# taz.de -- Schwangerschaftsabbruch in Kassel: Strafverfahren eingestellt | |
> Das Amtsgericht Kassel hat das Strafverfahren gegen zwei Frauenärztinnen | |
> wegen verbotener „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ | |
> eingestellt. | |
Bild: Freigesprochen: die Kasseler Gynäkologinnen Nora Szász und Natascha Nic… | |
KASSEL/GIEßEN epd | Das Amtsgericht Kassel hat das Strafverfahren gegen die | |
beiden Kasseler Frauenärztinnen [1][Nora Szász und Natascha Nicklaus] | |
eingestellt. Sie waren wegen des Vorwurfs der verbotenen Werbung für | |
Schwangerschaftsabbrüche nach [2][Paragraf 219a] angeklagt. Die Ärztinnen | |
hatten auf der Internetseite ihrer Praxis über Abtreibungen informiert. | |
Die ihnen in der Anklageschrift zur Last gelegte Tat sei nach bisherigem | |
Recht strafbar gewesen, teilte das Amtsgericht am Freitag mit. Der | |
Strafrechtsparagraf sei jedoch am 29. März geändert worden. Nach neuem | |
Recht sei „keine Strafbarkeit mehr gegeben“. | |
Vor der Entscheidung hat es laut Gericht eine Anhörung der Beteiligten | |
gegeben. Die Staatsanwaltschaft habe mitgeteilt, dass sie nach Änderung des | |
Gesetzes keine Strafbarkeit mehr sehe. Der Beschluss ist nach Angaben des | |
Gerichts anfechtbar, die Entscheidung sei noch nicht rechtskräftig. | |
„Wir freuen uns, allerdings eingeschränkt“, sagte Nora Szász dem | |
Evangelischen Pressedienst. Das Urteil zeige: „Man darf informieren, und | |
wir informieren.“ Die Ärztinnen geben auf der Internetseite ihrer Praxis | |
den Hinweis „Schwangerschaftsabbruch, operativ oder medikamentös“. | |
Der Paragraf 219a verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus | |
wirtschaftlichen Interessen oder in „grob anstößiger Weise“. In der | |
Vergangenheit führte das auch zu einer Verurteilung von Ärzten, die aus | |
ihrer Sicht rein sachlich über Abtreibungen informierten. | |
## Noch immer keine Sicherheit | |
Aufgrund des Paragrafen musste sich die Gießener Ärztin Kristina Hänel im | |
November 2017 vor Gericht verantworten. Ihre Verurteilung zu einer | |
Geldstrafe löste eine bundesweite Protestwelle aus. Im Februar dieses | |
Jahres beschloss der Bundestag einen Kompromiss zum Paragrafen 219a. In der | |
neuen Fassung ist ihm ein vierter Absatz hinzugefügt. Ärzten ist es demnach | |
künftig erlaubt, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche | |
vornehmen. Für weitere Informationen müssen sie aber an dafür befugte | |
Stellen verweisen. | |
Das Verfahren gegen Hänel ist noch nicht beendet: Am Mittwoch hob das | |
Oberlandesgericht Frankfurt [3][das Urteil gegen die Gießener Ärztin auf] | |
und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Gießen | |
zurück. | |
Sie fordere weiterhin die komplette Abschaffung des Paragrafen 219a, sagte | |
Szász. Es gebe für die Ärzte noch immer keine Sicherheit. So seien zwei | |
Berliner Ärztinnen [4][aufgrund des 219a verurteilt worden]. Auch sie | |
selbst könnte jederzeit wieder angezeigt werden, sagte die Kasseler Ärztin. | |
5 Jul 2019 | |
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