# taz.de -- Weibliche Genitalverstümmelung: Wissenslücken und Tabus | |
> LehrerInnen oder Hebammen müssen schon in der Ausbildung über Dimension | |
> und Bedeutung weiblicher Verstümmelung geschult werden. | |
Bild: Großer Schmerz: Ein Mädchen weint nach der Beschneidung | |
Die Feststellung ist so schlicht wie entsetzlich: Weibliche | |
Genitalverstümmelung ist kein Phänomen, das vereinzelt [1][in ein paar weit | |
entfernten Ländern] passiert. Sondern eines, das Mädchen und Frauen in | |
vermutlich jeder deutschen Großstadt betrifft. Mehr als 70.000 | |
genitalverstümmelte Frauen leben in Deutschland, knapp 18.000 hierzulande | |
lebende Mädchen sind davon bedroht. | |
Und dennoch läuft die schwere Menschenrechtsverletzung weitgehend unter dem | |
Radar der Öffentlichkeit. Zum einen, weil das Thema in den betroffenen | |
Diaspora-Communitys ein enormes Tabu ist. Und zum anderen, weil auch bei | |
AnsprechpartnerInnen in Deutschland große Wissenslücken bestehen: | |
LehrerInnen, ÄrztInnen, PolizistInnen oder Hebammen sind selten darin | |
geschult, mit genitalverstümmelten Frauen respektvoll und medizinisch | |
angemessen umzugehen und bedrohte Mädchen vor dem grausamen Ritual zu | |
schützen. | |
Der Ansatz der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, mit | |
MultiplikatorInnen aus den Communitys zu arbeiten, um sowohl diese als auch | |
die AnsprechpartnerInnen in Deutschland über die Eingriffe und deren Folgen | |
aufzuklären, erscheint daher naheliegend. Dennoch sollte sich die | |
Bundesregierung nicht darauf ausruhen, dass | |
[2][Nichtregierungsorganisationen die Arbeit] übernehmen, den betroffenen | |
Mädchen und Frauen den Alltag zu erleichtern oder sie [3][vor drohender | |
Verstümmelung zu schützen.] Auch der deutsche Staat steht hier in der | |
Pflicht. | |
So braucht es mehr Geld, um Aufklärungsprojekte langfristig zu sichern. | |
Zudem müssen LehrerInnen oder Hebammen schon in der Ausbildung über | |
Dimension und Bedeutung weiblicher Verstümmelung geschult werden. Und | |
schließlich gilt dasselbe für die Justiz: Denn bislang werden drohende | |
Verstümmelungen als Asylgrund oft mit der Begründung abgelehnt, in einer | |
anderen Region ihres Heimatlandes seien die Mädchen ja geschützt – doch das | |
ist selten der Fall. Weibliche Genitalverstümmelung ist als | |
geschlechtsspezifischer Asylgrund anerkannt. Als solcher muss er in der | |
Realität auch greifen. | |
11 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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