# taz.de -- Lügde-Prozess vor dem Ende: Verteidiger fordert 12 Jahre Haft | |
> Im Prozess um massenhaften sexuellen Kindesmissbrauch schweigen beide | |
> Angeklagte weiter. Das Urteil soll am 5. September verkündet werden. | |
Bild: Campingplatz in Lügde im Juni: wenig Gäste, Stille | |
Geht es nach dem Dafürhalten von Johannes Salmen, sollte Andreas V., einer | |
der beiden Hauptangeklagten im [1][sogenannten Lügde-Prozess,] für 12 Jahre | |
hinter Gitter. Das forderte der Pflichtverteidiger des Tatverdächtigen am | |
Freitag im Landgericht Detmold. Zu einer möglichen Sicherungsverwahrung | |
äußerte sich Salmen nicht. Daraus könne man schließen, dass der Jurist | |
aufgrund der Tatumstände ohnehin mit einer Sicherungsverwahrung im | |
Anschluss an die Haft rechnet. Dem 56-jährigen Hartz-IV-Empfänger Andreas | |
V. wird sexueller Kindesmissbrauch in 298 Fällen in 20 Jahren auf einem | |
Campingplatz in Lügde-Elbrinxen vorgeworfen. Die [2][Staatsanwaltschaft | |
hatte für Andreas V. 14 Jahre und eine anschließende Sicherungsverwahrung] | |
gefordert. | |
Bei Mario S., dem zweiten Hauptangeklagten, plädierte die | |
Staatsanwaltschaft im August auf 12 Jahre und 6 Monate plus | |
Sicherungsverwahrung. Ihm wirft die Staatswaltschaft Missbrauch in 162 | |
Fällen vor. Jürgen Bogner, Pflichtverteidiger des 34-jährigen Putzmanns, | |
nannte am Freitag kein konkretes Strafmaß. Bogner sagte: „Ich habe das | |
Gericht gebeten, aufgrund des Geständnisses das größtmögliche | |
Entgegenkommen dem Angeklagten gegenüber zu zeigen.“ | |
Das sei durchaus üblich, sagte Gerichtssprecher Wolfram Wormuth. Das | |
Gericht müsse Geständnisse in jedem Fall für das Strafmaß berücksichtigen. | |
Beide Angeklagte hatten bereits am ersten Verhandlungstag Ende Juni die | |
Taten gestanden. Ebenso hatte ein [3][dritter Tatverdächtiger], der bereits | |
zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden ist, seine Beteiligung an | |
den Taten gestanden. | |
Am Freitag verlasen zudem die zehn letzten der insgesamt 18 Vertreter*innen | |
der Nebenklage ihre Plädoyers. Die meisten schlossen sich dem von der | |
Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß an, einige forderten für beide | |
Angeklagte 14 Jahre Haft plus Sicherungsverwahrung. Insgesamt haben im drei | |
Monate währenden Prozess 29 Nebenkläger*innen und 33 Zeug*innen ausgesagt. | |
Neben den Opfern waren das vor allem Angehörige der Geschädigten, | |
Betreuer*innen, eine Pflegemutter, ein Polizist. | |
## Opfer fürchten Ausbruch aus dem Gefängnis | |
Andreas V. und Mario S. schwiegen bislang – auch an diesem Tag. Sie werden | |
vermutlich in einer Haftanstalt in Nordrhein-Westfalen untergebracht. In | |
welches Gefängnis sie gebracht werden, hängt von der Kapazität der | |
Einrichtungen ab. Psychiatrische Gutachten bescheinigen beiden mutmaßlichen | |
Tätern, dass sie nach ihrer Gefängnisstrafe weiterhin sexuelle Straftaten | |
verüben könnten. Nicht wenige der [4][minderjährigen Opfer] fürchten, dass | |
sowohl Andreas V. als auch Mario S. aus dem Gefängnis ausbrechen und ihnen | |
erneut etwas antun könnten. | |
Am 5. September wird Richterin Anke Grudda ihr Urteil verlesen. Damit | |
findet einer der brisantesten Prozesses, bei denen es um sexuelle Gewalt an | |
Kindern geht, sein Ende. Zwar gebe es andere Prozesse wegen sexueller | |
Gewalt an Kindern, mit weniger Opfern und noch drastischer Gewalt als im | |
„Lügde-Prozess“, sagte Gerichtssprecher Wormuth zur taz: „Im Hinblick ab… | |
auf den langen Tatzeitraum und die hohe Anzahl der Opfer ist dieser Fall | |
schon etwas Besonderes.“ | |
30 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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