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# taz.de -- Werbung von Abtreibungsgegner*innen: Busse und Babyflaschen
> In Gießen bewerben Evangelikale auf städtischen Bussen einen Verein, der
> ungewollt Schwangere berät. Dahinter stecken sogenannte
> Lebensschützer*innen.
Bild: Am 8. März protestierten Menschen in Leipzig gegen die Kriminalisierung …
Berlin taz | Einen „positiven Beitrag“ wolle man in der Debatte um den
Paragrafen 219a Strafgesetzbuch leisten, schreibt das evangelikale Netzwerk
Evangelische Allianz Gießen auf seiner Webseite. Dieser Beitrag besteht
darin, 219 Babyfläschchen in Gießener Kirchen und Gemeinden zu verteilen –
und mit großen Bildern für eine umstrittene Organisation zu werben, die in
der Kritik steht, ungewollt Schwangere einseitig zu beraten.
Seit Anfang September prangt die Werbung auf drei Stadtbussen, noch bis
Februar sollen sie für den Verein Pro Femina werbend durch die hessische
Stadt fahren. Zu sehen ist eine junge Frau, die zu Boden schaut. Daneben
steht: „Ungewollt schwanger? Hilfe für eine gute Entscheidung“ und eine
Webseite sowie eine Telefonnummer.
Nur: Im Dezember vergangenen Jahres hatte [1][Buzzfeed nach einer Recherche
berichtet], die Beratung von Pro Femina sei „nicht ergebnisoffen“ und
„manipulativ“. Einer verdeckten Reporterin sei finanzielle Unterstützung
angeboten worden, wenn sie sich gegen eine Abtreibung entscheide. Auch sei
diese nach ihrem Beratungstermin unaufgefordert weiter per Mail kontaktiert
worden. Auf konkrete Fragen zu einem Schwangerschaftsabbruch und auf ihre
Zweifel sei hingegen nicht eingegangen worden.
[2][Pro Femina gehört zum Spektrum der sogenannten
Lebensschutzorganisationen]. Auf der Webseite des Vereins wird sehr
deutlich, dass man dort Schwangerschaftsabbrüche für die falsche Wahl hält.
In einem „Pro und Contra“ etwa wird auf Sorgen wie Überforderung mit Sätz…
reagiert wie: „Die Liebe für und Vorfreude auf das Baby kommt bei vielen
Schwangeren erst im Laufe der Schwangerschaft“, oder: „Der absolut richtige
Zeitpunkt für ein Kind kommt vielleicht nie, aber man kann sich getrost
dann auf das ‚Abenteuer Baby‘ einlassen, wenn es ins Leben tritt.“
## Kein Beratungsschein
Pro Femina ist anders als etwa Pro Familia oder der katholisch geprägte
Verein Donum Vitae keine staatlich anerkannte Beratungsstelle – nur diese
sind gesetzlich zu einer ergebnisoffenen Beratung verpflichtet. Aber auch
nur diese dürfen den Beratungsschein ausstellen, den ungewollt Schwangere
brauchen, wenn sie sich für eine Abtreibung entscheiden.
Dass sie diesen in den Beratungsstellen nicht bekommen, ist auf der
Webseite von Pro Femina nur bei sehr genauer Suche ersichtlich. Auch im
Gespräch sei dieser Umstand erst spät aufgeklärt worden, berichtete
Buzzfeed. Dem Portal wurde außerdem berichtet, dass mehrere Frauen, die
eigentlich einen solchen Schein brauchten, „irrtümlich“ in eine Beratung
von Pro Femina gekommen seien.
Dass diese Werbung ausgerechnet in Gießen durch die Stadt gefahren wird,
ist sicher kein Zufall. Nicht nur sind evangelikale Netzwerke dort stark –
dort befindet sich auch die Praxis der Gießener Ärztin Kristina Hänel, die
zum Gesicht des Kampfes gegen den Paragrafen 219a geworden ist. 2017 wurde
sie verurteilt, weil sie auf ihrer Webseite darüber informiert hatte, dass
und wie sie Schwangerschaftsabbrüche durchführt – was nach Paragraf 219a
als unerlaubte „Werbung“ für Abtreibungen gilt.
Unter hessischen Feminist*innen, aber auch darüber hinaus hat die Aktion
der Evangelischen Allianz Gießen heftige Kritik hervorgerufen. Es sei
„unerträglich, dass eine bekanntermaßen dem fundamentalistisch-christlichen
Spektrum zugehörige Beratungsorganisation sich erdreistet, so zu werben“,
heißt es etwa [3][aus der Solidaritätsgruppe um Kristina Hänel]. Die
Linken-Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring sagte der taz, die
Werbekampagne sei eine „Provokation“ und eine „Kampfansage an all die, die
für eine Streichung des Paragrafen 219a kämpfen.“ Dass die Aktion gerade in
Gießen stattfinde, solle wohl eine „persönliche Botschaft“ an Kristina
Hänel sein. „Das ist gelinde gesagt ekelhaft“, sagte Möhring.
[4][Wie der Gießener Anzeiger berichtete], erklärte die
Stadtwerke-Dezernentin Astrid Eibelshäuser (SPD), dass die Vertragslage „im
Hinblick auf die Möglichkeit der vorzeitigen Vertragsauflösung“ geprüft
würden. Unternehmenssprecherin Ina Weller ergänzte, Mietanfragen für
Werbung, die offensichtlich weder anstößig noch gesetzeswidrig sei, könnten
nicht ohne Weiteres abgelehnt werden.
16 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.buzzfeed.com/de/julianeloeffler/schwanger-profemina-beratung-ab…
[2] /Interview-mit-feministischer-Autorin/!5613711
[3] https://solidaritaetfuerkristinahaenel.wordpress.com/2019/09/15/fake-beratu…
[4] https://www.giessener-allgemeine.de/giessen/giessenhessen-wirbel-diese-werb…
## AUTOREN
Dinah Riese
## TAGS
Kristina Hänel
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Christliche Fundamentalisten
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Schwangerschaft
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