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# taz.de -- „Cumhuriyet“-Journalisten frei: Korrekturen der Justiz
> Fünf Journalisten der türkischen Zeitung „Cumhuriyet“ wurden nach
> jahrelangen Verfahren freigelassen. Auch in anderen Fällen gibt es
> Freisprüche.
Bild: Endlich frei: Unter den nun aus der Haft entlassenen Personen ist auch Ka…
Der bekannte Karikaturist Musa Kart, und die vier Journalisten Guray Öz,
Önder Çelik, Mustafa Kemal Güngör und Hakan Kara wurden gestern Abend in
Kocaeli, einer Stadt rund 100 km nordwestlich von Istanbul, von ihren
Angehörigen und Freunden vor dem Gefängnis in Empfang genommen. Auch wenn
nach dem Urteil des Berufungsgerichtes nun noch einmal wieder eine untere
Instanz zustimmen muss, gilt das als Formalität. Die fünf werden nicht
wieder ins Gefängnis müssen. Trotzdem dürfen sie zur Zeit das Land nicht
verlassen. Das Gericht hat eine Ausreisesperre verhängt.
Die fünf jetzt freigelassenen Journalisten gehören zu den insgesamt 17
Cumhuriyet-Kollegen, gegen die im Anschluss an den Putschversuch gegen
Präsident Erdogan im Juli 2016 [1][ein jahrelanger Prozess] geführt wurde.
Sie sollen sowohl den Sektenführer Fetullah Gülen, den Erdogan für den
Drahtzieher des Putsches ansieht, wie auch die kurdische PKK publizistisch
unterstützt haben. Beides waren von vorneherein unhaltbare Vorwürfe. Der
gesamte Prozess diente als Musterprozess, um alle kritischen Journalisten
in der Türkei einzuschüchtern.
Der Prozess [2][endete in der ersten Instanz] im April 2018. Von den 17
Angeklagten wurden 14 zu Haftstrafen zwischen drei und acht Jahren
verurteilt. Der ehemalige Chefredakteur Can Dündar hatte noch vor dem
Verfahren nach Deutschland flüchten können. Die prominentesten Verurteilten
sind der damalige Chefredakteur Murat Sabuncu, der damalige Herausgeber
Akın Atalay und der Investigativ-Journalist Ahmet Şık.
Von den 14 Verurteilten mussten sechs im April dieses Jahres ihre Haft
antreten, von denen fünf jetzt vorzeitig entlassen wurden. Die acht anderen
blieben auf freiem Fuß, weil sie Berufung vor dem Verfassungsgericht
einlegen konnten. Auch für diese Kollegen dürfte das Urteil des
Berufungsgerichtes Signalcharakter haben. Sie können mit einer erheblichen
Abmilderung ihrer Strafe rechnen.
Das gestrige Urteil des Berufungsgerichtes reiht sich ein in eine ganze
Serie von Gerichtsentscheidungen, mit denen die politisch motivierten
Prozesse im Anschluss an den Putschversuch nun Schritt für Schritt
korrigiert oder abgemildert werden. So hatte das Verfassungsgericht vor
knapp zwei Monaten bereits entschieden, dass die gesamten Prozesse gegen
über tausend Akademiker, die sich in einer Petition für die Wiederaufnahme
von Friedensverhandlungen mit der PKK eingesetzt hatten, verfassungswidrig
sind und die Betroffenen freigesprochen werden müssen. In über 450
Verfahren erfolgen seitdem sukzessive Freisprüche.
## Bewegung richtung Rechtsstaatlichkeit
Auch die Entscheidung eines Gerichts in Ankara, den früheren Vorsitzenden
der kurdischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtaş, nach drei
Jahren aus der Untersuchungshaft zu entlassen passt zu diesem neuen Kurs.
Zwar ist Demirtaş noch nicht entlassen worden, weil er in einem anderen
Verfahren bereits verurteilt ist. Aber sein Anwalt ist zuversichtlich, dass
die Untersuchungshaft demnächst damit verrechnet wird.
„Terror-Urteile“ gibt es nach wie vor, etwa gegen Canan Kaftancıoğlu,
CHP-Vorsitzende von Istanbul, die wegen einiger alter Tweets zu knapp 10
Jahren Haft verurteilt wurde, doch insgesamt bewegt die türkische Justiz
sich langsam wieder in Richtung mehr oder weniger rechtsstaatlicher
Verfahren.
13 Sep 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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Pressefreiheit in der Türkei
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