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# taz.de -- Protest gegen Militäroffensive in Syrien: Aktivisten blockieren de…
> Linke AktivistInnen haben eine Lesung mit dem früheren
> Bundesinnenminister verhindert. Kritik kommt auch von Grünen.
Bild: AktivistInnen blockieren den Haupteingang des Alten Rathauses in Götting…
Göttingen taz | An die hundert linke Demonstranten haben am Montagabend in
Göttingen aus Protest gegen die [1][türkische Militäroffensive in
Nordostsyrien] eine Veranstaltung mit dem früheren Bundesinnenminister
Thomas de Maizière verhindert. Sie blockierten die Zugänge zum Alten
Rathaus der Stadt, wo der CDU-Politiker im Rahmen des Göttinger
Literaturherbstes sein Buch „Regieren“ vorstellen wollte.
Auf einem Transparent stand „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan“. Einige
Demonstranten skandierten Parolen wie „Deutsche Waffen, deutsches Geld /
morden mit in aller Welt“ und „Alle Besatzer raus aus Kurdistan“. Andere
verteilten ein Flugblatt mit Informationen über das politische Wirken de
Maizières. Schüsse und Sirenen aus einem Lautsprecher sollten auf deutsche
Waffenlieferungen aufmerksam machen.
Der Geschäftsführer des Lesefestivals, Johannes-Peter Herberhold, sagte,
die Demonstranten hätten versucht, ihn mit Gewalt am Betreten des Gebäudes
zu hindern. Dabei seien sein Hemd und sein Sakko zerrissen worden. De
Maizière verzichtete nach den Vorfällen auf seinen Auftritt. Die gut
hundert Besucher, die sich an einer Ecke des Rathausvorplatzes gesammelt
hatten, wurden nach Hause geschickt. Die Polizei schritt nicht ein.
Die autonome Gruppe Antifaschistische Linke International begründete die
Blockade unter anderem damit, dass de Maizière zu seiner Zeit als
Innenminister „die Kriminalisierung linker und kurdischer Strukturen“
vorangetrieben habe. Anfang 2017 habe er das Zeigen von Symbolen der
syrisch-kurdischen YPG-Miliz und von Bildern mit dem Porträt von PKK-Chef
Abdullah Öcalan verboten. Als Verteidigungsminister sei de Maizière ein
„ausgesprochener Befürworter deutscher Kriegseinsätze“ gewesen. Er habe d…
Aufklärung des Terrornetzwerks NSU dadurch behindert, dass er dem
NSU-Untersuchungsausschuss Dokumente des Militärischen Abschirmdienstes
vorenthielt.
## Veranstaltung soll nachgeholt werden
Die Basisdemokratische Linke kritisierte die deutsche Beteiligung am
türkischen Angriffskrieg gegen die Kurden. In der [2][bislang faktisch
autonomen Region Rojava] seien Kommunen mit basisdemokratischer
Selbstverwaltung errichtet, Frauenkooperativen und Frauenzentren geschaffen
und eine ökologische und nachhaltige Landwirtschaft aufgebaut worden.
„Deutschland macht sich an dem Angriff auf das emanzipatorische Projekt
mitverantwortlich“, sagte die Sprecherin der Gruppe, Lena Rademacher.
Waffen aus deutscher Produktion würden genutzt, um in Nordsyrien Menschen
zu töten.
„Thomas de Maizière die Möglichkeit zu nehmen, seine gefährlichen und
menschenverachtenden Ansichten hier in Göttingen weiter zu verbreiten, ist
notwendig und war richtig“, erklärte das Hausprojekt OM 10. Mit seiner
„aggressiven Politik als Innen- und Kriegsminister“ habe er nicht nur den
Tod unzähliger Menschen an der europäischen Außengrenze und in
Konfliktregionen der Welt zu verantworten. Sondern auch die Angriffe auf
die Kurden in Rojava. Die nach der Straße „Obere Masch“ benannte Initiative
hatte das lange Zeit leerstehende Göttinger Gewerkschaftshaus zunächst
besetzt und dann gekauft.
Scharfe Kritik an der Blockadeaktion kam am Dienstag aus den Reihen der
CDU. Bundeswirtschaftsminister [3][Peter Altmaier erklärte über Twitter]:
„Die Blockade seiner Vorlesung in Göttingen durch die Antifaschistische
Linke ist eine unerhörte Missachtung von Recht und Person, die wir nicht
hinnehmen dürfen.“ CDU-Generalsekretär [4][Paul Zimiak twitterte]: „Das
sind keine Aktivisten, das sind Feinde unserer freiheitlichen Demokratie.“
Kritik übten aber auch PolitikerInnen der Grünen. Der Innenexperte im
Bundestag, [5][Konstantin von Notz, twitterte]: „Toleranz ist nicht, wenn
man es nur erträgt, wenn Leute das sagen, was man selbst findet: Das ist
schlicht Intoleranz, undemokratisch und nicht akzeptabel!“ Die Sprecherin
der Grünen-Fraktion für Strategien gegen Rechtsextremismus, Monika Lazar,
bezeichnete die Aktion „anmaßend und nicht akzeptabel“. „Besser wäre es
gewesen, auf der Veranstaltung mit ihm darüber zu diskutieren, gerade wenn
die Protestierenden einiges kontrovers sehen“, so Lazar über Twitter.
„Eine solche Aktion hat es gegen Autorinnen und Autoren unseres Festivals
seit Beginn des Göttinger Literaturherbstes noch nicht gegeben“, erklärte
der Literaturherbst-Geschäftsführer Herberhold. „Wer den Dialog über
politische Themen verhindert und verweigert, stellt sich selbst ins Aus.“
Das Festival bleibe in jedem Fall dabei, „politisch neutral eine Plattform
für den offenen Dialog zu bieten, der ein unverrückbarer Grundpfeiler
unserer Demokratie ist“. Die Veranstaltung mit de Maizière solle
kurzfristig und am selben Ort nachgeholt werden, so Herberhold.
22 Oct 2019
## LINKS
[1] /Tuerkische-Militaeroffensive-in-Syrien/!5631697
[2] /Waffenruhe-in-Nordsyrien/!5631708
[3] https://twitter.com/peteraltmaier/status/1186526130087571458
[4] https://twitter.com/PaulZiemiak/status/1186571634737586178
[5] https://twitter.com/KonstantinNotz/status/1186576664614133761
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Göttingen
Thomas de Maizière
Schwerpunkt Syrien
Protest
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Türkei
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