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# taz.de -- Meeres-Expertin über Mikroplastik: „Die WHO-Studie ist enttäusc…
> Noch immer fehlen Untersuchungen, die Auskunft über die Gefahren von
> Mikroplastik für die Gesundheit geben, sagt Bettina Taylor vom BUND.
Bild: Enthält häufiger Mikroplastik als Leitungswasser: Wasser aus der Sprude…
taz: Frau Taylor, seit Langem wartet die Öffentlichkeit auf Informationen
darüber, ob Mikroplastik in der Umwelt gesundheitsschädlich ist. Nun gibt
die Weltgesundheitsorganisation WHO Entwarnung. Sind Sie beruhigt?
Bettina Taylor: Nein, gar nicht. [1][Die Studie] ist nicht überzeugend. Sie
bemängelt an mehreren Stellen, dass es nicht genügend Daten zu dem Thema
gibt. Und einige Seiten weiter heißt es dann, dass es derzeit keine
Anzeichen für Gefährdungen gibt. Das passt nicht zusammen.
Die WHO hat über 50 Studien ausgewertet. Reicht das nicht?
Es gibt einige Studien darüber, ob und wie viel Mikroplastik im Wasser zu
finden ist. Das sagt aber nichts darüber, ob es gefährlich für Menschen
ist. Die WHO bestätigt, dass es keine Studien über die Auswirkungen auf den
Menschen gibt. Nur einige wenige Studien, die an Tieren durchgeführt wurden
und teilweise nicht belastbare Daten haben. Eine Studie bei Hunden ist von
1975.
Die Daten sind zu alt?
Neuere wären besser. Abgesehen davon zieht die WHO auch seltsame Schlüsse:
So sagt sie, Partikel mit einem Durchmesser größer als 150 Mikrometer seien
ungefährlich. Sie wären zu groß, um vom Darm aufgenommen zu werden.
Allerdings werden in Untersuchungen im Wasser meistens Partikel gefunden,
die kleiner als 100 Mikrometer sind. Dann muss ich mich doch auch damit
befassen, wie diese Teile wirken! Übrigens haben nur neun der von der WHO
genannten Studien überhaupt Trinkwasser untersucht, alle anderen hatten
Grundwasser oder Süßwasser allgemein zum Thema. Zudem waren einige der
Studien methodisch fragwürdig, sie haben etwa Mikroplastik mit dem
Mikroskop gesucht. Das ist aber sehr fehleranfällig, da sind
Kunststoffpartikel manchmal nicht von Sandkörnern zu unterscheiden.
Ist das nicht auch ein schwieriger Umgang mit dem Vorsorgeprinzip, nur
Studien zu vertrauen, die warnen?
Es geht nicht darum, dass wir Studien nicht akzeptieren. Es gibt einfach
noch keine Studien. Wir wollen keine Panik schüren. Aber eine Entwarnung
gibt die Faktenlage eben auch nicht her.
Ist der Fokus auf die menschliche Gesundheit überhaupt richtig?
Natürlich sollten wir uns nicht nur dann mit Umweltproblemen befassen, wenn
sie uns selbst erreichen. Mikroplastik hat in der Umwelt nichts zu suchen,
weil es zum Beispiel kleine Meereslebewesen schädigt. Wenn wir gefragt
werden: Was passiert, wenn Menschen eine Muschel essen, die Mikroplastik
aufgenommen hat, dann sagen wir, wir wissen es nicht. Das ist der Stand der
Wissenschaft, auch heute noch.
Wissenschaftler können Studien oft nicht veröffentlichen, wenn sie keine
Effekte nachweisen. Darum schaffen sie künstlich welche, indem sie etwa mit
sehr hohen Dosen rechnen. Verzerrt das unsere Wahrnehmung?
Ja, das ist so. Zum Beispiel zitiert die WHO eine Studie an Mäusen; in der
wurden die Tiere mit extrem viel Mikroplastik gefüttert, davon mussten die
krank werden. So viel hätten sie in der Natur aber nie aufnehmen können.
Die Interpretation von Daten ist natürlich nicht einfach. Aber sowohl die
Panikmache als auch die Entwarnung ist falsch, wenn sie einer glaubhaften
Datengrundlage entbehrt.
Bis wohin gehen Sie mit?
Sicher ist: Es wird relativ wenig Mikroplastik im Leitungswasser gefunden.
Es ist welches drin, aber nicht in Unmengen. In Sprudelflaschen ist es
etwas mehr, das könnte an den Verpackungen liegen. Dazu, ob diese Mengen
die Gesundheit gefährden, können wir keine Aussagen treffen.
Es gibt keine allgemeingültige Definition von Mikroplastik. Wer müsste hier
für Klarheit sorgen?
Wir brauchen eine wissenschaftlich fundierte Definition, die politisch
durchgesetzt wird. Im Moment gelten Partikel als Mikroplastik, die kleiner
sind als fünf Millimeter. Das ist aber umstritten, genau wie die
Kunststoffarten oder Untersuchungsmethoden. So kommt es bei Untersuchungen
in Laboren häufig zu Verunreinigungen – schließlich ist dort auch alles aus
Plastik.
27 Aug 2019
## LINKS
[1] https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/326499/9789241516198-eng.p…
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
## TAGS
Mikroplastik
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