# taz.de -- Rücktritt bei der EZB: Fehlbesetzung Lautenschläger | |
> Dass Sabine Lautenschläger ihr Amt in der EZB niedergelegt hat, ist nicht | |
> schade. Sie hat ihre Aufgabe sowieso nie verstanden. | |
Bild: Sabine Lautenschlaeger: Ehemals Mitglied im EZB-Direktorium | |
Es ist ein Imageschaden für die Europäische Zentralbank: Das deutsche | |
Mitglied im Direktorium, [1][Sabine Lautenschläger, gibt sein Amt auf]. | |
Offiziell werden keine Gründe genannt, aber inoffiziell ist klar, dass sie | |
gegen die Geldpolitik von EZB-Chef Mario Draghi protestieren will. | |
Draghi hatte kürzlich durchgesetzt, dass ab November erneut Anleihen | |
aufgekauft werden: [2][20 Milliarden Euro sollen pro Monat investiert | |
werden]. Zudem wurden die Strafzinsen für die Banken verschärft. Auf | |
Guthaben bei der Europäischen Zentralbank müssen die Institute künftig 0,5 | |
Prozent Zinsen zahlen, bisher waren es 0,4 Prozent. | |
Durch Deutschland ging ein Aufschrei. Wieder war die Rede davon, dass die | |
Sparer „enteignet“ würden, weil sie keine Zinsen mehr erhalten. Die Banken | |
klagten, dass sie demnächst alle pleite sein könnten, und viele | |
Bundesbürger glaubten einmal mehr, dass Deutschland „der Zahlmeister | |
Europas“ sei. Die Bundesbank und auch Lautenschläger selbst taten alles, um | |
diese Hysterie anzufachen, indem sie sich als Kritiker von Draghi in Szene | |
setzten. | |
Doch diese kollektive Aufregung ist völlig übersteigert. Draghi ist kein | |
„Graf Draghila“, wie ihn die Bild-Zeitung nannte, der die Deutschen | |
aussaugt. Seine Geldpolitik wird von der Mehrheit im EZB-Rat getragen und | |
ist ein Kompromiss: Zwar zahlen die Banken jetzt einen Strafzins von 0,5 | |
Prozent – aber neuerdings gelten so viele Ausnahmen, dass die Institute in | |
der Summe weniger Euro an die EZB abführen als zuvor. Auch die Anleihekäufe | |
sind bescheiden: Es gab Zeiten, da gab die EZB 60 Milliarden pro Monat aus, | |
um die Wirtschaft in der Eurozone anzukurbeln. | |
Vor allem aber sei daran erinnert: Die deutsche Konjunktur ist keineswegs | |
so robust, wie Lautenschläger und die Bundesbank glauben machen. Im zweiten | |
Quartal schrumpfte die hiesige Wirtschaft sogar leicht, und die Stimmung in | |
den Chefetagen ist mies. Es gibt also überhaupt keinen Spielraum, um die | |
Zinsen zu erhöhen. | |
Was richtig ist: Draghis Geldpolitik war nicht besonders effektiv. Zwar | |
konnte die EZB verhindern, dass die Eurozone kollabiert, aber richtig in | |
Schwung kam die europäische Wirtschaft nie. | |
Dies weiß niemand besser als Draghi selbst. In jeder Rede betont er es | |
erneut: Die Macht der Zentralbank ist begrenzt. Ihre Zinspolitik kann nur | |
wirken, wenn die starken Eurostaaten mitziehen. Vor allem an Deutschland | |
hat Draghi immer wieder appelliert: Die hiesigen Löhne müssten stärker | |
steigen, und die Bundesregierung müsse mehr investieren. Bekanntlich kam | |
es anders. SPD-Finanzminister Olaf Scholz [3][besteht auch weiter auf einer | |
„schwarzen Null“]. | |
Lautenschläger hätte also nicht Draghi attackieren sollen – sondern Scholz. | |
Ihr Rücktritt zeigt, dass sie ihre Aufgabe nie verstanden hat. Insofern ist | |
es nicht schade, dass sie nun geht. Sie war sowieso eine Fehlbesetzung. | |
26 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Querelen-bei-der-EZB/!5630133 | |
[2] /EZB-erhoeht-Strafzinsen/!5622589 | |
[3] /Bundestag-beschliesst-Rekordhaushalt/!5552777 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
## TAGS | |
Europäische Zentralbank | |
Mario Draghi | |
Schwarze Null | |
Mario Draghi | |
EZB | |
EZB | |
EZB | |
Haushalt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
EZB-Chef über seine Amtszeit: „Intensiv und tief“ | |
Mario Draghi verabschiedet sich von der Europäischen Zentralbank. Er gibt | |
den Deutschen ein paar Ratschläge mit – und dem Rest den Tipp, nie | |
aufzugeben. | |
Rückzug von Sabine Lautenschläger: Eine deutsche EZB-Tradition | |
Erneut schmeißt ein deutsches Direktoriumsmitglied vorzeitig hin. Auch | |
Sabine Lautenschläger war gegen die ultralaxe Geldpolitik von Mario Draghi. | |
Querelen bei der EZB: Direktorin tritt zurück | |
Sabine Lautenschläger hatte die lockere Geldpolitik der Zentralbank | |
kritisiert. Und sich damit gegen den Kurs von EZB-Chef Mario Draghi | |
gestellt. | |
EZB erhöht Strafzinsen: Zentralbank verschärft Krisenmodus | |
Die Europäische Zentralbank legt bei Strafzinsen zu und setzt erneut auf | |
Milliarden-Anleihenkäufe. Präsident Trump sieht einen „Schaden für | |
US-Exporte“. | |
Bundestag beschließt Rekordhaushalt: Noch steht die „schwarze Null“ | |
Nach hitzigen Debatten beschließt der Bundestag mit der Mehrheit der Groko | |
den Haushalt 2019. Und damit soviel wie nie zuvor. |