# taz.de -- Brandstiftung in Geflüchtetenunterkunft: Verurteilt auch im zweite… | |
> Der Ex-NPD-Mann Maik Schneider wird für einen Brandanschlag in Nauen zu | |
> gut neun Jahren Haft verurteilt. Es ist das Ende einer Justizposse. | |
Bild: Das Gericht ist sicher: Der Brand einer Turnhalle in Nauen 2015 wurde von… | |
Potsdam taz | Am Ende sucht Maik Schneider den Eklat. Mitten in der | |
Urteilsverkündigung greift der einstige NPD-Mann seinen Rucksack, steht | |
auf. „Was machen Sie?“, fragt Richter Klaus Feldmann. Schneider: „Ich wü… | |
gehen wollen. Sie haben Ihr Urteil doch gesprochen.“ Feldmann widerspricht: | |
„Nein. Nehmen Sie Platz.“ Und Schneider fügt sich. | |
Tatsächlich hatte Feldmann wenige Minuten zuvor das Strafmaß gegen | |
Schneider verkündet: neun Jahre und einen Monat Haft. Weil der 32-Jährige | |
2015 eine Turnhalle im brandenburgischen Nauen angezündet hatte, ine | |
geplante Geflüchtetenunterkunft – von der danach nur noch ein | |
Millionenschaden übrig war. Dazu kamen weitere Straftaten: das Kritzeln von | |
Hakenkreuzen, die Störung einer Stadtverordnetenversammlung, die Zerstörung | |
des Autos eines Polen. | |
Gut neun Jahre Haft – das Urteil des Landgericht Potsdam vom Mittwoch ist | |
ein deutliches Urteil. Und das vorläufige Ende einer Justizposse. Denn | |
Schneider wurde schon einmal für diese Taten verurteilt, im Februar 2017, | |
damals zu neuneinhalb Jahren Haft. | |
Dann aber [1][hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf]: Weil das Gericht | |
trotz eines befangenen Schöffen, der Schneider gleich zu Prozessbeginn | |
vorwarf, „Quatsch“ zu erzählen, weiterverhandelt hatte. Der Prozess musste | |
neu beginnen. Einige Monate später kam Schneider wegen der langen | |
Verfahrensdauer und „vermeidbarer Verzögerungen“ sogar auf freien Fuß –… | |
die Brandenburger Justiz stand endgültig blamiert da. Über einen „Tiefpunkt | |
der Rechtstaatlichkeit“ klagten die Grünen, auch Justizminister Stefan | |
Ludwig (Linke) sprach von einem „bedauerlichen“ Fall. | |
## Klare Worte | |
Nun aber soll Schneider wieder hinter Gitter. Richter Feldmann findet am | |
Mittwochnachmittag klare Worte. Schneider besitze eine „menschenverachtende | |
Gesinnung“, er manipuliere Menschen und sei von „hoher krimineller Energie�… | |
getrieben. In der rechten Szene Nauens sei er der „Leitwolf“ gewesen, saß | |
dort seit 2008 für die rechtsextreme NPD im Stadtparlament. | |
Und Feldmann erinnert an das Jahr 2015. Schneider habe damals in Nauen | |
fortwährend gegen Geflüchtete agitiert, Anti-Asyl-Kundgebungen organisiert | |
und etwa vorgeschlagen, die Asylsuchenden in einer Beseitigungsanstalt für | |
Tierkörper unterzubringen. Er habe in der Stadt ein „Klima der Angst und | |
Verunsicherung geschaffen“. | |
Als diese dann die Turnhalle als Unterkunft wählte, habe es in einer | |
Chatgruppe von Schneider und anderen Rechtsextremen unmissverständlich | |
geheißen: „Die Halle muss brennen“. Schneider, sagt Feldmann, sei „jedes | |
Mittel recht“ gewesen. | |
Am Ende brannte die neugebaute Turnhalle in Nauen tatsächlich. Schneider | |
habe die Tat mit anderen Rechtsextremen begangen, sei dabei die „treibende | |
Kraft“ gewesen, ist das Gericht überzeugt. Die anderen Männer wurden | |
bereits gesondert verurteilt. Von der Halle blieb damals nur eine Ruine und | |
ein Schaden von 3,5 Millionen Euro. | |
## Im ersten Prozess hatte Schneider gestanden | |
Die Staatsanwaltschaft hatte im jetzigen Prozess acht Jahre und drei Monate | |
Haft gefordert. Schneiders Verteidiger hatten dagegen auf Freispruch | |
plädiert. Es sei unklar, ob Schneider tatsächlich der Brandstifter war, | |
argumentierte Anwalt Sven Oliver Milke. Und wenn es berechtigte Zweifel | |
gebe, könne der Angeklagte nicht verurteilt werden. Auch Schneider selbst | |
hatte in einem früheren Gespräch mit der taz auf eine zumindest so milde | |
Strafe gehofft, dass er nicht mehr hinter Gitter müsste, weil seine | |
Haftzeit bereits verbüßt wäre. | |
Nun kommt es wohl anders. Richter Feldmann verweist in seinem Urteil vor | |
allem auf das Geständnis, das Schneider noch im ersten Prozess abgelegt | |
hatte. Er habe die noch nicht bewohnte Halle nur als „Signal“ einrußen | |
wollen, hatte der Rechtsextremist damals gesagt. Und: „Jeder sollte zu dem | |
stehen, was er gemacht hat.“ | |
Nun, im zweiten Prozess, indes schwieg Schneider. Der Richter spricht dem | |
ursprünglichen Geständnis dennoch einen „hohen Beweiswert“ zu. Feldmann | |
wendet sich direkt an Schneider: „Schön wäre es gewesen, wenn Sie auch | |
heute noch zu dem stehen würden, was Sie gemacht haben.“ | |
Schneider selbst reagiert auf die Ausführungen teils kopfschüttelnd, teils | |
grinsend, dann kramt er demonstrativ einen Hefter hervor und liest etwas. | |
Den Gerichtssaal verlässt er später schimpfend über die „verkommene | |
Justiz“. Das Gericht habe gar nicht wirklich ermittelt, wer der wahre Täter | |
des Brandanschlags gewesen sei, sagt er der taz. | |
Und wer war der wahre Täter? Schneider zuckt die Schultern: Dazu werde er | |
nichts mehr sagen, bevor das Urteil rechtskräftig ist. | |
## Ein deutliches Signal | |
Der Brandanschlag auf die Nauener Turnhalle reihte sich 2015 in [2][eine | |
bundesweite Anschlagsserie auf Asylunterkünfte] ein. Entsprechend war das | |
erste Urteil gegen Schneider denn auch ein Signal, mit neuneinhalb Jahren | |
Haft eine der bundesweit härtesten Strafen damals. Selbst die NPD schmiss | |
Schneider aus der Partei. | |
Mit dem jetzigen, erneut harten Urteil bekräftigt das Gericht sein | |
einstiges Zeichen. Ein Schlusspunkt ist aber auch jetzt noch nicht gesetzt. | |
Denn noch am Mittwoch kündigt Schneiders Verteidiger an, in Revision gehen | |
zu wollen. Der Fall könnte damit einmal mehr in die Verlängerung gehen. Und | |
Schneider bleibt so lange auf freiem Fuß. | |
2 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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