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# taz.de -- Wahlkampf in Österreich: Die ÖVP und das liebe Geld
> Eine kreative Buchhaltung bringt die ÖVP in Bedrängnis. Sie soll die
> Wahlkampfkosten-Obergrenze gezielt überschritten haben.
Bild: Die ÖVP-Buchhaltung übt sich in Kreativität – alles legal, findet di…
WIEN taz | Die ÖVP von Ex-Kanzler Sebastian Kurz ist in Geldfragen kreativ.
Das beweisen Dokumente über den laufenden und den vergangenen Wahlkampf von
2017, die der Wochenzeitung Falter von einem Insider zugespielt wurden. In
seiner am Mittwoch erscheinenden Printausgabe [1][dokumentiert der Falter],
dass bereits Ende Mai fast neun Millionen Euro an Ausgaben veranschlagt
wurden – obwohl das Gesetz eine Obergrenze von sieben Millionen
vorschreibt.
2017 war diese Grenze um sage und schreibe sechs Millionen Euro überzogen
worden. Kurz und seine Leute hatten bisher immer argumentiert, ihnen sei
das wider Willen „passiert“, weil man auf „Dirty Campaigning“ der SPÖ
reagieren musste. Die jetzt offengelegten Excel-Tabellen beweisen, dass
dieser teure Overkill an Propaganda von Anfang an geplant war.
Österreich stattet seine Parteien mit großzügigen staatlichen Förderungen
aus. Damit soll einerseits eine gewisse Chancengleichheit geschaffen
werden, andererseits will der Gesetzgeber damit vermeiden, dass Politiker –
wie etwa in den USA – von Spendengeldern abhängig werden und ihre Politik
dann im Interesse der großzügigsten Spender gestalten. Spenden über 50.000
Euro mussten bisher dem Rechnungshof gemeldet werden.
Gerne sprach man in der ÖVP von höchster Transparenz, verschleierte aber
vor dem Rechnungshof und der Bevölkerung, wie viel sie wirklich an Gaben
von großzügigen Mäzenen und Unternehmern einsammelte. Erst als Medien an
die Unterlagen kamen, rückte die Kurz-Partei im August mit den Zahlen
heraus. So hatte die [2][Kaufhaus-Erbin Heidi Goëss-Horten] über zwei Jahre
fast eine Million Euro in den ÖVP-Klingelbeutel eingezahlt – säuberlich
gestückelt in Teilbeträge von 49.000 Euro.
Auch der Tiroler Industrielle Klaus Ortner portionierte seine etwas mehr
als eine Million Euro so, dass sie unter dem Radar des Rechnungshofes
blieb.
## Kurz reagierte im Sommergespräch wehleidig
Alles legal, sagt die ÖVP. Und das sagt Sebastian Kurz auch zu den
programmierten Wahlkampfkosten, auf die er Montagabend beim Sommergespräch
im ORF angesprochen wurde. Das Gesetz, das im Sommer mit den Stimmen von
SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt novelliert wurde, erlaubt nämlich, „allgemeine
Kosten“ aus dem Wahlkampfbudget herauszurechnen.
Und da zeigten sich die ÖVP-Buchhalter wieder äußerst kreativ. So wurde die
wochenlange Tour von Sebastian Kurz durch die Bundesländer nicht als
Wahlkampf verbucht, obwohl die Bilder davon in den Sozialen Medien als
Dauerpropaganda eingesetzt werden.
Da rufen scheinbar zufällig angetroffene Bürger, die als „Beate aus
Landeck“ oder „Andreas aus Völkermarkt“ vorgestellt werden, zur Wahl von
Kurz auf. In Wahrheit handelt es sich Parteifunktionäre oder Mandatare, die
für die ÖVP in einem Gemeinderat sitzen, wie Recherchen des Wochenmagazins
Profil ergeben haben.
Auch türkisfarbene Luftballons und ÖVP-Kugelschreiber, die an den
Wahlkampftischchen an das Volk verteilt werden, sind keineswegs
Wahlpropaganda, sondern werden als „allgemeine Kosten“ verbucht. Kurz
reagierte im Sommergespräch wehleidig. Er fühle sich vom politischen
Gegner, aber auch von den Medien bisweilen unfair behandelt. Mittlerweile
habe er das Gefühl, „dass da System dahintersteckt“.
3 Sep 2019
## LINKS
[1] https://www.falter.at/zeitung/20190902/die-geheime-buchhaltung-der-liste-ku…
[2] /Buch-ueber-Ibiza-Affaere/!5617734
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
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