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# taz.de -- Nichtraucherschutz: Kippen in der Klinik
> „Forum Rauchfrei“ kritisiert die Charité: Auf dem Virchow-Campus werde
> ungehemmt geraucht. Schärferes Nichtraucherschutz-Gesetz lässt auf sich
> warten.
Bild: Für viele leider geil – und auf dem Gelände des Virchow-Klinikums tol…
Der Charité-Campus Virchow an der Amrumer Straße ist ein Komplex von den
Ausmaßen eines Kiezes. Historische und moderne Gebäude umschließen die
breite Mittelallee mit Bäumen und Rasenflächen, bei schönem Wetter
Aufenthaltsort für viele PatientInnen und MitarbeiterInnen.
Eigentlich sollte sich hier alles um Gesundheit drehen, aber die
Nichtraucherschutz-Initiative „Forum Rauchfrei“ schlägt Alarm: Über 1.500
Zigarettenkippen habe er kürzlich bei einer Begehung der Mittelallee nur
auf dem Boden gezählt, sagt Sprecher Johannes Spatz. Dazu kämen die
Überreste in rund 30 Aschenbechern, die an Bänken aufgestellt seien. Dass
die Universitätsmedizin das toleriere, sei ein Skandal, so Spatz.
Der langjährige Nichtraucher-Aktivist ist sauer: Es gebe zwar ein
Verbotsschild am Eingang des Campus und auf dem Gelände zwei sogenannte
Raucherinseln als Ausnahmebereiche. Tatsächlich werde aber fast überall
geraucht. Nur am Eingang der Kinderklinik weise noch ein gesondertes Schild
auf das Verbot hin – und werde weitgehend ignoriert.
„Da sitzen ganze Familien und rauchen, manche mit Säugling oder Kleinkind.
Das ist nicht zum Aushalten.“ Am schlimmsten findet Spatz, selbst Arzt und
pensionierter Präventionsmediziner, dass die Leitung des Virchow-Klinikums
nichts tue: „Die wissen supergenau, wie gefährlich das ist, und tolerieren
das.“ Gerade sei die Charité für Exzellenz in der Forschung ausgezeichnet
worden – „für die Prävention von Krankheiten muss sie ein dickes Minus
erhalten“.
Er zitiert eine Studie, nach der 12.000 Menschen in Deutschland jährlich
allein an den Folgen des Passivrauchens sterben. Für NichtraucherInnen gebe
es aber kaum eine Möglichkeit, sich auf dem Virchow-Außengelände qualmfrei
zu erholen, so Spatz. „Wenn Sie die RaucherInnen auf das Verbot hinweisen,
sagen die, die Aschenbecher stünden ja nicht umsonst dort. Die sind also
eine Einladung zum Rauchen.“
Die Charité verschickt auf Anfrage eine Stellungnahme, in der sie sich als
„rauchfreies Krankenhaus“ bezeichnet. Man sei „gewillt, das Rauchverbot b…
Mitarbeitern, Patienten und Angehörigen konsequent durchzusetzen“,
insbesondere „in den Gebäuden und deren Eingangsbereichen“. Auf den
Außengelände seien Raucherbereiche eingerichtet worden. „Zudem unterstützt
die Charité ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit diversen
Entwöhnungsangeboten.“
Hilfe naht – im Schneckentempo: Seit Monaten läuft die Novellierung des
Berliner Nichtraucherschutzgesetzes, das bislang nur ein Tabakverbot in
Gesundheitseinrichtungen vorschreibt. Künftig soll auch – mit wenigen
Ausnahmen – auf den Außengeländen nicht mehr geraucht oder gedampft werden
dürfen. Grundsätzlich ist sich die Koalition einig – besondere Eile, die
Gesetzesänderung zu Verabschiedung zu bringen, sieht man aber offenbar
nicht. Und wie die Charité das kommende gesetzliche Verbot umsetzen wird,
ist ebenfalls offen.
Gerade hat Johannes Spatz zustimmende Post bekommen: Eine Kinderärztin, die
auf dem Campus als Palliativmedizinerin für Kinder und Jugendliche tätig
ist, schrieb ihm, sie bitte seit Jahren Raucher vor der Kinderklinik, in
den „Rauchpilzen“ zu rauchen, da der Qualm sonst genau auf die
Kinderintensivstation ziehe. Sie habe auch mehrfach die Aschenbecher
verrückt, ohne nachhaltigen Erfolg.
Spatz selbst sagt, er sei „kein Verbotsfreak“. Aber wenn weiter geraucht
werde, müsse die Klinik aktiv werden: „Ich würde Studenten in weißen
Kitteln über das Gelände laufen lassen, die die Menschen liebevoll
ansprechen.“
6 Sep 2019
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Nichtraucherschutz
Rauchverbot
Gesundheitsvorsorge
Charité
Rauchen
E-Zigaretten
Zigaretten
Zigaretten
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