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# taz.de -- TV-Debatte der US-Demokraten: „Das ist Amerika“
> Beim dritten TV-Duell der US-Demokraten bleibt Joe Biden Favorit unter
> den Präsidentschaftskandidaten. Den größten Applaus erhält aber ein
> anderer.
Bild: Biden (r.) hat im Sommer mit einer Serie von verbalen Ausrutschern für A…
New York taz | Warum Joe Biden immer noch das demokratische
KandidatInnenfeld anführt – wenngleich bei schrumpfender Beliebtheit – ist
ein Rätsel. Bei der dritten Präsidentschaftsdebatte seiner Partei am
Donnerstagabend in Houston hat Biden mehr Redezeit als alle neun anderen.
Aber er bleibt seltsam vage und konturlos. Biden verhaspelt sich. Er feixt
herum. Er gibt nur in Ausnahmefällen klare Antworten.
Und er übernimmt keine Verantwortung für seine Fehlentscheidungen in der
Vergangenheit: von seiner Zustimmung zum Irak-Krieg über den Ausbau der
Mauer an der Südgrenze bis zu der Verschärfung der Strafjustiz, die
Millionen hinter Gitter brachte. Bidens Programm ist der mantrahaft
wiederholte Satz: „Obama war ein großartiger Präsident“. Als dessen
wichtigste Errungenschaften preist Biden die Gesundheitsreform und
verspricht, dass er daran als Präsident weiter arbeiten wird. Auf die
Massenabschiebungen unter Obama angesprochen, versteckt Biden sich hinter
seinem Ex-Boss: „Ich war nur der Vizepräsident“.
Während Biden an den alten Rezepten der Demokratischen Partei festhält,
diskutieren die meisten anderen KandidatInnen seiner Partei längst über
neue Wege. Dazu gehören insbesondere die beiden linken KandidatInnen,
[1][Elizabeth Warren und Bernie Sanders], die an diesem Donnerstagabend
rechts und links von Biden sitzen. So wie es jetzt aussieht, wird eineR aus
diesem Trio die/der KandidatIn. Die beiden Linken sind nah an Biden
herangerückt. Dabei ist der ursprünglich stärkere Sanders inzwischen in
mehreren Umfragen von Warren eingeholt worden.
Sowohl Warren als auch Sanders wollen die privaten Krankenversicherungen
ganz abschaffen und durch eine staatliche Krankenversicherung für alle
ersetzen, die sie aus höheren Abgaben für SpitzenverdienerInnen finanzieren
wollen. Als Sanders die Kostenexplosion im US-Gesundheitswesen kritisiert
und beklagt, dass Medikamente und Behandlungen in den USA doppelt so teuer
sind wie in Kanada und anderen Industrieländern, unterbricht ihn Biden mit
der Bemerkung: „Das ist Amerika“.
Im Gegensatz zu Biden wollen Warren und Sanders auch die Gebühren für
öffentliche Universitäten abschaffen. Sie wollen die Studienschulden
streichen, die Millionen von US-AmerikanerInnen bis ins fortgeschrittene
Alter belasten und sie wollen die Einwanderungspolitik reformieren.
Auch in der Handelspolitik divergieren sie. Biden hat die
Freihandelsverträge mitgetragen, die Millionen von Arbeitsplätzen in den
USA zerstört haben. Sanders hat immer dagegen gehalten und Handelsverträge
verlangt, die gerechte Löhne, Arbeitsbedingungen und Gesundheits- und
Umweltregeln beinhalten. Jetzt verstärkt ihn Warren in dieser Position.
## Tiefschlag gegen Bidens Vergesslichkeit
Während sich die demokratische Basis in den letzten Jahren – verstärkt
durch die Präsidentschaft Trumps – nach links bewegt hat, hält der
demokratische Parteiapparat an einer zentristischen Linie fest. 2016 hatte
das zu der Kandidatur von Hillary Clinton geführt, die es nie geschafft hat
die Parteilinke zu überzeugen und so letztlich Trump zum Wahlsieg verhalf.
Dieses Mal soll es Biden sein, der jahrzentelang mit beiden Clintons
zusammengearbeitet hat. Der Parteiapparat glaubt, dass der 77-jährige Biden
der richtige Mann ist, um Trump zu schlagen und um „moderate“
republikanische WählerInnen zu den DemokratInnen zurückzuholen. Trump hat
Biden bereits mit dem Spitznamen „Sleepy Joe“ versehen.
14 Monate vor den Präsidentschaftswahlen ist das KandidatInnenfeld bei den
DemokratInnen um die Hälfte geschrumpft. Aber an diesem Donnerstag in
Houston sind es immer noch zehn. Einige haben ihre Kandidatur offiziell
beendet, andere hoffen, dass sie vor der nächsten Debatte genug Geld
sammeln können, um sich für eine Teilnahme zu qualifizieren. Bis zu den
Primaries, die Anfang 2020 beginnen, werden sie die Öffentlichkeit
weiterhin im monatlichen Rhythmus mit live übertragenen Debatten
behelligen.
Während die drei an der Spitze um Höflichkeit bemüht sind, spricht einer
vom Rand Klartext. Der texanische Kandidat Julián Castro, der ehemalige
Wohnungsbauminister unter Obama und der einzige Latino im Rennen, hat Biden
schon früher mit den Widersprüchen seiner Einwanderungspolitik
konfrontiert. In der TV-Debatte hält der 44-jährige Texaner dem
Vizepräsidenten in einem persönlichen Tiefschlag dessen Vergesslichkeit
vor.
Ein ganz anderer Alleingang kommt von dem Geschäftsmann Andrew Yang. Er
erklärt, dass er zwölf „amerikanische Familien“ sucht, denen er im nächs…
Jahr monatlich 1.000 Dollar „Freedom Dividend“ überweisen will. Das Geld
soll aus seinem Wahlkampfetat kommen. Eine derartige Zahlung an Wähler ist
nie dagewesen, aber sie scheint legal zu sein, da sie keine Verpflichtung
enthält, für Yang zu stimmen.
„Keine Schimpfworte“, hatten die ModeratorInnen von den KandidatInnen in
Houston verlangt. Die DiskutantInnen halten sich daran. Wenn es um Donald
Trump geht, sind sich all einig. Sie nennen ihn „sprunghaft“, „gefährlic…
„rassistisch“ und einen „kleinen Mann“.
[2][Kandidat Beto O'Rourke wird deutlich], als es um Schusswaffen geht:
„Verdammt nochmal: Ja. Wir werden den Leuten ihre AR-15 und AK-47
wegnehmen.“ O'Rourke ist Kandidat aus El Paso, wo im August [3][ein weißer
Rassist 22 Menschen erschossen hat]. Für seine klaren Worte bekommt er den
lautesten und längsten Applaus des drei zähe Stunden langen Abends.
13 Sep 2019
## LINKS
[1] /US-Demokraten-im-Vorwahlkampf/!5614962
[2] /Texaner-kandidiert-zur-US-Wahl/!5580828
[3] /Nach-Attentaten-von-El-Paso/!5625918
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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