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# taz.de -- Vorwahlkampf der US-Demokraten: Etwas „Liebe“ und zwei alte Mä…
> In der zweiten TV-Runde der demokratischen Bewerber für die
> US-Präsidentschaft gab es hitzige Debatten. Auch Generationenkonflikte
> wurden sichtbar.
Bild: Sind nicht mehr die Jüngsten: Joe Biden (r.) und Bernie Sanders
NEW York taz | In der zweiten TV-Debatte der demokratischen
PräsidentschaftsbewerberInnen ging es am Donnerstagabend zum Teil hoch her.
Die beiden alten Männer in der Mitte der KandidatInnen-Runde, Bernie
Sanders und Joe Biden, waren von acht MitbewerberInnen umgeben. Die meisten
von ihnen hätten ihre Kinder sein können. Sanders und Biden hatten zuvor in
Umfragen am besten abgeschnitten. Ihre KonkurrentInnen arbeiteten sich an
ihnen ab. Sie hielten Ex-Vizepräsident Biden seine Stimme für den
Irak-Krieg im Jahr 2003, seine in der vergangenen Woche gehaltene Lobrede
auf die zivilen Umgangsformen von weißen rassistischen Senatoren aus den
Südstaaten und die Massenabschiebungen unter der Obama-Regierung vor.
Gegenüber Sanders, der seit den letzten Präsidentschaftswahlen der Star der
Parteilinken ist, waren sie ein wenig milder. Alle KandidatInnen benutzten
Versatzstücke aus Sanders Slogans und manche warfen Sätze in die Debatte
wie: „Bernie hat recht“. Doch mehrere distanzierten sich ausdrücklich von
Sanders' demokratischem Sozialismus, weil der angeblich die WählerInnen
verschreckt.
„Dies ist unser Moment. Wir sind bereit, zu führen“, sagte der 38jährige
kalifornische Abgeordnete Eric Swalwell, der sich mit einem Programm gegen
die Schusswaffengewalt und für die Streichung der Schuldenlast ehemaliger
StudentInnen für die US-Präsidentschaft bewirbt. Dann beschrieb er einen
Moment, als er selbst sechs Jahre alt war und Senator Biden auf einem
demokratischen Parteitag in Kalifornien postulierte: Wir müssen die Fackel
an die nächste Generation weitergeben. 34 Jahre später stand der inzwischen
76jährige Biden ein paar Pulte von ihm entfernt und blieb eine Antwort auf
die Frage schuldig, warum er sich weiterhin an die Fackel klammert.
Der härteste Schlag gegen Biden kam von der ehemaligen kalifornischen
Justizministerin und jetzigen Senatorin, Kamala Harris, 54. Die einzige
Afroamerikanerin in der Runde sagte am Donnerstagabend direkt zu Biden:
„Ich glaube nicht, dass Du ein Rassist bist. Aber es war persönlich und
verletzend, dass Du zwei Politiker, die ihre Karriere mit der Segregation
gemacht haben, gelobt hast.“
## Ein kleines Mädchen im Schulbus
Dann erinnerte sie an eine weit zurückliegende andere Episode aus der
Karriere von Biden, als der sich in den 70er Jahren gegen das „Bussing“
aussprach, mit dem afroamerikanische Schulkinder per Bus in andere
Stadtteile gefahren wurden, um die Segregation an den Schulen zu beenden.
„Damals fuhr ein kleines Mädchen in Kalifornien mit dem Bus zur Schule“,
erzählte Harris, „das kleine Mädchen war ich“. Es war der intensivste
Moment in einer zwei Stunden langen, und oft hitzigen und aggressiven
Debatte.
Während Biden nichts zu dem Generationenkonflikt sagte, ging Sanders offen
auf das Thema ein. „Der Schwerpunkt sollten die Positionen sein, wofür wir
stehen, und nicht unser Alter oder unsere sexuelle Orientierung“, sagte der
77jährige. Die entscheidende Frage sei, fügte er hinzu, wer den Mut habe,
bei der „Wall Street, der Mineralölindustrie und dem
militärisch-industriellen Komplex“ durchzugreifen.
Die zweite Runde der demokratischen PräsidentschaftsbewerberInnen in Miami
war härter und konfrontativer als [1][die vorausgegangene am Abend zuvor].
Möglicherweise lag es daran, dass in der TV-Debatte zuvor nur ein
Politstar, Elizabeth Warren, und neun KandidatInnen mit minimalen Chancen
auf eine Nominierung saßen. Möglicherweise waren die Unterbrechungen und
Zwischenrufe und die gelegentlichen persönlichen Kritiken aber auch eine
Lehre aus dem Vorabend, als die Debatte zum Ende hin langatmig wurde und
das TV-Publikum wegzappte.
Doch wie am Vorabend standen auch am Donnerstag Fragen von ökonomischer
Gerechtigkeit, von Klima- und Einwanderungspolitik, von
Schusswaffenkontrolle und dem Recht auf Abtreibung im Zentrum.
## Keine Einigkeit über das Wie
Sämtliche DemokratInnen wollen gegen die Kosten der Gesundheitsversorgung –
die in den USA ein Vielfaches höher als in anderen Industrienationen sind –
und gegen die systematische Aushöhlung von „Obamacare“ unter Präsident
Donald Trump vorgehen. Doch über das Wie sind sie uneinig. Während Sanders
eine staatliche Krankenversicherung für alle einführen will, wollen die
zentralistisch orientierten DemokratInnen an einem dualen System
festhalten, das auch weiterhin private Krankenversicherungen enthält.
Uneinig sind sich die DemokratInnen auch über die Konturen ihrer
Einwanderungspolitik. Bei der Debatte verurteilten sie einhellig die
Trennung von Familien, das Einsperren von Kindern und die Aushöhlung des
Asylrechts an der Südgrenze. Aber nur die linken KandidatInnen stimmten am
Donnerstag einem Vorschlag zu, den am Vorabend der ehemalige
Wohnungsbauminister Julian Castro gemacht hatte. Er will
Grenzüberschreitungen ohne Dokumente entkriminalisieren. Von einer
„Straftat“, die das Leben von Papierlosen in den USA überschattet und die
als Begründung für Abschiebungen benutzt wird, will er sie zu einer
Ordnungswidrigkeit herabstufen.
Die Außenpolitik spielte, wie schon am ersten Debattenabend, nur eine
untergeordnete Rolle. An ihrem ersten Amtstag im Weißen Haus wollen die
meisten der KandidatInnnen zum Pariser Klimaabkommen zurückkehren, das
Trump gekündigt hat. Doch in anderen Fragen gehen ihre außenpolitischen
Anliegen weit auseinander. Biden und Harris wollen als erstes die
Beziehungen zu den Nato-Partnern verbessern. Sanders will hingegen die
Vereinten Nationen stärken. Eindeutig gegen Krieg sprach sich nur Sanders
aus. Er will Saudi-Arabien die US-Unterstützung im Krieg in Jemen entziehen
und einen Iran-Krieg verhindern, der „schlimmer werden würde als der im
Irak“.
Nachdenkliche Worte kamen in der aufgeregten zweiten Debattenrunde vor
allem von einer kompletten Außenseiterin, die noch nie eine politische
Position innehatte und sich von den Meinungsumfragen weitgehend ignoriert
jetzt als Präsidentin der USA bewirbt. Am Donnerstag sagte die „spirituelle
Lehrerin“ Marianne Williamson, dass politische Pläne allein nicht
ausreichen würden, um das Weiße Haus zu erobern. „Trump hat tief in die
amerikanische Psyche hinein gegriffen“, sagte die 66-Jährige in der
Debatte. Dagegen könne nur „Liebe“ etwas bewirken.
28 Jun 2019
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## AUTOREN
Dorothea Hahn
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