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# taz.de -- Machtkampf in der CDU: Quo vadis, AKK?
> In der CDU geht es drunter und drüber. Ex-Unions-Fraktionschef Merz bläst
> zur Attacke, Parteichefin Kramp-Karrenbauer versucht, Kontrolle zu
> behalten.
Bild: Im Frustmodus: Annegret Kramp-Karrenbauer
BERLIN taz | Es sind Männer, allermeist Männer, die dieser Tage das große
Wort führen, wenn es um die Performance von zwei bestimmten Frauen geht:
CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und Angela Merkel, ihres
Zeichens Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Das ist insofern kein
Wunder, als die CDU eine männlich dominierte Partei ist. 26 Prozent, also
nur gut ein Viertel der Mitgliedschaft, ist weiblich; unter den
Unions-Bundestagsabgeordneten sind es 20 Prozent.
Doch gerade weil sowohl das Kanzleramt als auch das Konrad-Adenauer-Haus
nun einmal von Frauen geführt werden, fällt ins Auge, dass die härtesten
Angriffe nach der Thüringenwahl von Männern kommen. Die zeigefreudigsten
unter ihnen heißen Friedrich Merz und Tilman Kuban. Merz, 63, steht für die
CDU, wie sie ganz früher mal war; Junge-Union-Chef Kuban, 32, für die CDU,
wie sie von ihm aus wieder werden soll. Die Botschaft der zwei lautet:
Merkel muss weg.
Sie können das so kommunizieren, weil sie sich zum einen gestützt fühlen
von Partei- und FraktionskollegInnen. Zum anderen macht Annegret
Kramp-Karrenbauer aktuell tatsächlich keine gute Figur. In der vergangenen
Woche stellte sie als Bundesverteidigungsministerin eine Sicherheitszone in
Nordsyrien in Aussicht, ohne sich vorher mit dem Außenamt abgestimmt zu
haben. An diesem Montag dann lässt sie als Parteivorsitzende dem
gescheiterten Thüringer Spitzenkandidaten Mike Mohring eine lange Leine,
als der – entgegen dem Beschluss der eigenen Partei – mit der Linken von
Bodo Ramelow reden möchte.
Weil Annegret Kramp-Karrenbauer lange Zeit als Merkels Wunschkandidatin für
den Parteivorsitz – und damit möglicherweise auch für das Kanzleramt –
galt, bedeutet Kritik an ihr immer auch Kritik an Merkel. Aktueller
Tiefpunkt ist [1][ein Interview des ZDF mit Friedrich Merz]. Mit
sorgengefältelter Stirn erklärt der da, sein Eindruck sei, „dass sich seit
Jahren über dieses Land wie ein Nebelteppich die Untätigkeit und die
mangelnde Führung durch die Bundeskanzlerin legt“. Er könne sich „schlicht
nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei
Jahre dauert bis zum Ende dieser Wahlperiode“. Und schließlich: „Das
gesamte Erscheinungsbild der Bundesregierung ist einfach grottenschlecht.“
## Gekränkte männliche Eitelkeit
Einmal abgesehen davon, dass bei den BürgerInnen Angela Merkel aktuell auf
Platz 2 des Politiker-Rankings steht und aus jedem seiner Sätze massiv
gekränkte Eitelkeit spricht, hat Merz auch wieder nicht ganz unrecht. Vor
genau einem Jahr, am 29. Oktober 2018, hat Merkel überraschend ihren
Rückzug vom Parteivorsitz verkündet; seither geht es in der CDU drunter und
drüber. Auf dem Parteitag rangelten sich Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn, der Lobbyist Friedrich Merz und die Generalsekretärin Annegret
Kramp-Karrenbauer um den Vorsitz.
Bekanntlich gewann Kramp-Karrenbauer die Stichwahl gegen Merz knapp mit
51,7 Prozent. Spürbar angeschlagen ringt sie seither um ein eigenständiges
Profil. Die Angriffe werden zusehends härter. Würde Angela Merkel
wenigstens eine zeitliche Perspektive für ihren Rückzug eröffnen, könnten
sich etwaige AnwärterInnen bis zum nächsten Wahlparteitag Ende 2020 durch
gute Arbeit profilieren. Aber da ist nichts als Schweigen.
Stattdessen gibt es im immer größer werdenden Machtvakuum Gerangel um die
Richtung. Beim Deutschlandtag der Jungen Union feierten die JU-Boys
Friedrich Merz wie einen Messias. Und das, obwohl der trotz anders
lautender Versprechungen im zurückliegenden Jahr nichts für seine Partei
getan hat – außer bei Landtagswahlkämpfen im Osten Ressentiments zu
bedienen. Ebenfalls beim Deutschlandtag beschloss der Nachwuchs dann, der
Bundesparteitag im November möge die Urabstimmung über den oder die nächste
KanzlerkandidatIn debattieren. An diesem Montag schließlich fühlte sich
JU-Chef Tilman Kuban berufen, im Bundesvorstand vor versammelter Mannschaft
die Führungskompetenz der Vorsitzenden infrage zu stellen.
## Die offene K-Frage
Kramp-Karrenbauer reagierte gereizt, auch weil es aus der Vorstandssitzung
offenbar eine Art Standleitung zu JournalistInnen gab. „Liveticker“ nennt
sie das in der anschließenden Pressekonferenz und fordert ihre Widersacher
offen heraus. Ihre internen Kritiker mögen im Streit um die
Kanzlerkandidatur öffentlich Farbe bekennen. Sie habe sich beim Parteitag
im vergangenen Jahr um den Vorsitz beworben – diese Möglichkeit habe allen
offen gestanden. Wer immer meine, die K-Frage müsse noch in diesem Herbst
entschieden werden, habe auf dem anstehenden Parteitag Mitte November dazu
die Gelegenheit.
Es war ein Paukenschlag, auf den prompt am selben Abend das Merz-Interview
folgte. Auch wenn Merz Kramp-Karrenbauer darin von seiner Kritik
ausgenommen hat, ist klar, dass sein Angriff schon aus Loyalitätsgründen
auch der Parteivorsitzenden gilt. Nun ist es an der CDU, Weichen zu
stellen. Beim Parteitag in Leipzig könnte es zum Gemetzel kommen, aber
derlei goutieren die Parteifreunde nicht.
Vermutlich wird es laufen wie stets in den zurückliegenden Jahren: Kritik
und Selbstkritik – und dann weiter im Text. Annegret Kramp-Karrenbauer täte
gut daran, den Delegierten in Leipzig einen Fahrplan für das kommende Jahr
zu präsentieren.
29 Oct 2019
## LINKS
[1] /Nach-dem-CDU-Debakel-in-Thueringen/!5637219
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Friedrich Merz
Annegret Kramp-Karrenbauer
Schwerpunkt Angela Merkel
CDU
Bodo Ramelow
Schwerpunkt Landtagswahlen
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