# taz.de -- Kein WBS für Geflüchtete: Wohnungssucher zweiter Klasse | |
> Geflüchtete erhalten oft keine Wohnberechtigungsscheine. Der Berliner | |
> Flüchtlingsrat fordert eine andere Praxis. | |
Bild: Preiswerten Wohnraum fordern Teilnehmer*innen einer Demo in Berlin im Sep… | |
Der Berliner Flüchtlingsrat fordert von der Landesregierung, Geflüchtete | |
nicht länger vom Wohnberechtigungsschein (WBS) und damit vom Zugang zu | |
Sozialwohnungen auszuschließen. Derzeit haben Menschen im laufenden | |
Asylverfahren, auch wenn sie eine gute Bleibeperspektive haben, keinen | |
Anspruch auf einen WBS. Ausgeschlossen davon sind auch geduldete | |
Flüchtlinge, selbst wenn sie auf Dauer in Berlin leben, weil etwa eine | |
Abschiebung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist oder sie eine | |
sogenannte Ausbildungsduldung haben. Die ermöglicht ihnen bei erfolgreichem | |
Abschluss der Ausbildung eine Bleibeperspektive. | |
Sogar anerkannte Geflüchtete, kritisiert der Flüchtlingsrat in einer | |
vergangene Woche veröffentlichten Pressemitteilung, „erhalten in Berlin – | |
anders als in anderen Bundesländern – weiterhin keinen WBS, wenn die | |
Verlängerung ihres Aufenthaltstitels innerhalb der nächsten 11 Monate | |
ansteht“. Für viele Familien bedeute das, dass sie nie einen WBS bekommen, | |
denn die befristeten Aufenthaltserlaubnisse der einzelnen | |
Familienmitglieder endeten oft zu unterschiedlichen Zeiten. | |
Die Folge aus der Sicht des Flüchtlingsrates: Geflüchtete müssen in den | |
Sammelunterkünften verbleiben, in denen derzeit rund 22.000 Menschen leben, | |
denn der Zugang zum freien Wohnungsmarkt ist vielen aus finanziellen | |
Gründen nicht möglich. „Eine Mietwohnung bleibt vor allem für Familien mit | |
Kindern ein unerreichbarer Traum. Integrationspolitisch ist die Haltung der | |
Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) eine Katastrophe“, sagt Georg Classen | |
vom Flüchtlingsrat. Diese Praxis stehe im Widerspruch zur | |
Koalitionsvereinbarung und zu öffentlichen Äußerungen des Senats. | |
Zwei Prüfvermerke der Senatsbauverwaltung von diesem Frühjahr, die der | |
Flüchtlingsrat im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes einsehen konnte, | |
vermittelten jedoch nicht den Eindruck, dass der Senat seine Praxis ändern | |
wolle, so Classen: „Die Argumentation in beiden Vermerken vermittelt leider | |
den Eindruck, dass die zuständige Senatsverwaltung die rechtliche Prüfung | |
ausschließlich zu dem Zweck durchführt, jede Ausweitung des WBS auf weitere | |
Ausländer und Geflüchtete zu verhindern.“ Als Argument werde die geringe | |
Zahl der Sozialwohnungen in Berlin aufgeführt. | |
Ähnlich argumentiert Katrin Lompschers Sprecherin Petra Rohland auch | |
gegenüber der taz. Rund 831.000 Berliner Haushalte seien WBS-berechtigt. | |
Denen stünden nur 101.000 Sozialwohnungen entgegen. „Mit der Erteilung | |
eines WBS für Asylsuchende und Geduldete ist also das Problem nicht gelöst. | |
Wenn der Flüchtlingsrat behauptet, Berlin hätte genügend Sozialwohnungen, | |
ist er über die Wohnungssituation in Berlin einfach schlecht informiert“, | |
so Rohland. Die Koalition arbeite an dem Problem. Rohland verweist darauf, | |
dass es bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein Kontingent von | |
320 Wohnungen gibt, das ausschließlich Menschen im Asylverfahren zur | |
Verfügung gestellt wird. | |
13 Oct 2019 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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