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# taz.de -- Umstrittenes Totalherbizid: Österreich verbietet Glyphosat
> Österreich hat als erstes Land in der EU ein Verbot des Totalherbizids
> Glyphosat beschlossen. Ob das rechtlich hält, ist eine andere Frage.
Bild: Greenpeace sprach beim österreichischen Glyphosat-Verbot von einem „hi…
Wien dpa | Österreich hat als erstes Land in der EU den Einsatz des
umstrittenen Totalherbizids Glyphosat verboten. Der Nationalrat hat am
Dienstag mehrheitlich einem Antrag der SPÖ zugestimmt. Der nationale
Alleingang ist rechtlich umstritten. Das Verbot könnte EU-Recht
widersprechen, [1][da die EU-Pflanzenschutzverordnung Glyphosat noch bis
Ende 2022 erlaubt]. Die einzelnen Mitgliedsländer können nur in absoluten
Ausnahmefällen ein Verbot von zugelassenen Wirkstoffen verhängen.
Dennoch sprach die Umweltschutzorganisation Greenpeace von einem
„historischen Meilenstein“. Nun liege der Ball bei der EU-Kommission, die
gegen den Beschluss binnen drei Monaten Einspruch erheben können. Die
EU-Kommission habe die Möglichkeit nationaler Verbote zugesichert. Sie
dürfe ihr Versprechen jetzt nicht brechen.
Der Wirkstoff Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Er wurde
von der heutigen Bayer-Tochter Monsanto als Herbizid auf den Markt
gebracht. In Nordamerika wurde das Mittel seit den 1970er Jahren unter dem
Markennamen Roundup vertrieben. Der Bayer-Konzern sieht sich in den USA mit
einer [2][Klagewelle wegen möglicher Gesundheitsschäden durch Glyphosat]
konfrontiert. Seit Auslaufen des Patentschutzes wird Glyphosat auch in den
Mitteln zahlreicher anderer Anbieter eingesetzt.
Frühere Versuche, den Stoff zu verbieten, scheiterten. So musste das
Bundesland Kärnten ein generelles Verbot zurücknehmen. Mit Blick auf die EU
gilt das Verbot dort nur in öffentlichen Parks oder Gärten, Friedhöfen,
Sport- und Freizeitplätzen, Schwimmbädern, Schulgeländen oder auf
Kinderspielplätzen.
Zu Skepsis in Sachen Verbot neigt eine [3][„nationale Machbarkeitsstudie
Glyphosat“], bei der unter anderem Wissenschaftler der Wiener Universität
für Bodenkultur (BOKU) 400 Studien ausgewertet haben. Ihrer Einschätzung
nach würde ein generelles Verbot von Glyphosat gegen EU-Recht verstoßen.
Der Einsatz könne aber deutlich eingeschränkt werden. Zudem bescheinigten
sie, dass Glyphosat kein erhöhtes Risiko zu vergleichbaren anderen
Pestiziden habe.
Auch das deutsche Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft betrachtet
ein Glyphosat-Totalverbot mit Skepsis. „An unserer rechtlichen
Einschätzung, dass ein Totalverbot (EU-)rechtswidrig wäre, hat sich nichts
geändert“, hieß es am Dienstag aus dem Ministerium. „Diese wird auch durch
Kommissions-Stellungnahmen in verschiedenen Notifizierungsverfahren zu
regionalen Glyphosatverboten unterstützt.“
## Größtmöglicher Schutz
FPÖ-Fraktionschef Norbert Hofer meinte, dass man die Entscheidung der EU
nicht beeinflussen könne. „Wir denken aber, dass wir mit unserer
Entscheidung den größtmöglichen Schutz der heimischen Konsumentinnen und
Konsumenten sichergestellt haben.“
Bisher ist der Einsatz von Glyphosat in keinem Land der Welt verboten.
Vietnam hat dies unlängst zwar beschlossen, dort dürfen aber noch
Restbestände verbraucht werden. Zwischenzeitlich gab es ein Verbot in Sri
Lanka, die Regierung steuerte aber um.
Der Wirkstoff ist hochumstritten. Eine Unterbehörde der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich
krebserregend“ ein. Andere Behörden und Studien kamen zum Schluss, dass
Glyphosat bei sachgemäßer Handhabung sicher sei.
## Im Paket mit Gentech-Pflanzen
Der Wirkstoff spielt vor allem in Nord- und Südamerika eine große Rolle, wo
Landwirte auf gentechnisch veränderte Pflanzen setzen. Solche
Glyphosat-resistenten Pflanzen ermöglichen den Einsatz des Herbizids auch
nach der Aussaat – Pflanzen ohne gentechnische Veränderungen würden nach
dem Spritzen daran kaputtgehen.
In der EU werden gentechnisch veränderte Pflanzen derzeit nicht im großen
Stil angebaut, daher schränken sich die Einsatzmöglichkeiten von Glyphosat
stark ein – bestimmte Felder werden vor der Aussaat damit bespritzt, um
Unkraut den Garaus zu machen.
Die deutsche Bundesregierung will voraussichtlich im September ein Konzept
zum Umgang mit Glyphosat präsentieren. Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
bekannte sich jüngst ausdrücklich zu dem im Koalitionsvertrag vereinbarten
Ausstieg: „Wir werden dahin kommen, dass es eines Tages keinen
Glyphosat-Einsatz mehr gibt.“
2 Jul 2019
## LINKS
[1] /EuGH-zum-Unkrautvernichter/!5576666
[2] /Monsanto-Prozess-in-den-USA/!5595574
[3] https://www.bmnt.gv.at/land/land-bbf/Forschung/machbarkeitsstudie.html
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