| # taz.de -- Offener Brief an Horst Seehofer: Journalist*innen wollen Klarheit | |
| > Sechs Medienorganisationen appellieren an Horst Seehofer. Sie wollen | |
| > wissen, ob alle auf den „Todeslisten“ Genannten informiert werden. | |
| Bild: Bedrohliche Situationen für Journalisten, wie diese 2015 in Berlin, häu… | |
| Mehrere Medienorganisationen fordern von Innenminister Horst Seehofer | |
| Klarheit über die sogenannten [1][Todeslisten] rechtsextremer | |
| Gruppierungen. In einem offenen Brief richteten sich am Mittwoch unter | |
| anderem die Neuen deutschen Medienmacher, der Deutsche Journalisten-Verband | |
| und die Deutsche Journalisten-Union (Verdi) an den Bundesminister. Sie | |
| verlangen vom Ministerium, für die Sicherheit von Journalisten zu sorgen. | |
| „Laut Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte | |
| beinhaltet es die Bringschuld der Behörden, präventive Maßnahmen zu | |
| ergreifen, um eine identifizierte Person zu schützen, deren Leben durch | |
| kriminelle Akte einer anderen Person gefährdet ist“, heißt es in dem Brief. | |
| Immer wieder werden Sammlungen von Namen und Adressen aus dem | |
| rechtsextremen Milieu bekannt. Auf diesen Listen stehen neben | |
| antifaschistischen und antirassistischen Akteuren, jüdischen und | |
| postmigrantischen Einrichtungen und Politikerinnen und Politikern auch | |
| immer wieder unliebsame Journalisten. Der im Juni ermordete Kasseler | |
| Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) stand auf einer Liste des | |
| Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). | |
| [2][Im Interview mit taz.de sagt die Vorsitzende der Neuen deutschen | |
| Medienmacher, Sheila Mysorekar]: „Diese Listen gehen uns alle an. Es kann | |
| nicht jedem einzelnen Menschen überlassen werden herumzuraten, ob er oder | |
| sie auf einer dieser Listen steht. Gerade Journalistinnen und Journalisten | |
| werden von Rechtsradikalen als besondere Gegner betrachtet.“ | |
| ## Informiert wird mal so, mal so | |
| Obwohl einige dieser Listen, die zuweilen Privatadressen und Telefonnummern | |
| verzeichnen, den Sicherheitsbehörden seit geraumer Zeit vorliegen, geht die | |
| Informationspraxis auseinander. In manchen Ländern, etwa Bayern, wurden | |
| einige Personen früh durch die Behörden darüber informiert, dass sie auf | |
| solchen Listen gelandet sind, in anderen wurde selbst auf Anfrage lange | |
| Zeit keine Auskunft erteilt. | |
| [3][Im Juli wurden einige Personen in Mecklenburg-Vorpommern informiert], | |
| dass sie auf einer Liste der rechten Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ stehen. | |
| Einer dieser Briefe liegt der taz vor. Darin wird das Bundeskriminalamt | |
| (BKA) zitiert: „Der derzeit in der medialen und öffentlichen Diskussion | |
| verbreitete Begriff der ‚Feindes-‘ oder gar ‚Todesliste‘ ist […] kons… | |
| zurückzuweisen.“ Auf Twitter sprach das BKA von [4][„rechtsextrem | |
| motivierten Adresssammlungen“]. | |
| In dem offenen Brief fordern die Organisationen das Innenministerium auf, | |
| „die betroffenen Einzelpersonen (auf Nachfrage ihrerseits) sowie | |
| Organisationen (proaktiv) darüber zu informieren, ob sie auf einer der | |
| Listen stehen.“ Zudem wird in dem Brief konkret danach gefragt, ob eine der | |
| unterzeichnenden Medien-Organisationen auf der Liste steht. Und: „Können | |
| Sie uns zusichern, dass die Mitglieder dieser Organisationen nicht | |
| gefährdet sind?“ | |
| Auf der Webseite des Bundeskriminalamtes heißt es bislang dazu: „Die | |
| alleinige Tatsache, dass eine Person auf einer solchen ‚Liste‘ steht, führt | |
| nicht zwangsläufig zu einer Gefährdung. Es kann aber im Einzelfall sein, | |
| dass weitere Erkenntnisse hinzukommen, die eine Gefährdung begründen.“ | |
| ## Auskunftssperre beim Melderegister | |
| Dem hält Sheila Mysorekar entgegen: „Es gibt ausreichend Beispiele für die | |
| Gewaltbereitschaft der Rechtsextremen, bis hin zum Mord. Der Staat kann | |
| also nicht davon ausgehen, dass diese Listen nur aus Langeweile | |
| zusammengestellt wurden.“ Es könne nicht den Journalistinnen und | |
| Journalisten überlassen werden, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. | |
| Damit meint Mysorekar keinen Personenschutz, sondern „ein hartes | |
| Durchgreifen gegenüber denjenigen, die solche Listen zusammenstellen und | |
| verschicken, und gegenüber denjenigen, die Hass verbreiten und Menschen | |
| angreifen“. Im offenen Brief an Seehofer wird zudem gefordert, dass | |
| Journalistinnen und Journalisten eine „unkomplizierte Auskunftssperre für | |
| Privatadressen im Melderegister“ erwirken können sollen. Über das | |
| Melderegister können ohne eine entsprechende Sperre Anschriften von | |
| Privatpersonen unter bestimmten Voraussetzungen abgefragt werden. | |
| Das Ministerium hat sich auf taz-Anfrage am Mittwoch zunächst nicht zu dem | |
| Brief geäußert. | |
| 28 Aug 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Rechter-Terror-in-Deutschland/!5608261 | |
| [2] /Journalistin-ueber-rechtsextreme-Listen/!5621633 | |
| [3] /Rechte-Prepper-Gruppe-Nordkreuz/!5608836 | |
| [4] https://twitter.com/bka/status/1155768736772710401 | |
| ## AUTOREN | |
| Alexander Nabert | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
| Pressefreiheit in Europa | |
| Horst Seehofer | |
| Neue deutsche Medienmacher | |
| Deutscher Journalisten-Verband | |
| Pressefreiheit in Europa | |
| Nordkreuz | |
| Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
| Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Druck von rechts auf Journalist*innen: Angriffe keine Seltenheit mehr | |
| Redaktionen und Medienverbände solidarisieren sich per Aufruf mit | |
| Kolleg*innen, die von rechts bedroht werden. Sie fordern besseren Schutz. | |
| Journalistin über rechtsextreme Listen: „Konsequent durchgreifen“ | |
| Rechtsextreme sammeln Informationen über ihre Gegner. Sheila Mysorekar | |
| erklärt, warum Organisationen von Innenminister Seehofer Aufklärung | |
| verlangen. | |
| Rechte Prepper-Gruppe „Nordkreuz“: Betroffene tappen weiter im Dunkeln | |
| Nach zwei Jahren werden Personen auf der „Nordkreuz“-Feindesliste nun doch | |
| benachrichtigt. Mit einem rätselhaften Schreiben. | |
| Rechter Terror in Deutschland: Auf der Feindesliste | |
| Mitglieder der Preppergruppe Nordkreuz sollen geplant haben, politische | |
| Gegner zu töten. Was tut der Staat gegen rechten Terror? |