# taz.de -- Flüchtlinge in Deutschland: Gerichte korrigieren Bamf-Bescheide | |
> Über 4.000 afghanische Flüchtlinge dürfen bleiben, obwohl das Bamf ihren | |
> Antrag abgelehnt hatte. Die Gesamtzahl der Asylsuchenden steigt mäßig. | |
Bild: Gerichte haben erneut zahlreiche Entscheidungen des Bamf korrigiert | |
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 haben deutsche Gerichte 4.485 | |
afghanischen Flüchtlingen einen Schutzstatus zugesprochen – und damit in | |
deutlich mehr Fällen positiv entschieden als das Bundesamt für Migration | |
und Flüchtlinge (Bamf). Das Bamf hatte im gleichen Zeitraum nur 2.667 | |
Flüchtlingen aus Afghanistan ein Bleiberecht erteilt; die Entscheidungen | |
der Gerichte beziehen sich dabei auch auf Verfahren vor dem Jahr 2019. Das | |
ergibt sich aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der | |
Linksfraktion, die der taz vorliegt. Die Linke fordert regelmäßig aktuelle | |
Asylstatistiken bei der Bundesregierung an. | |
Erneut haben die Gerichte damit in zahlreichen Fällen Entscheidungen des | |
Bamf zum Vorteil von Flüchtlingen berichtigt. Neben [1][Menschen aus | |
Afghanistan] sind vor allem auch Syrer immer wieder davon betroffen. Ulla | |
Jelpke, innenpolitische Sprecherin der linken Bundestagsfraktion, | |
bezeichnet die aktuellen Zahlen als „Indiz für eine mangelhafte Prüfungs- | |
und Entscheidungspraxis des Bamf“. Es sei „dringend ein Kurswechsel | |
erforderlich“. | |
Wegen der instabilen Sicherheitslage in Afghanistan verlangen Grüne und | |
Linke seit Längerem, Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen. In den | |
meisten Fällen hatten Gerichte die Bamf-Entscheidungen korrigiert, weil | |
ihnen in Afghanistan eine „erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben und | |
Freiheit“ gedroht hätte. | |
Zum Stichtag 30. Juni 2019 haben in diesem Jahr bisher 37.241 Asylsuchende | |
einen Schutzstatus erhalten. Im Gesamten befinden sich laut den Angaben der | |
Bundesregierung derzeit rund 1,68 Millionen Flüchtlinge mit | |
Flüchtlingsstatus, laufendem Asylverfahren oder Duldung in Deutschland. | |
## Nur 25.671 abgelehnte Asylsuchende „ausreisepflichtig“ | |
Die Daten stammen aus dem Ausländerzentralregister. Laut dem AZR sind | |
derzeit 246.737 Personen in Deutschland „ausreisepflichtig“; diese Zahl | |
umfasst aber neben Flüchtlingen zum Beispiel auch Personen, deren Visum | |
abgelaufen ist und der Begriff bedeutet auch nicht, dass die als | |
„ausreisepflichtig“ erfassten Flüchtlinge [2][automatisch abgeschoben | |
werden können]. Nur 25.671 abgelehnte Asylsuchende sind „ausreisepflichtig“ | |
und verfügen auch über keine Duldung. | |
191.117 der sogenannten „Ausreisepflichtigen“ verfügen über eine Duldung. | |
Laut Auswertung der Links-Fraktion dürfen derzeit in 17 Prozent der Fälle | |
aus familiären oder medizinischen Gründen gar keine Abschiebung erfolgen, | |
obwohl der Asylbescheid abgelehnt wurde. Die Linkspartei kritisiert auch, | |
wie das Ausländerzentralregister die Begründungen der Duldungen erfasst. | |
Die aktuelle Auskunft der Regierung ergibt, dass die Behörden geduldete | |
Flüchtlinge nicht nach dem wichtigsten Duldungsgrund speichern. Bei etwa 42 | |
Prozent sind laut Speichergrund fehlende Papiere der Grund. Weil aber | |
mehrere Merkmale angegeben werden können, heißt das nicht automatisch, dass | |
die Abschiebung tatsächlich wegen fehlenden Dokumenten ausgesetzt ist. | |
Hinweis: In der ersten Version dieses Artikels wurde die Anzahl der | |
Asylsuchenden, die einen Schutzstatus erhalten haben, mit der Anzahl der | |
Flüchtlinge, die in diesem Jahr neu nach Deutschland gekommen sind, | |
verwechselt. Darum war es auch falsch, diese Zahl in Verhältnis mit der von | |
der Bundesregierung bestimmten „Obergrenze“ zu setzen. Die Fehler wurden | |
korrigiert. | |
26 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Abschiebung-nach-Afghanistan/!5596657 | |
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## AUTOREN | |
Simon Schramm | |
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