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# taz.de -- Waldgipfel von Julia Klöckner: Welche Zukunft hat der Wald?
> Julia Klöckner lädt zum Waldgipfel. Neben akuter Krisenbewältigung geht
> es um die Frage, wie es mit den Forsten weitergeht.
Bild: Dem Nationalpark Harz haben Trockenheit, Stürme und Käfer besonders zug…
Berlin taz | Die Probleme sind gewaltig: Mehr als ein Prozent des deutschen
Waldes hat den Sommer mit [1][Hitze], Dürre und Borkenkäfer nicht überlebt.
180.000 Hektar von 11,4 Millionen Hektar sind abgestorben und kahl. Darum
hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch zum
großen Waldgipfel eingeladen, über 200 Experten suchen nach dem Wald der
Zukunft.
Die Antworten Klöckners in ihrem Diskussionspapier klingen erst mal banal:
Der Bund verlängert die zeitlich befristete Erhöhung der zulässigen
Gesamtgewichte für Holz-Lkws von 40 auf 44 Tonnen. Kleinprivatwaldbesitzer
sollen in ihrer Verkehrssicherungspflicht unterstützt werden, und das
Ministerium mahnt in seinem Papier an, bei der Beseitigung von Schadholz
der Arbeitssicherheit eine hohe Priorität beizumessen.
Das ist der akuten Not im Forst geschuldet, mit mehr als 70.000 Festmeter
Schadholz, die sich auf einem zusammengebrochenen Holzmarkt kaum noch
verkaufen lassen, mit Kosten für Beräumung und Wiederaufforstung von rund
einer Milliarde Euro.
## Der Borkenkäfer hat sich ausgebreitet
Ein Beispiel: Der Wald des Kreises Herzogtum Lauenburg im Süden
Schleswig-Holsteins. Von den rund 8.000 Hektar Wald sind schätzungsweise 25
Hektar kahl gefallen, berichtet der Leiter der Kreisforsten, Hennar
Niemann. „Das klingt nicht viel“, sagt er, „aber für uns ist das eine ne…
Dimension.“ Auch im Norden war es in diesem Jahr viel zu trocken, der
Wasserstand von Seen und Mooren zu niedrig. Zudem habe der Borkenkäfer sich
ausgebreitet.
Auf die kahlen Flächen habe man bislang drei Antworten: Sämlinge, die schon
unter dem Totholz wüchsen, würden geschützt; Sukzession, also die
natürliche Entstehung von Wald, zugelassen. „Und wir müssen aktiv
anpflanzen“, sagt Niemann, „am besten mit heimischen, angepassten
Baumarten“. Die Kosten für die Wiederaufforstung beziffert er auf rund
10.000 Euro pro Hektar. Vom Waldgipfel in Berlin erwartet Niemann, endlich
„anzuerkennen, dass das Produkt des Waldes der Wald selbst ist – und nicht
nur Holz“.
Damit spricht er das dickste Brett an, das es auf dem Waldgipfel zu bohren
gibt: Wie geht es weiter im deutschen Wald? Es wird darum gehen, seine
„[2][Öko-Systemleistungen] anzuerkennen“, sagt Pierre Ibisch, Professor f�…
Naturschutz an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. „Der
Wald filtert und speichert Wasser, er kühlt die Luft und die Umgebung“, so
Ibisch.
Das könne am besten ein geschlossener Mischwald mit einer intakten
Humusschicht, ohne viele Waldränder, ohne breite Straßen, die ihn
zerschneiden. „Die Krise des Waldes ist auch eine Krise der Landnutzung“,
sagt Ibisch. Das eine Schwerpunktthema des Waldgipfels, nämlich wie die
Räumung der Forste von Schadholz finanziert werden kann, findet er falsch
gesetzt. „Das große Aufräumen schädigt den Wald zusätzlich“, fürchtet …
Auch Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, fordert
eine Neubewertung von Totzholz in den Wäldern. Es „reguliert aufgrund
seiner großen Wasserspeicherkapazität das Waldmikroklima“, so Jessel, „es
wirkt sich positiv auf die Humusanreicherung aus, verbessert die Energie-
und Nährstoffkreisläufe in Wäldern und fördert die Verjüngung der Gehölze…
Zudem müsste der Anteil naturbelassener Wälder rasch von derzeit 2,8
Prozent auf 5 Prozent steigen.
So paradox es klinge – für einen ökologischen Waldumbau sei erst einmal
mehr Personal nötig, sagt Ulrich Dohle, Vorsitzender des Bundes deutscher
Forstleute. „Das Management von Naturschutzgebieten, die Waldpädagogik –
das liegt alles brach“, so Dohle. Anfang der 90er Jahre seien Reviere 700
bis 800 Hektar groß gewesen, heute seien es bis zu 3.000 Hektar. „Da kann
man sich nur noch um den Holzeinschlag kümmern“, sagt Dohle. Als einer der
wenigem aus dem Forstbereich hat sich sein Verband am Klimastreik vom 20.
September beteiligt.
Dabei müsste die Waldlobby im Klimaschutz aktiv sein und diesen von der
Bundesregierung einfordern, sagt Laszlo Maraz vom Forum Umwelt und
Entwicklung. Es sei nicht akzeptabel, dass sich Ministerin Klöckner auf dem
Waldgipfel als Waldschützerin gebe, indem sie Steuergelder verteile. „Doch
der Beitrag ihres Ressorts zum Klimaschutz ist minimal.“
25 Sep 2019
## LINKS
[1] /Hitze--und-trockenresistenter-Wald/!5624367
[2] /Klimawandel-und-Waldsterben/!5622609
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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Schwerpunkt Klimawandel
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