# taz.de -- Angriff auf Geflüchtetenlager in Libyen: USA verhindern Verurteilu… | |
> Die USA blockieren eine gemeinsame Erklärung, eine Dringlichkeitssitzung | |
> bleibt ergebnislos. Die UN sehen Hinweise auf ein Kriegsverbrechen. | |
Bild: Das Lager nach dem Angriff | |
NEW YORK dpa/reuters | UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat nach dem | |
folgenschweren Angriff auf ein Lager mit afrikanischen Migranten in Libyen | |
eine unabhängige Untersuchung gefordert. Er sei „entrüstet“ und verurteile | |
die Tat nahe der Hauptstadt Tripolis auf Schärfste, teilte Guterres' | |
Sprecher Stéphane Dujarric am Mittwoch (Ortszeit) in New York mit. Er | |
betonte, dass die UN den Konfliktparteien die exakten Koordinaten des | |
Lagers übermittelt hätten. Die Schuldigen müssten ausfindig gemacht werden. | |
Eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats ging unterdessen zunächst | |
ohne eine gemeinsame Position zu Ende. | |
Zu dem tödlichen Luftangriff auf ein Lager mit Migranten in Libyen hat der | |
UN-Sicherheitsrat Diplomaten zufolge keine klare Stellung bezogen. Das | |
mächtigste Gremium der Vereinten Nationen habe sich am Mittwoch hinter | |
verschlossenen Türen mit dem Angriff befasst. Die USA hätten jedoch eine | |
Erklärung verhindert, mit der der Vorfall verurteilt und eine Feuerpause | |
gefordert worden wären. Warum die USA, die in dem 15-köpfigen Rat ein | |
Vetorecht haben, die Erklärung nicht mittragen wollten, war zunächst nicht | |
klar. | |
Bei dem Blutbad nahe Tripolis waren in der Nacht zum Mittwoch mindestens | |
[1][44 Menschen] getötet und etwa 130 weitere verletzt worden. Es ist der | |
folgenschwerste Angriff, seit der einflussreiche General Chalifa Haftar im | |
April eine Offensive auf Tripolis angeordnet hatte. Die international | |
anerkannte Regierung des Landes machte Haftar für die Tat verantwortlich. | |
Guterres forderte alle Konfliktparteien dazu auf, sich an geltendes | |
humanitäres Recht zu halten. Zivilisten müssten mit allen Mitteln geschützt | |
werden. Die Vereinten Nationen äußerten sich aber nicht dazu, wen sie für | |
verantwortlich hielten. Guterres Sprecher schloss auf Nachfrage nicht aus, | |
dass es sich um ein Kriegsverbrechen handeln könnte. Auch das | |
US-Außenministerium verurteilte die Angriffe. | |
## Haftars LNA weist Vorwürfe zurück | |
Im ölreichen Libyen herrscht acht Jahre nach dem Sturz des | |
Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi in weiten Teilen des mehrfach | |
gespaltenen Landes [2][Anarchie]. Im blutigen Machtkampf zwischen der | |
international anerkannten Regierung in Tripolis und General Haftar mischen | |
sich zahlreiche Länder ein. Regionale Milizen, Banden und Extremisten wie | |
die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nutzten das aus. Der gescheiterte | |
Staat in Nordafrika ist zudem auch wichtiges Transitland für Migranten, die | |
nach Europa wollen. | |
Das mit Migranten überfüllte Lager Tadschura ist nach Angaben von UN und | |
Menschenrechtsorganisationen ein Internierungslager. Dort seien mehr als | |
600 Migranten unterschiedlicher Nationalitäten untergebracht, hieß es. In | |
dem getroffenen Lagerteil lebten rund 150 Männer aus verschiedenen | |
afrikanischen Ländern, sagte Mabruk Abdel-Hafis, der im Auftrag der | |
Regierung in Tripolis mit Migranten arbeitet. | |
Haftars selbst ernannte Libysche Nationale Armee (LNA) wies die Vorwürfe, | |
für das Massaker verantwortlich zu sein, zurück und beschuldigte ihrerseits | |
Regierungstruppen. Seit April wurden bei den Kämpfen um die Hauptstadt | |
Tripolis mehr als 700 Menschen getötet und 4400 verletzt. Rund 70 000 | |
Menschen wurden durch die Kämpfe vertrieben. | |
Erst am Montag hatte die LNA schwere Angriffe auf Tripolis angekündigt. | |
[3][Haftar herrscht] über weite Teile des Landes, die schwache | |
international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch | |
– der auch von Deutschland unterstützt wird – dagegen besitzt kaum Einfluss | |
über die Grenzen der Hauptstadt hinaus. | |
4 Jul 2019 | |
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