# taz.de -- 50 Jahre Woodstock: 3 Days of Peace & Music | |
> Michael Lang veröffentlicht einen Fotoband über das berühmteste aller | |
> Festivals. Er ist Musikproduzent und Woodstock-Organisator. | |
Bild: Die drehbare Bühne, Woodstock, August 1969 | |
Im Neusprech dieser Tage könnte das Urteil schlicht ausfallen: Der Drops | |
ist gelutscht. Woodstock: die Angelegenheit ist längst gelaufen und | |
abgeschlossen. Schnee von gestern. Gleichwohl – und bis heute – immer | |
wieder, rechtzeitig zu Jahrestagen, besonders im Abstand von Dezennien, | |
wird Woodstock Gegenstand filmischer Dokumentationen, Zeitungsartikel | |
[1][und Buchpublikationen]. | |
Obwohl ein geplantes Revival des Festivals – zum Glück? – ausgefallen ist, | |
mangelt es auch in diesem Jahr nicht an medialer Aufmerksamkeit und | |
journalistischem Erregungspotenzial. Denn an Woodstock scheiden sich bis | |
heute die Geister, teilt sich die interessierte Öffentlichkeit in Kritiker | |
und Anhänger. | |
„Woodstock Music & Art Fair presents An Aquarian Exposition – 3 Days of | |
Peace & Music“ lautete der offizielle Titel des Festivals, das vom 15. bis | |
17. August 1969 nahe der Kleinstadt Bethel im US-Bundesstaat New York | |
stattfand und mit mehr als 400.000 Besuchern bis heute als berühmtestes | |
Festival der Musikgeschichte gilt. Das Werbeplakat zeigte auf rotem Grund | |
einen blauen und grünen Gitarrenhals, auf dem eine weiße (Friedens-)Taube | |
thronte. Unter den die Gitarre umgreifenden Fingern stand – keineswegs | |
prahlend – die Liste der Künstler und Musikgruppen. | |
Weniger selbstbeweihräuchernd | |
Das Signet prägt auch das Cover eines 300-seitigen Fotobandes, den der | |
damalige Organisator und jetzige Musikproduzent Michael Lang anlässlich des | |
50. Jahrestages veröffentlichte. Nicht sein erstes Buch über das Festival, | |
schon 1979 publizierte er gemeinsam mit Jean Young die Dokumentation | |
„Woodstock Festival Remembered“. Zum 40. Jahrestag erschienen seine | |
zuweilen selbstgefälligen Festivalerinnerungen unter dem Titel „The Road to | |
Woodstock. From the Man Behind the Legendary Festival“.Termingerecht, aber | |
weniger selbstbeweihräuchernd nun also die jüngste Veröffentlichung des | |
mittlerweile fast 75-jährigen Michael Lang. Für das großformatige Buch | |
griff er nochmals tief in sein Papier- und Fotoarchiv. | |
In etwas mehr als 20 übersichtlich gestalteten Kapiteln, eingeleitet mit | |
einem knappen zweispaltigen Text und einem prägnanten Zitat, streift er | |
alle Facetten dieses nicht nur wegen des schlechten Wetters fast aus dem | |
Ruder gelaufenen Großereignisses: die keineswegs einfache Suche nach dem | |
geeigneten Ort, den Aufbau des Festivalgeländes, die daran beteiligten | |
Techniker und Bühnenbauer, das Publikum, dessen Zahl alle Erwartungen und | |
Schätzungen bei Weitem übertraf, die [2][ungenügende, unzureichende] | |
Versorgung der Festivalbesucher, den Drogenkonsum, die Reaktionen der | |
nationalen Presse, das Sicherheitspersonal, Gagen, Einnahmen wie Kosten des | |
Festivals. Provozierend knapp, auf 30 Seiten reduziert, die fotografische | |
Dokumentation der beteiligten Musikerinnen und Musiker. Alles aber | |
großzügig schwarz-weiß wie farbig illustriert, zuweilen ganz- oder | |
doppelseitig. | |
Wer nicht unter dem Zwang steht, sich für oder gegen dieses Festival zu | |
positionieren, es entweder, wie der Politikwissenschaftler Wolfgang | |
Kraushaar, als „Tagtraum von einer halben Million Aussteigern“ | |
charakterisieren, oder gar wie der Journalist Alan Posener als „größten | |
Medienschwindel aller Zeiten“ abtun muss, wer dieses Festival als | |
[3][Synonym für ein nonkonformes Lebensgefühl] ansehen kann, wird mit | |
diesem detailreichen Fotoband bestens bedient. | |
Wer zudem den Stein der Weisen nicht für sich reklamieren muss, könnte sich | |
vielleicht in der Bewertung des Festivals den Worten des Farmers Max | |
Yasgur, eines überzeugten Republikaners, anschließen, der seine Wiesen für | |
das Festival zur Verfügung stellte und an die Hunderttausenden die Worte | |
richtete: „I’m a farmer. I don’t know how to speak to twenty people at one | |
time, let alone a crowd like this … the important thing is that you've | |
proven to the world that a half a million kids – and I call you kids | |
because I have children that are older than you are – a half million young | |
people can get together and have three days of fun and music and have | |
nothing but fun and music.“ | |
15 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Wilfried Weinke | |
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