Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwarz-rot-gold bei #unteilbar-Demo: Unter Eingeweihten
> Warum es ein krasser Fehler ist, bei der Dresdner #unteilbar-Demo am
> Wochenende schwarz-rot-goldene Flaggen für unerwünscht zu erklären.
Bild: Gefahr droht Dresden, dem Osten, Deutschland insgesamt nicht durch Schwar…
Samstag soll ein Zeichen gesetzt werden, heißt es seitens vieler, die in
die sächsische Hauptstadt zur Demo anreisen werden. Ein Zeichen für, wie es
im Untertitel der Veranstaltung heißt, „Solidarität statt Ausgrenzung“.
Eine Demonstration, vielleicht so groß wie jene im vorigen Jahr, als
Hunderttausende durch Berlin zogen. [1][„#unteilbar“ lautet die
Überschrift], was als Appell zu verstehen ist, dass durch politische, vor
allem rechtspopulistische Propaganda eingeborene Deutsche sich nicht gegen
Flüchtlinge aus dem arabischen und afrikanischen Raum ausspielen lassen,
dass die sozialstaatlichen Mindestgelder auch ihnen zuteilwerden können –
und dass überhaupt die Welt im Angesicht der menschlichen Nöte in Afrika
und in den nichtprosperierenden Teilen Asiens besser werde, freien Zugang
in die EU inklusive.
Mit anderen Worten: Eine Woche [2][vor den Landtagswahlen] in Sachsen und
dem vermuteten starken Erfolg der AfD soll durch sehr viele Menschen
gezeigt werden, dass die Höckes und Co mit Widerstand rechnen müssen.
In Wahrheit ist #unteilbar dieses Zeichen nicht, leider. Vielmehr wird es
eine Demonstration der Eingeweihten sein, jener, die ohnehin der AfD nicht
freundlich gesinnt sind. Vielmehr wird #unteilbar anzeigen, wie verfehlt
die Bündnispolitik der zur Demonstration Aufrufenden ist. Moniert werden
muss nicht allein, dass der Umzug unterteilt wird in Themenblöcke, die etwa
„Parade-Power-Block: United against Racism & Fascism“ oder „feministisch
und queer“ heißen – alles in allem Stichworte, die einem linksradikalen
Wunschkonzert gleichkommen. Die Wahl englischsprachiger Chiffren deutet
nicht einmal subtil an, besser vor allem eines zu bleiben: unter sich.
Verblüffend indes ist die politische Torheit, einerseits ein „#unteilbar“
zu proklamieren, aber doch so gut wie alles dafür zu tun, dass in Dresden
und drumrum die am Samstag Mobilisierten wie ein selbstbezüglicher
Kolonisierungstrupp wirken müssen: In Sachsen kommt offenbar mindestens die
halbe linke Bescheidwisserwelt .
Bezeichnend für diesen Umstand ist auch, dass, wie es auf Nachfrage so
freundlich wie definitiv heißt, Nationalflaggen unerwünscht seien. Verboten
sind sie nicht, aber man darf wie voriges Jahr in Berlin davon ausgehen,
dass vereinzelte [3][Flaggen mit palästinensischen Umrissen] (inklusive des
Gebiets, das Israel ist) zu sehen sein werden, aber gewiss – das wird auch
in Dresden nicht anders sein – keine deutsche Flagge, also kein
Schwarz-Rot-Gold.
Linke glauben ja gern, dass diese deutsche Trikolore nur eine rechte
Farbbedeutung hat, aber das ist historisch unzutreffend, ja, es ist
fahrlässig falsch. Nazis hassen Schwarz-Rot-Gold, und das taten ihre
Held*innen des „Dritten Reichs“ ganz besonders, denn die deutsche
Farbanordnung war eine der Republik, der Demokratie, der Nichtdiktatur.
„Schwarz-Rot-Senf“ nannten sie in der Weimarer Republik diese Flaggenfarben
– senffarben als sprachlich offener Assoziationsraum für anale
Angstfantasien.
Schwarz-rot-goldene Fahnen könnten es in Dresden Bürger:innen leichter
machen, bei der Demonstration mitzumachen, denn die deutsche Nationalfahne
ist bis in die Linkspartei hinein genau jene, die für das Gros der Sachsen
und Sächsinnen einem Patriotismus entspricht, der sich vom giftigen
Nationalismus dadurch unterscheidet, dass er sich nicht über Anderes
(Menschen, Länder etc.) erhebt, sondern ein selbstbewusstes Statement zur
Republik birgt, keinen Totengesang auf diese – wie bei der AfD.
Dabei [4][käme es gerade in Sachsen (und Brandenburg) darauf an], ein
tatsächlich die völkisch gesinnte AfD als aussätzig markierendes Bündnis zu
begründen. Und das kann kein solitär linkes sein, keines, das allein die
Eingeweihten und oft alle die eigenen Auffassungen nicht teilenden Menschen
Verachtenden meint. Sondern auch Sozialdemokrat:innen, [5][Grüne wie Cem
Özdemir] (einen bekennenden Deutschen und Schwarz-Rot-Gold wertschätzenden
Politiker), Konservative wie auch, Pardon, Liberale, und sei es deren
Jugendverein, die Julis. Man muss sie, aus der Perspektive des jetzigen
Bündnisses, ja politisch nicht lieben, aber dass sie die Bundesrepublik
(Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit) im Gegensatz zur AfD
ebenso erhalten wollen, das darf zur Kenntnis genommen werden.
Wäre die Bundesrepublik ein solch rassistisches Schreckenskonstrukt, wie es
die Aversion gegen Schwarz-Rot-Gold nahelegt, dann wäre, nur nebenbei
bemerkt, kaum erklärbar, warum ausgerechnet dieses Land für Flüchtlinge aus
aller Welt, besonders aber aus Afrika und Asien eines der Hoffnung und des
Ankommens ist. Und weshalb, allen größeren und kleineren Schwierigkeiten im
Alltag sowie auch der durchaus hasserfüllten Atmosphäre gegen sie bei einer
lautstarken Minderheit zum Trotz, ist gerade Einwanderer:innen so an
Deutschland gelegen?
#unteilbar ist insofern eine Mogelpackung – die Veranstalter:innen teilen
sich im Verhältnis zu 90 Prozent aller anderen selbst ab: Wir sind die
Guten, die anderen sind die Unguten bis Bösen. Mit einer solchen
Bündnispolitik ist politisch kein Blumenpott zu gewinnen – es sei denn, man
hielte es schon für einen Erfolg, sich selbst mit den
gusseisern-einzig-richtigen Parolen versorgt zu haben.
Wer Menschen, die die Flagge der Bundesrepublik nicht für eine Zumutung
halten, nicht dabeihaben will, kann an einem politisch-kulturellen Erfolg
kein ernsthaftes Interesse haben. Man predigt sich stattdessen den hohen
Ton der guten Menschen vor – und hält das auch noch für tapfer und
aufrecht. Wem man zuallererst keinen Gefallen tut, sind die
Hunderttausenden Neubürger:innen in unserem Land: Die möchten, in aller
Diversität, Teil der (neu)deutschen Normalität werden. Wer schon einmal in
einem Rathaus wie dem von Berlin-Neukölln eine Einbürgerungszeremonie mit
angesehen hat, weiß, was ich meine.
23 Aug 2019
## LINKS
[1] /Demos-fuer-eine-offene-Gesellschaft/!5610291
[2] /Linken-Geschaeftsfuehrer-zu-Landtagswahlen/!5618805
[3] /Al-Quds-Tag-in-Berlin/!5599721
[4] /Politologe-ueber-die-CDU-in-Sachsen/!5617380
[5] /Debatte-um-Patriotismus/!5612624
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
#Unteilbar
Dresden
Wahlen in Ostdeutschland 2024
taz.gazete
#Unteilbar
#Unteilbar
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahlen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte um Patriotismus: „Wir“ und „die“, was soll das sein?
Manche Linke berufen sich auf ihre Liebe zur Heimat. Dabei ist es nötig,
ein „Wir“ zu schaffen, das sich auf Werte bezieht – und nicht auf Herkunf…
Unteilbar-Demo in Dresden war plural: Kein Tag der Umerziehung
Die Unteilbar-Demo in Dresden war vorab als Idee von Berliner
Besserwisserlinken kritisiert worden. Tatsächlich bewiesen die Sachsen das
Gegenteil.
Demonstration in der Landeshauptstadt: Dresden ist #unteilbar
Etwa 40.000 Menschen demonstrieren am Samstag in Dresden. Bei bestem
Spätsommerwetter lief der Zug friedlich durch die Landeshauptstadt.
Organisatorinnen über Unteilbar-Demo: „Wir wollen rechte Räume besetzen“
Vor der Demo in Dresden sprechen zwei Organisatorinnen über rechtes
Gedankengut im Osten, Möglichkeiten der Zivilgesellschaft und den Umgang
mit AfD und Pegida.
AktivistInnen über Einsatz gegen rechts: „Wir können viel bewegen“
Wer sich in den AfD-Hochburgen zivilgesellschaftlich engagiert, stößt oft
auf Widerstand. Vier AktivistInnen von #unteilbar setzen auf die
Solidarität der Linken.
Demos für eine offene Gesellschaft: 7.000 LeipzigerInnen sind unteilbar
Das Bündnis Unteilbar ruft zum „Sommer der Solidarität“ vor den
ostdeutschen Landtagswahlen auf. Es kommen mehr Menschen als erwartet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.