# taz.de -- Davutoğlu verlässt Regierungspartei: Um Erdoğan wird es noch lee… | |
> Er war sein Weggefährte, dann distanzierten sie sich. Jetzt hat der | |
> ehemalige türkische Regierungschef seinen Austritt aus der AKP verkündet | |
> – und will noch weiter gehen. | |
Bild: Bay bay, Erdoğan: Ahmet Davutoğlu und seine Gang | |
Istanbul dpa | Der [1][ehemalige türkische Ministerpräsident Ahmet | |
Davutoğlu] ist aus der Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip | |
Erdoğan ausgetreten. Davutoğlu kündigte am Freitag bei einer | |
Pressekonferenz in Ankara zugleich die Gründung einer neuen Partei an. Es | |
sei sowohl eine „historische Verantwortung als auch eine Notwendigkeit“, | |
eine „neue politische Bewegung aufzubauen“. Er lade jeden, „dessen Herz f… | |
die Zukunft dieses Land schlägt“, zur Zusammenarbeit ein. | |
Der 60-Jahre alte Politiker war von 2014 bis 2016 selbst AKP-Chef, wurde | |
aber nach Auseinandersetzungen mit Erdoğan teilweise entmachtet und trat | |
2016 auch als Ministerpräsident zurück. Er hatte seiner Partei zuletzt | |
mehrfach vorgeworfen, sich von ihren Grundprinzipien zu entfernen. | |
Unter anderem hatte er die Annullierung der Bürgermeisterwahl in der | |
Millionenmetropole Istanbul im März kritisiert. Die AKP hatte die Wahl | |
damals verloren. Bei der Wahlwiederholung im Juni, die auf Druck aus der | |
Regierungsspitze hin zustande kam, [2][gewann der Oppositionskandidat Ekrem | |
Imamoğlu ein zweites Mal.] | |
Am Freitag sagte Davutoğlu, die AKP-Führung sehe „jede gut gemeinte Kritik | |
und Empfehlung als Verrat und Feindseligkeit“, deshalb gebe es keine | |
Möglichkeit mehr, die „Grundsätze und Ziele, für die wir in unserem | |
politischen Leben eintreten, in der AK-Partei umzusetzen“. | |
Davutoğlu hielt die Pressekonferenz zusammen mit den ehemaligen | |
AKP-Abgeordneten Selcuk Özdağ, Abdullah Basci und Ayhan Sefer Üstün, die | |
ebenfalls aus der AKP austraten. Ihre Entscheidung fiel inmitten von | |
Zerfallserscheinungen in der mächtigsten Partei des Landes. Medien | |
berichten seit Monaten, [3][dass einige Persönlichkeiten in der AKP | |
unzufrieden mit dem Kurs von Präsident Erdoğan sind]. | |
## Der Präsident is not amused | |
Im Juli war bereits Ex-Vize-Ministerpräsident Ali Babacan aus der Partei | |
ausgetreten, die er mitbegründet hatte. Es hätten sich Gräben aufgetan | |
zwischen den Grundsätzen, an die er glaube, und dem Vorgehen der Partei, | |
schrieb Babacan damals in einem von Medien zitierten Brief. Auch Babacan | |
will Berichten zufolge eine neue Partei gründen. Es gehe auch darum, den | |
Ruf des Landes zu verbessern, schrieb er im Juli. „Menschenrechte, | |
Freiheiten, fortschrittliche Demokratie und Rechtshoheit sind unsere | |
unerlässlichen Grundsätze.“ | |
Zudem gibt es Gerüchte, dass Ex-Präsident Abdullah Gül eine Splitterpartei | |
gründen oder sich einer neuen Partei anschließen könnte. Gül gilt als | |
Partei-Grande, ist aber Experten und der AKP-Pressestelle zufolge nicht | |
mehr AKP-Mitglied, seit er 2007 wie damals vorgeschrieben ausgetreten war, | |
um Präsident zu werden. | |
Erdoğan hat mehrfach gegen die internen Widersacher gewütet. „Die Arbeit | |
einiger Leute aus dem Inneren (der Partei) ist schwer zu schlucken“, sagte | |
er zum Beispiel Ende April bei einem Parteitreffen. „Wir werden sie zur | |
Rechenschaft ziehen, wenn die Zeit gekommen ist.“ Für ihn könnten | |
Splitterparteien Machtverlust bedeuten. AKP-Politiker werfen den | |
Dissidenten vor, nur anzutreten, um Erdoğans Chancen bei Wahlen zu | |
schmälern. | |
Mit der Pressekonferenz kamen Ahmet Davutoğlu und die anderen drei | |
AKP-Mitglieder am Freitag einem Parteiausschlussverfahren zuvor, das der | |
AKP-Vorstand unter der Leitung von Erdoğan Anfang September einstimmig | |
beschlossen hatte. | |
13 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Amtsverzicht-Ministerpraesident-Davutolu/!5298862 | |
[2] /Wahlsieg-in-Istanbul/!5602388 | |
[3] https://www.ft.com/content/337808c4-b1f9-11e9-8cb2-799a3a8cf37b | |
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