| # taz.de -- Leichtathletik-WM ohne Russland: Glänzen in Katar | |
| > Der Leichtathletik-Weltverband kann vor der WM in Doha mit einer klaren | |
| > Haltung gegen Doping punkten. Ein Glücksfall in einer komplizierten Lage. | |
| Bild: Verboten: Bei der WM darf die Hochspringerin Marija Lassizkene nur unter … | |
| In Katar können Sportfunktionäre eigentlich nicht punkten. Den | |
| Strippenziehern vom Leichtathletik-Weltverband ist es am Montagnachmittag | |
| in Doha nur vier Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft dennoch gelungen. | |
| Das Council des IAAF verwehrte Russland einstimmig die letzte Chance, doch | |
| noch als Nation an den Wettbewerben teilzunehmen. Lediglich 29 Russen | |
| dürfen unter neutraler Flagge starten. | |
| Der bereits im November 2015 verfügte Bann über Russland wurde | |
| aufrechterhalten. So eine klare Linie gegen das staatlich gelenkte | |
| Dopingsystem in Russland hat kein anderer internationaler Sportverband | |
| gezeigt. | |
| Besonders konsequent erscheint der IAAF im Vergleich zur | |
| Welt-Anti-Doping-Agentur, die im vergangenen Jahr die Suspendierung der | |
| russischen Anti-Doping-Agentur aufgehoben hatte, obwohl die dafür | |
| geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt waren, und jetzt wieder mit | |
| Suspendierung droht. Denn der zu spät übergebene Datensatz aus dem Moskauer | |
| Labor, der Aufschlüsse über den Umfang des russischen Staatsdopings geben | |
| soll, ist offenbar manipuliert. | |
| Im Vergleich zu den kopierten Datensätzen eines Whistleblowers, die der | |
| Wada zuvor zugespielt wurden, ergeben sich offenbar Ungereimtheiten und | |
| Hinweise auf Verschleierungen des Dopingausmaßes. Drei Wochen gibt die Wada | |
| den Russen nun Zeit, sich zu erklären. Und dennoch lässt es sich die Wada | |
| nicht nehmen, die vermutlich gefälschten Moskauer Labordaten zu loben. Man | |
| habe bei der Analyse auch „gute Fortschritte“ gemacht und 47 Dopingfälle | |
| identifiziert. Naiver kann eine Organisation, die Verbrechern auf der Spur | |
| ist, wohl kaum wirken. | |
| ## Liberale Diktatur | |
| Dem Leichtathletik-Weltverband können diese jüngsten Nachrichten wenige | |
| Tage vor der WM nur recht sein, lenken sie doch von den eigenen | |
| Schwachstellen ab. Dass die französische Justiz im Mai ein | |
| [1][Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdachts] im Rahmen der | |
| Bewerbung von Doha um die WM eingeleitet hat – unter anderen gegen den | |
| damaligen IAAF-Präsidenten Lamine Diack –, ist in Katars Hauptstadt derzeit | |
| kein Thema. | |
| Und auch die jüngste ZDF-Recherche über zwei Topathleten des kenianischen | |
| Nationalteams, die sich im Vorfeld der Titelkämpfe in Doha mit Epo gedopt | |
| haben sollen, schlägt angesichts des kolossalen russischen Dopingkomplexes | |
| nicht ganz so hohe Wellen. | |
| Der IAAF will sogar vor Ort in Katar bei der WM trotz der sportpolitisch | |
| heiklen Lage punkten. Der aktuelle Präsident Sebastian Coe hat angekündigt, | |
| er werde sich nicht gegen mögliche Proteste bei der WM wenden. Er sehe | |
| „sich nicht in der Gemütslage, Stimmen zum Schweigen zu bringen“. Von einem | |
| Verband, der mehr Mitbestimmungsrechte ermöglicht, ist der IAAF zwar noch | |
| weit entfernt. Und gerade das hatte sich die deutsche [2][Weitspringerin | |
| Malaika Mihambo] im Zuge ihrer Kritik an der WM-Vergabe an Katar gewünscht. | |
| Aber nicht in der Laune sein, Proteste zu unterdrücken, dass hört sich | |
| immerhin schon ein wenig nach einer liberalen Diktatur an. | |
| 24 Sep 2019 | |
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| [1] https://www.nzz.ch/sport/leichtathletik-wm-in-doha-katarische-sportfunktion… | |
| [2] https://www.deutschlandfunk.de/weitspringerin-mihambo-zur-leichtathletik-wm… | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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