehin unter Druck geraten und gab am Mittwoch in der Bürgerschaft ein | |
scharfes Statement ab: Den Professor nicht reden zu lassen, sei „Unrecht in | |
seiner reinsten Form“. Und auch zu den Reden von Berufspolitikerinnen an | |
der Uni hatte sie eine Meinung: Die Uni müsse neutral sein und es dürfe | |
nicht der Eindruck entstehen, „dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird“. | |
Werde es auch nicht, erklärte Uni-Sprecherin Merel Neuheuser und verwies | |
schlicht auf die gültigen „Raumvergabebestimmungen“. Den Antrag für den | |
Lindner-Auftritt habe die zuständige Stelle „routinemäßig“ abgelehnt, da | |
die Raumvergabe für Veranstaltungen mit „parteipolitischer Ausrichtung“ | |
ausgeschlossen sei. | |
Der Abend mit Wagenknecht über „Modern Money Theory in Ökonomie, | |
Gesellschaft und Politik“ sei hingegen als wissenschaftliche Veranstaltung | |
vom studentischen „Arbeitskreis Plurale Ökonomik“ angemeldet worden. Und | |
jener Termin mit Kevin Kühnert sei „nicht durch die Universität genehmigt�… | |
## Kalkulierter Eklat? | |
Im Netz wurde gar spekuliert, ob der FDP-Chef einen Eklat kalkuliert habe. | |
Auch die FDP und ihre Hochschulgruppe kenne doch die Gepflogenheiten, | |
lästerte der frühere FDP-Politiker Najib Karim auf Facebook. Mit | |
wissenschaftlichem Titel und einem zweiten Diskutanten wäre die Sache | |
„reibungslos über die Bühne gelaufen“. Doch so hätte Lindner weder so vi… | |
Aufmerksamkeit generiert, „noch bei empörten Wutbürgern fischen können“. | |
Lindner selber ist Politologe und erklärte zur Wagenknecht-Erlaubnis: „Wenn | |
das die Begründung ist, dann halte ich auch einen wissenschaftlichen | |
Vortrag.“ Er habe an Dutzenden Veranstaltungen dieser Art an Unis | |
teilgenommen, es habe vereinzelt Probleme gegeben, doch nicht wie in | |
Hamburg. | |
„Ich fände es gut, wenn man Herrn Lindner an die Uni zur Diskussion | |
einlädt, das gehört zum fairen Meinungsstreit dazu“, meint Olcay Aydik von | |
der Juso-Hochschulgruppe. Die Einladung an Kevin Kühnert am 15. Januar sei | |
eine „themengebundene Veranstaltung“ gewesen unter dem Titel: „Wofür | |
sollten Studierende kämpfen?“ Die Hochschulgruppe habe dies mit der | |
Verwaltung „abgeklärt“ und sogar Mikros bekommen. | |
## Fegebank muss in Sondersitzung | |
Gab es nun eine Erlaubnis der Uni oder nicht? Danach gefragt, erklärte die | |
Uni-Sprecherin, „die eingegrenzten Vergabemöglichkeiten sind erst seit Mai | |
2019 in Kraft“. Der Kühnert-Abend sei ja im Januar gewesen. Demnach hat der | |
Juso-Chef offenbar einfach Glück gehabt. | |
Aydik fände es falsch, wenn künftig keine Parteipolitiker auftreten | |
dürften. Das politisch demokratische Gespräch gehöre an die Uni. „Dafür h… | |
die grüne Senatorin zu sorgen.“ | |
Fegebank soll sich nun in einer Sondersitzung des Wissenschaftsausschusses | |
äußern, gemeinsam mit Uni-Präsident Dieter Lenzen. Das beantragten Grüne | |
und SPD – nachdem CDU und FDP es forderten. | |
26 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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