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# taz.de -- Lage auf der „Open Arms“ eskaliert: Menschen springen ins Meer
> Der Kapitän hatte davor gewarnt: Nach zweieinhalb Wochen auf dem
> Mittelmeer liegen die Nerven blank. Nun will Frankreich 40 Geflüchtete
> aufnehmen.
Bild: Der psychologische Druck auf dem Rettungsschiff „Open Arms“ ist zu gr…
Madrid dpa | Die dramatische Lage auf dem spanischen Rettungsschiff
[1][„Open Arms“] ist nach zweieinhalb Wochen auf hoher See eskaliert.
Verzweifelte Menschen sprangen am Sonntag ins Meer – offenbar um zu
versuchen, die nahe gelegene italienische Insel Lampedusa schwimmend zu
erreichen. Spanien hatte zuvor der „Open Arms“ offiziell Algeciras in
Andalusien als sicheren Hafen angeboten. Jedoch würde die rund 1.800
Kilometer lange Fahrt erneut mehrere Tage auf hoher See für die mehr als
100 erschöpften Migranten bedeuten.
„Ich habe veranlasst, dass der Hafen von Algeciras für den Empfang der
#OpenArms aktiviert wird“, twitterte der sozialistische Ministerpräsident
Pedro Sánchez. Die Option, nach Spanien zu fahren, sei „höchst
unwahrscheinlich“, sagte ein Sprecher der spanischen Hilfsorganisation
Proactiva Open Arms der Deutschen Presse-Agentur. Die Geflüchteten, die
sich in die Fluten stürzten, reagierten offenbar auf die Nachrichten aus
Spanien.
Auf einem auf [2][Twitter veröffentlichten Video] war zu sehen, wie Helfer
versuchten, im Wasser wegschwimmende Menschen aufzuhalten. Sie brachten sie
schließlich wieder zurück auf das Schiff. „Wir haben seit Tagen davor
gewarnt, die Verzweiflung hat Grenzen“, schrieb Proactiva-Gründer Oscar
Camps.
Das spanische Fernsehen zeigte Bilder von Menschen an Bord, die Weinkrämpfe
erlitten, andere reagierten wütend. Die Crew versuchte, die Menschen zu
beruhigen. „Jetzt wollen sie, dass wir 950 Meilen fahren, weitere fünf Tage
(…), zum am weitesten entfernten Hafen im Mittelmeer, mit einer untragbaren
Situation an Bord?“, fragte Camps. Die „Open Arms“ müsste von ihrer
Position aus noch einmal die gesamte nordafrikanische Küste entlangfahren,
um Südspanien zu erreichen.
## Die Passagiere drohten mit Selbstmord
Die Regierung in Madrid kritisierte den italienischen Innenminister Matteo
Salvini wegen dessen unerbittlicher Haltung scharf und sprach in einer
Mitteilung von einer „unfassbaren Reaktion“ des rechten Politikers. Salvini
entgegnete auf Twitter: „Wer hart bleibt, gewinnt.“
Obwohl ein Verwaltungsgericht in Rom dem Schiff die Einfahrt in die
Territorialgewässer Italiens erlaubt hatte und es seit Donnerstag nur
wenige Hundert Meter vor Lampedusa liegt, dürfen 107 Migrant*innen
weiterhin nicht von Bord. Salvini hatte am Samstag aber nach wochenlangem
Tauziehen 27 unbegleiteten Jugendlichen erlaubt, das Schiff zu verlassen
und an Land zu kommen. „Gegen meinen Willen“, wie der Politiker mitteilte �…
und auch nur, weil Ministerpräsident Giuseppe Conte ihn zu dem Schritt
aufgefordert habe.
Unter dem Applaus der Crew und der Geflüchteten waren die Minderjährigen
von der Küstenwache abgeholt worden. Jedoch wurden die verbleibenden
Passagiere anschließend offenbar wieder von Verzweiflung und Resignation
übermannt. Einige Migranten*innen hatten Augenzeugen zufolge schon seit
Tagen damit gedroht, Selbstmord zu begehen oder über Bord zu springen.
## Der psychologische Druck ist zu groß
„Elend sind all diejenigen, die 107 ‚namenlose‘ menschliche Wesen und eine
Handvoll Freiwilliger als Geiseln benutzen, um auf ihre Kosten
fremdenfeindliche und rassistische Propaganda zu betreiben“, twitterte
Proactiva. Kapitän Marc Reig hatte schon mehrmals vor einer gefährlichen
Eskalation gewarnt. „Jede Sekunde, die vergeht, rückt die Explosion dieser
Bombe näher. Entweder jemand schneidet jetzt das rote Kabel durch und
deaktiviert sie, oder die ‚Open Arms‘ wird explodieren“, sagte er.
Die Menschen harren zum Teil seit 17 Tagen auf engstem Raum aus. Seit die
„Open Arms“ in unmittelbarer Nähe von Lampedusa liegt, ist der
psychologische Druck noch größer: Die Menschen haben Land in Sicht, das sie
aber nicht betreten dürfen. „Die Menschen verlieren die Geduld“, sagte eine
spanische Fernsehreporterin an Bord.
Spaniens sozialistische Vizeministerpräsidentin Carmen Calvo bezeichnete
das unnachgiebige Verhalten Italiens als „unbegreiflich“ und kritisierte:
„Wir erleben hier das, was die Rechte und Ultrarechte in Europa macht.“
Deren Verhalten sei immer besorgniserregender.
## „Ocean Viking“ harrt mit 356 Passagieren aus
Frankreich sagte am Sonntag zu, 40 der Migranten aufzunehmen. Allerdings
müssten es Geflüchtete sein oder Menschen, die „internationalen Schutz“
benötigen, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf das
Innenministerium. Sechs EU-Länder, [3][darunter Deutschland] und Spanien,
hatten sich zuletzt bereits bereit erklärt, Migranten aufnehmen. Dennoch
darf die „Open Arms“ bislang nicht in Italien anlanden.
In ihrer zweieinhalbwöchigen Irrfahrt hatte die „Open Arms“ zeitweise fast
160 Migranten*innen an Bord. Jedoch waren einige gesundheitlich so
angeschlagen, dass sie in den vergangenen Tagen nach Malta und Italien
gebracht wurden.
Südlich von Sizilien wartete auch das Rettungsschiff [4][„Ocean Viking“]
mit 356 Migranten*nnen auf die Erlaubnis, in einen sicheren Hafen fahren zu
können. Die Organisationen SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen (MSF)
hatten die Menschen in mehreren Einsätzen in Sicherheit gebracht. MSF
twitterte zuletzt: „Wir wissen, was diese im Meer geretteten Menschen
durchgemacht haben. Wir kennen den Horror in Libyen, vor dem diese Menschen
fliehen.“
19 Aug 2019
## LINKS
[1] /Seenot-und-Regierungskrise-in-Italien/!5615659
[2] https://twitter.com/campsoscar/status/1163053670105276417
[3] /Flucht-uebers-Mittelmeer/!5618608
[4] /Ocean-Viking-bittet-um-Einfahrt/!5618234
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