Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- YouTube-Kanal der Deutschen Welle: „+90“ hat jetzt 100.000
> Nach zwei Monaten sieht die Deutsche Welle ihren türkischsprachigen
> YouTube-Kanal als Erfolg. Mit politischen Themen ist man vorsichtig.
Bild: „Verbinde dich mit der unabhängigen Öffentlichkeit“ – das ist zum…
Die Verantwortlichen sehen ihn als „tollen Erfolg“, den türkischsprachigen
YouTube-Kanal der Deutschen Welle. Ende Mai hat der staatliche
Auslandssender zusammen mit BBC, Voice of America und France 24 auf YouTube
das Videoangebot „+90“ gestartet. Und das haben seither über 100.000
Menschen abonniert – nach Angaben der Macher sind das zum großen Teil
Menschen im Alter von 18 bis 35 Jahren, die in der Türkei leben.
„Das passt zu unserer Digitalstrategie, spezifische Produkte für die
unterschiedlichen Kanäle anzubieten“, freut sich DW-Chefredakteurin Ines
Pohl. Einer der erfolgreichsten Beiträge, der rund aktuell 670.000 Mal
angeklickt wurde, befasste sich mit dem Thema Intersexualität – eher ein
Tabuthema in der Region.
Vor dem Start des Programms reiste DW-Intendant Peter Limbourg allerdings
erst mal nach Ankara, um deutlich zu machen, es gehe nicht um einen
Erdoğan-Verhinderungssender, und um die staatlichen Vertreter einzuladen,
sich ebenfalls einzubringen. Dennoch seien die offiziellen Reaktionen
bislang eher abweisend, heißt es nun. In einem Land, im dem der Präsident
Einfluss auf die meisten Medien ausüben kann, wurde der Start von +90
kritisch gesehen.
Erst vor Kurzem kritisierte die AKP nahe Zeitung Sabah den YouTube-Kanal.
Dieser gebe nur eine bestimmte Sicht auf die Türkei wieder. Ein Warnsignal
dürfte auch der Bericht gewesen sein, den die AKP- und damit regierungsnahe
Stiftung Seta vor Kurzem veröffentlichte: Internationalen
Berichterstattern, darunter auch Vertretern der Deutschen Welle oder der
Frankfurter Allgemeinen, wurde in der Publikation regierungsfeindliche und
einseitige Berichterstattung vorgeworfen. Vereinzelt fanden sich auch
konkrete Nennungen von Journalisten, die in die Nähe von PKK und
Terroristen gerückt wurden.
## Werden bestimmte Inhalte ausgeklammert?
„Repressionen gibt es bisher nicht, auch wenn wir keine regierungsnahen
O-Töne bekommen“, sagt der Leiter der Redaktion Deutsche Welle Türkisch,
Erkan Arıkan.
Im Mittelpunkt des Angebots stehen Wirtschafts-, Gesellschafts-, soziale
Themen und Erklärstücke, zum Beispiel eine Reihe der BBC über
alleinstehende Frauen. Eine aktuelle politische Berichterstattung gibt es
nicht. Werden bestimmte Inhalte also ausgeklammert, um Journalisten vor
Verhaftung oder Verfolgung zu schützen? Möchten die Macher vermeiden, dass
+90 als politischer Akteur wahrgenommen werden könnte? Solche Überlegungen
spielten keine Rolle, heißt es dazu knapp vom Sprecher.
Pohl jedenfalls betont, man achte auf die Sicherheit der Mitarbeiter vor
Ort: „Im Zweifelsfall entscheiden wir, dass Kollegen zu bestimmten Orten
gar nicht erst entsandt werden.“
Mit der Resonanz ist Arıkan zufrieden: „Wir haben nicht erwartet, dass wir
so schnell so viele Menschen dort erreichen werden.“ Oberstes Ziel: Die
„Entscheider von Morgen“ mit Informationen zu versorgen. Dass dies zu
gelingen scheint, sei auch ein Verdienst der „Verpackung“ des Angebots.
## Erfolg für das „wundersame Gift des Skorpions“
Die hat übrigens Designerin Gabi Madračević mit ihrem Team der Agentur
Luxlotusliner entwickelt. Die Plattform sollte durch ihr Erscheinungsbild
eine klare Identität erhalten, die ein junges Publikum anspricht – und die
zugleich deutlich macht, dass hier ein Raum für freie Berichterstattung,
Austausch und Diskussion zur Verfügung steht.
„Ein YouTube-Channel ist seiner Natur nach fragmentiert und eben nonlinear,
anders als ein klassischer Fernsehkanal“, beschreibt Madračević die
Herausforderung, „im Grunde geht es um eine Sammlung von Beiträgen, ein
Archiv sozusagen.“
Insofern gab es außer dem Logo und der auffälligen Farbgebung in Gelb kaum
Raum für Gestaltung. So stehen die Beiträge selbst nicht nur inhaltlich im
Mittelpunkt, sondern sind auch die Hauptträger des Designs. 45 Filme
zwischen fünf und dreißig Minuten lang stellt +90 inzwischen zur Verfügung,
jede Woche kommen drei neue dazu. Der bisher erfolgreichste Clip mit über
700.000 Abrufen übrigens handelt vom „wundersamen Gift des Skorpions“.
Ob +90 vielleicht einmal ein „richtiger“ Fernsehsender wird, ist noch
offen, aber, so der Kreativdirektor der Deutschen Welle Holger Zeh: „Das
Erscheinungsbild des YouTube-Kanals wurde von Anfang an für multimediale
Anforderungen konzipiert.“
3 Aug 2019
## AUTOREN
Wilfried Urbe
## TAGS
Deutsche Welle
Youtube
Türkei
Pressefreiheit in der Türkei
Schwerpunkt #metoo
Drama
Opposition in der Türkei
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sexuelle Belästigung: #metoo bei Deutsche Welle
Ein Moderator der Deutschen Welle soll Frauen sexuell missbraucht haben. Er
bestreitet dies, der Sender hat sich dennoch von ihm getrennt.
Filmdrama um das Thema Nähe: Das Projekt der Pilotin
İlker Çatak seziert in „Es gilt das gesprochene Wort“ facettenreich das
Thema Nähe. Der Filmtitel sendet auch eine Botschaft an die
Protagonist*innen.
LGBTI in der Türkei und in Berlin: „Man kann uns nicht ignorieren“
Das Pride-Verbot in Istanbul gilt nach wie vor. Wie ist die Lage von LGBTI
nach den Gezi-Protesten? Darüber diskutierten Aktivist*innen in Berlin.
Justiz in der Türkei: Gericht stärkt Meinungsfreiheit
Türkische Akademiker, die wegen Terrorpropaganda verurteilt wurden, sind
mit Beschwerde erfolgreich. Das lässt auch Exilierte hoffen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.