# taz.de -- Carola Rackete beim Kapitänstag: „Es ist eine Solidaritätskrise… | |
> Carola Rackete forderte am Freitag auf dem Kapitänstag in Bremen ihre | |
> Kolleg*innen zum Handeln auf. Sie erntete viel Applaus. | |
Bild: Carola Rackete, Kapitänin und Sea-Watch-Aktivistin, während des 55. Bre… | |
BREMEN taz | Er habe das schon öfter gemacht, sagt der Kapitän Klaus | |
Thormähler, ja, er könne das ganz gut: Er ist derjenige, der die Glocke | |
schlägt und damit den 55. Kapitänstag in Bremen einläutet. Zur Europahymne | |
„Ode an die Freude“ ziehen die Gäste vom Vorempfang in die obere Halle des | |
Bremer Rathauses. Der Kapitänstag ist eine jährlich in der Hansestadt | |
stattfindende Veranstaltung der bremischen Hafenvertretung für Kapitäne und | |
leitende Ingenieure in den Bereichen Luft- und Seefahrt. | |
Mehrere hundert Teilnehmer in dunklen Anzügen, Abendkleidern und | |
Kapitänsjacken sitzen an langen Tischen, plaudern mit ihren Nachbar*innen, | |
lauschen den Reden aus Politik, Wirtschaft und Seefahrt und genießen gutes | |
Essen. Neben dem Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte hält auch sein | |
Amtskollege aus Hamburg, Peter Tschentscher (beide SPD), eine Rede. | |
Doch das Besondere an diesem Abend sind nicht die alten Männer in Anzügen, | |
sondern eine junge Frau mit Dreadlocks: Die „Sea-Watch 3“-[1][Kapitänin | |
Carola Rackete]. Sea-Watch ist ein Verein, der eigene Schiffe unterhält und | |
Flüchtlinge im Mittelmeer [2][aus Seenot rettet]. | |
Rackete sorgte erst jüngst für internationales Aufsehen, als sie trotz | |
eines Verbots des damaligen italienischen Innenministers Matteo Salvini mit | |
53 Flüchtlingen an Bord der „Sea-Watch 3“ in den Hafen der Mittelmeerinsel | |
Lampedusa einlief. Die Lebensumstände an Bord seien untragbar gewesen, sie | |
hätte Suizide befürchtet, sagte Rackete damals. | |
„Ich werde nicht darüber diskutieren, ob Seenotrettung richtig ist“, ruft | |
Rackete den Gästen zu. Menschen im Mittelmeer zu retten sollte die Aufgabe | |
der europäischen Union sein und nicht die von | |
Nichtregierungsorganisationen. Dementsprechend begrüße sie, dass die | |
Bundeskanzlerin wieder eine staatlich organisierte Seenotrettung fordert | |
und auch dass die Stadt Bremen eine der ersten gewesen sei, die sich zum | |
sicheren Hafen erklärt hat. Es müssten allerdings mehr Taten folgen als | |
Worte. | |
## 30.443 Euro an Spenden | |
Ende 2018 hatten die drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin erklärt, | |
„sichere Häfen“ bleiben zu wollen. Es war eine politische | |
Absichtserklärung, sich weiterhin für die Versorgung und Integration von | |
Flüchtlingen einzusetzen. „Wir haben den Menschen so gut wie möglich | |
geholfen, hier ein zu Hause zu finden“, sagt der Bremer Bürgermeister | |
Bovenschulte auf dem Kapitänstag und erntet damit Applaus. | |
Doch Rackete stellt das Thema in einen größeren Kontext: Vor allem die | |
Menschen im globalen Süden würden unter den Auswirkungen der Lebensweise | |
der privilegierten Länder leiden. „Es ist keine Flüchtlingskrise, es ist | |
eine Solidaritätskrise“, sagt sie. Eine Person beginnt zu applaudieren, | |
schnell ist es wieder still. | |
Rackete fragt ihre Zuhörer, wie man sich fühle, wenn man im Mittelmeer auf | |
einem Schlauchboot sitzt und nicht schwimmen kann? Und ob sich die | |
Anwesenden jemals in ein solches Boot setzen würden? Sie beantwortet ihre | |
eigene Frage: vermutlich nicht. Deswegen bittet sie ihre Kolleg*innen, | |
ebenfalls zu handeln: „Unsere Schiffe brauchen Fachpersonal und die | |
Menschen auf den Schlauchbooten brauchen unsere Schiffe!“ | |
Am Ende ihrer Rede erheben sich die Anwesenden und applaudieren. 40 Minuten | |
später haben die Veranstalter 30.443 Euro an Spenden für Sea-Watch und die | |
Bremer Seemannsmission gesammelt. | |
7 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Lukas Scharfenberger | |
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