# taz.de -- Radrennen Lombardei-Rundfahrt: Zaudernde Favoriten | |
> Bei der Lombardei-Rundfahrt, dem letzten Klassiker der Saison, siegt | |
> überraschend Bauke Mollema. Die Deutschen sind trotzdem zufrieden. | |
Bild: Der Profiradsport verabschiedet sich in die Winterpause | |
Como taz | Die Sonne spiegelt sich auf der glitzernden Oberfläche des Comer | |
Sees. Wasserflugzeuge starten und landen. Im eindrucksvollen Volta-Tempel, | |
nur etwa 100 Meter entfernt von der Ziellinie und dem Elektrizitätspionier | |
Alessandro Volta gewidmet, der in Como einst forschte, sind ein paar | |
historische Ladungs- und Entladungsapparaturen ausgestellt. | |
Ladungen und Entladungen bot auch die 243 Kilometer lange Strecke des | |
letzten Klassikermonuments der Saison. 35 Kilometer vor dem Ziel nahm der | |
Ravensburger Emanuel Buchmann sein Herz in beide Hände. Inmitten des | |
zaudernden Favoritenfelds setzte er gemeinsam mit dem Belgier Tim Wellens | |
eine Attacke. Beide entkamen. Buchmann hängte dann auch noch Wellens ab. | |
Auf der Kuppe jedoch war er wieder eingefangen. „Schade, ich hätte vor dem | |
Civiglio etwas mehr Zeit gebraucht, um allein rüberzukommen“, bilanzierte | |
Buchmann. Auf den letzten Kilometern fehlten ihm dann die Kräfte, um noch | |
entscheidend in den Kampf um den Sieg eingreifen zu können. | |
Kurz nachdem er gestellt war, startete Bauke Mollema einen Angriff. Auch | |
beim Niederländer zögerten die Favoriten. Alle blickten auf Primoz Roglic, | |
den [1][Vuelta-Sieger] und Top-Favoriten. „Es war ganz klar unser aller | |
Fehler. Alle haben sich angeschaut, keiner wollte die Führung übernehmen. | |
Ich habe es etwas probiert. Aber Roglic hing nur an meinem Rad, wollte | |
nicht führen“, sagte im Ziel der Däne Jakob Fuglsang verärgert. | |
Etwa 10 Kilometer vor dem Ziel versuchte Roglic, mit einer Bravourtat | |
seinen Fehler zu korrigieren. Er schoss aus dem Feld heraus, holte | |
zwischenzeitlich auch 20 Sekunden Vorsprung auf die Konkurrenten hinter ihm | |
heraus. Den Niederländer ganz vorn erreichte er jedoch nicht. Er wurde | |
ebenfalls eingeholt und verpasste sogar die Aufspaltung der | |
Verfolgergruppe. | |
## „In Zukunft um den Sieg mitfahren“ | |
Die wurde durch eine Attacke von Ex-Weltmeister Alejandro Valverde | |
gesprengt. Der Oldie, fast 40 Jahre alt, distanzierte im Sprint den 17 | |
Jahre jüngeren Tour-de-France-Sieger Egan Bernal. Vierter wurde Fuglsang, | |
auf den 7. Platz kam Roglic ein, einen Rang dahinter Buchmann. „Mit dem | |
Ergebnis bin ich zufrieden, vielleicht war die Attacke vor dem Civiglio | |
aber ein bisschen zu viel“, bilanzierte Buchmann. Aus dem Rennen nahm er | |
aber mit: „Ich habe gesehen, dass ich hier in Zukunft um den Sieg mitfahren | |
kann.“ | |
Ein Erfolg beim kletterintensivsten der fünf Klassikermonumente steht jetzt | |
also auch auf der To-do-Liste des deutschen Rundfahrtaufsteigers dieser | |
Saison. „Es war natürlich mein bestes Jahr bislang. Aber ich kann mich | |
weiter verbessern. Ich kann generell etwas stärker werden“, blickte er auf | |
die nächsten Jahre voraus. Einen Podiumsplatz bei der Tour hat er dabei | |
fest ins Auge gefasst. | |
Zuversicht getankt hatte auch Teamkollege Maximilian Schachmann. Der | |
Berliner kam zwar nur mit mehr als 12 Minuten Rückstand als 73. ins Ziel. | |
Aber er war nach seinem [2][Sturz bei der Tour de France], der | |
anschließenden Handoperation und den Verzögerungen beim Training danach | |
ohnehin nur als Helfer eingeplant gewesen. Den Sturz bei der Tour und das | |
Verpassen der WM, deren Kurs ihm auf den Leib geschrieben war, hat er | |
mittlerweile verdaut. „Ich trauere dem Ganzen nicht nach. Ich konnte die | |
Situation nicht ändern“, sagte er. Vorwürfe muss er sich ohnehin nicht | |
machen. | |
„Nach meinem Unfall und der folgenden Handoperation war ich nach sechs | |
Tagen schon wieder auf der Rolle. Ich habe richtig hart trainiert. Das | |
Problem war, dass ich, als ich wieder auf die Staße konnte, gleich krank | |
geworden bin. Da ging ein Virus rum, der mich in der Summe drei Wochen | |
gekostet hat“, blickte er zurück.Den Rückstand auf Fahrer, die mit guter | |
Form aus der Vuelta und der WM kamen, konnte er nicht mehr kompensieren. | |
Von daher ist der Saisonabschluss für den Berliner auch mehr als Baustein | |
für den Formaufbau für 2020 zu sehen. | |
Eine Lehre zog er aus dem Sturz beim Tour-Zeitfahren bei der Tour aber | |
doch: „Für die Zukunft nehme ich mit, dass ich die Euphorie, ein gutes | |
Ergebnis einzufahren, etwas mehr bremse, um vielleicht den einen oder | |
anderen Sturz zu vermeiden“, meinte er lachend. In Zukunft also | |
Hurra-Radsport mit Augenmaß. | |
13 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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