# taz.de -- Nach rechtem Anschlag in Wächtersbach: Solidarität gegen die Angst | |
> Nach dem Anschlag im hessischen Wächtersbach demonstrieren dort rund 250 | |
> Menschen gegen Rassismus. Nicht allen im Ort gefällt das. | |
Bild: Protest von Außerhalb? Die Wächtersbacher selbst sehen die Anti-Rassism… | |
Wächtersbach taz | „Wir haben Angst“, sagt Alganesh Micael. Sie steht an | |
der historischen Altstadt im hessischen Wächtersbach, umgeben von rund 250 | |
Demonstrant*Innen. An diesem Samstag-Mittag versammeln sie sich hier, um | |
Solidarität mit dem Deutsch-Eritreer Bilal zu zeigen, der vergangenen | |
Montag einen [1][Mordanschlag] durch den deutschen Rassisten Roland K. nur | |
knapp überlebte. Immer wieder schallt es „Kein Schlussstrich“ und „Kein | |
Mensch ist illegal, Bleiberecht überall“ durch den Ort. | |
„Der Zufall hat ihn getroffen“, betont Alganesh Micael in der Rede, die sie | |
vor den Demonstrant*Innen hält. Das bisherige Leben in Wächtersbach sei in | |
Ordnung, der Betroffene und seine Familie seien zufrieden gewesen. Doch nun | |
mache sich Angst in der schwarzen Community breit, ebenfalls Opfer | |
rassistischen Terrors zu werden. | |
Während die Demonstration vor allem von linken Aktivist*Innen aus Frankfurt | |
getragen wird, stehen Wächtersbacher Anwohner*Innen nur beobachtend oder | |
gar kopfschüttelnd am Rand. | |
Eine Frau aus dem Ort läuft allerdings im hinteren Teil der Demo mit, sie | |
möchte ebenfalls ein Zeichen setzen. Gegen den rassistischen Hass zwar – | |
das auch – aber eben auch gegen den „Linksterrorismus“, wie sie der taz | |
sagt. Viele im Ort hätten Vorbehalte gegen die Antifa-Gruppen, die im | |
Internet zur Demonstration aufgerufen haben, berichtet sie. Diese Abneigung | |
ist auch in verschiedenen Nachbarschafts-Gruppen auf Facebook nachzulesen, | |
in denen eine knappe Woche nach dem Anschlag vor allem der Medienrummel um | |
den Ort beklagt wird. | |
## Die rechte Szene des Täters: Das „Martinseck“ | |
Dabei hat der Main-Kinzig-Kreis, in dem Wächtersbach liegt, fraglos ein | |
Problem mit Rechtsradikalen. So zählt ein Antifa-Aktivist am Mikrophon | |
zahlreiche Neonazi-Gruppen auf, die in den vergangenen Jahren hier aktiv | |
waren. Der Landesverband der militanten Neonazipartei „Die Rechte“ gründete | |
sich etwa in einem Nebenort. Deren Mitgliedern konnte mittlerweile eine | |
Nähe zum Mörder des CDU-Politikers Walter Lübcke nachgewiesen werden. Die | |
Szene müsse entwaffnet und bekämpft werden, fordert der linke Aktivist in | |
seiner Rede deshalb. | |
Zwar konnte bisher nicht nachgewiesen werden, dass der Wächtersbacher | |
Schütze, in rechtsextremen Organisationen Mitglied gewesen sei, der Redner | |
verweist aber auf das Internet als zentrale Vernetzungs- und | |
Radikalisierungsplattform. Und dann gibt es da noch die örtliche Kneipe: | |
„Rolands rechte Szene heißt Martinseck“, so der junge Mann. In der Kneipe | |
mit diesem Namen soll Roland K. [2][seinen Anschlag erst angekündigt und | |
danach begossen haben], bevor er sich das Leben nahm. | |
Bei der Demonstration am Samstag geben sich die Aktivist*Innen allerdings | |
auch Mühe, eben nicht nur vom rassistischen Täter, sondern auch vom | |
unschuldigen Opfer des Anschlags zu sprechen. „Gute Besserung, Bilal“, ruft | |
etwa ein schwarzer Aktivist namens Thomas unter lautem Beifall in die | |
Menge. Im Anschluss kritisiert er die Kontinuität des Rassismus, unter dem | |
Schwarze in Deutschland zu leiden hätten und von dem die | |
Mehrheitsgesellschaft nicht reden wolle. Der rechte Terror sei nur das | |
aggressivste, sichtbarste Element hiervon. Ein Zeichen der Solidarität, wie | |
die Demonstration, sei zwar gut und wichtig, so der junge Mann. „Doch erst | |
müssen aus Transparenten Worte und Taten werden. Hier in Wächtersbach und | |
überall.“ | |
28 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Kevin Culina | |
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