Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ex-Fußballtrainer über Fußball-WM: „Wir sind ausgelaugt“
> Frauenfußball-Altmeister Bernd Schröder über die Vorzüge des
> Halbprofitums. Und einen viel zu zögerlichen Deutschen Fußball-Bund.
Bild: „Es geht um Kontinuität“, sagt Bernd Schröder, Ex-Coach des 1. FFC …
taz: Herr Schröder, fühlen Sie sich von [1][dieser Weltmeisterschaft] gut
unterhalten?
Bernd Schröder: Naja, meine Erwartungen an das deutsche Team waren von
Anfang an nicht so hoch, weil es wacklig war und wacklig ist. Es hat ja
dann auch durchwachsen gespielt, aber die Leistungen der Amerikanerinnen
und Engländerinnen sind schon gut. Der Frauenfußball hängt nicht allein von
Deutschland ab.
Das Aus der Deutschen, war das Pech oder Unvermögen?
Die DFB-Elf hatte nicht das Format, um bei diesem Turnier zu bestehen.
Trotz aller Defizite hat sie aber die Leistung gezeigt, die in ihr steckt.
Schweden ist freilich keine Übermannschaft. Wenn man gegen Schweden
ausscheidet, war man einfach nicht gut genug.
Was hat die DFB-Elf aus Ihrer Sicht falsch gemacht?
Wir haben nie eine Formation gehabt, die über zwei oder drei Spiele
konstant gespielt hat. Es gab eine Rotation, die sicherlich gut gemeint war
von der Bundestrainerin, die aber nicht funktioniert hat. Man hat sich auch
zu sehr versteift auf das eventuelle Mitwirken von Dzsenifer Marozsán. Sie
ist kein Heilsbringer. Wenn man sich nur auf sie konzentriert, dann geht
das nach hinten los – wie man gesehen hat.
War Marozsáns Einsatz im [2][Schweden-Spiel] nach dem Zehenbruch in der
Vorrunde ein Fehler?
Ich kenne sie gut. Sie ist keine Spielerin, die in so einer Situation eine
Mannschaft mitreißen kann. Ich denke, es war falsch, sie in der zweiten
Halbzeit zu bringen, auch wenn sich das im Nachhinein leicht sagen lässt.
Es wäre vielleicht besser gewesen, sie von Anfang an einzusetzen.
Nach dem Aus im Viertelfinale drängt sich der Eindruck auf, dass das
DFB-Team den Anschluss an die absolute Weltspitze verloren hat. Aber das
scheint die aktuelle DFB-Führung um [3][Interimspräsident Rainer Koch] oder
DFB-Direktor Oliver Bierhoff nicht zu stören. Sie haben die WM-Performance
ausdrücklich gelobt.
Diese Leute betrachten ja den Frauenfußball sehr flüchtig. Man muss aber
auf die Klubs und deren Nachwuchsförderung schauen. Die Klubs sind die
Henne, und die Nationalmannschaft ist das Ei, bildlich gesprochen. Wenn wir
in den letzten Jahren keinen Champions-League-Sieger stellen konnten, den
wir vor Jahren noch hatten, dann ist das ein Zeichen dafür, dass wenig
Potenzial in den Klubs entwickelt wird.
Ist zu wenig Geld da?
Ich sehe nicht das Primat des Geldes. Natürlich gehört eine gute
Finanzierung dazu, aber ich bin und bleibe ein Anhänger des dualen System.
Das heißt?
Dass die Spielerinnen ihren Leistungssport mit der Schule, dem Studium, der
Berufsausbildung oder dem Beruf vereinbaren können.
Okay, Sie sind ein Verfechter des Halbprofitums. Aber muss sich der
deutschen Frauenfußball nicht gerade davon verabschieden, um mit der
Entwicklung in England oder Spanien mitzuhalten, Länder, die auf Vollprofis
setzen?
Dann muss die Professionalisierung im Nachwuchsbereich ansetzen. Die
Spielerinnen fallen ja nicht vom Himmel. Wenn sie keine Spielerinnen und
somit keinen Markt haben für ein System mit Vollprofis, dann funktioniert
es eben nicht, auch wenn sie Millionen von Euro da herein pumpen. Es mag
hier und da in Europa klappen, aber der Frauenfußball braucht eine
weltweite Entwicklung. Er muss von unten wachsen und sich nach oben
durchsetzen.
Ist die Angliederung des FFC Frankfurt an die Eintracht der Weg, den alle
Frauenfußballklubs in Deutschland beschreiten sollten, also der SC Sand
oder SGS Essen?
Nein, das geht ja gar nicht. Essen müsste nach Dortmund gehen. Ich weiß
nicht, ob das funktionieren würde. Ich bin für eine gute Mischung. Klar, es
soll Klubs geben, die auf Frauenfußball setzen, aber dann müssen diese
Klubs auch mit Herz und Leidenschaft dabei sein. Eine breite Basis haben
wir aber nur, wenn wir auch Vereine haben, die nicht an Bundesligaklubs wie
Eintracht Frankfurt angegliedert sind.
Der Leidenschaft könnte man doch nachhelfen, indem der DFB sagt, wir
lizensieren Bundesligaklubs nur, wenn die nachweisen, dass sie es ernst
meinen mit der Förderung des Frauenfußballs?
Ja, diese Diskussion hatten wir ja schon vor der WM 2011. Aber das hat sich
nicht durchgesetzt, also die Auffassung, dass man mit Geld und Auflagen
alles von oben regeln und steuern kann. Mit Verordnungen regeln sie nichts,
Frauenfußball muss nämlich aus dem Herzen kommen. Wir müssen aufpassen,
nicht die Seele des Frauenfußballs kaputt zu machen.
In England und Spanien sieht man das anders.
Ja, aber für mich ist ein Wort besonders wichtig: Nachhaltigkeit. Der
Frauenfußball in Deutschland hat eine sehr große Nachhaltigkeit. Die Ligen
und Klubs in Spanien oder England müssen erst einmal nachweisen, dass sie
es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen.
Was verstehen Sie genau unter Nachhaltigkeit?
Wenn sich etwas über Jahrzehnte hält und sich gewisse Strukturen
etablieren. Nachhaltigkeit ist mehr als Millionen reinzuschmeißen – und in
fünf Jahren ist alles wieder kaputt. Man braucht einen langen Atem. Es geht
um Kontinuität. Die haben wir in Deutschland, auch wenn wir jetzt
vielleicht ausgelaugt sind und neue Gedanken her müssen.
Wenn es hierzulande also einen fußballerischen Burn-out gibt, warum stellt
dann der Deutsche Fußball-Bund nicht eine Task Force zur Entwicklung des
Frauenfußballs auf, sondern sagt, es sei schon alles irgendwie in Ordnung?
Ich habe sechs DFB-Präsidenten erlebt, und derzeit gibt es nun mal keine
richtige Führung. Der Verband ist mit sich selbst beschäftigt. Die haben in
ihren Führungsgremien andere Probleme, als auf den Frauenfußball zu gucken.
Deswegen sagen sie: Passt schon, alles gut, es gibt keine Probleme. Das ist
völlig oberflächlich.
2 Jul 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-WM-Aus-fuer-Deutschland/!5608520
[2] /WM-Aus-gegen-Schweden/!5608434
[3] /Kommentar-Bericht-zur-DFB-Affaere/!5280751
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Frauenfußball
Frauen-Fußball-WM 2023
Turbine Potsdam
Fußball
Turbine Potsdam
Frauen-WM 2019
DFB Team Frauen
DFB Team Frauen
Frauen-WM 2019
DFB-Präsident
DFB-Präsident
Frauen-WM 2019
## ARTIKEL ZUM THEMA
Klare Niederlage für Turbine Potsdam: Echt kein Spitzenspiel
Sportplatz: Turbine Potsdam kassiert zu Hause mit ultra-defensiver Taktik
gegen den VfL Wolfsburg eine deutliche 0:3-Pleite.
Kolumne B-Note: Unbekannte Kontinente
Wo 2023 WM ist, bestimmt die Fifa erst nächstes Jahr. Bewerber gibt es
viele – zwei Länder würden aber das Geraune um Frauenfußball unterbinden.
Ex-DFB-Spielerin Sharon Beck: Zum Fußball nach Israel
Sharon Beck gehörte 2018 noch zum DFB-Kader. Doch die Fußballerin entschied
sich, lieber für Israel zu spielen. Warum?
Studie der Fifa zu Frauenfußball: Luft nach oben
Eine Studie der Fifa gibt einen Überblick über den Entwicklungsstand des
Frauenfußballs auf der Welt. Der DFB kommt dabei nicht gut weg.
Schweden in der Frauen-WM: Mit Momentum und Glück
Schweden ist das Überraschungsteam des Halbfinals. Die in die Jahre
gekommenen Stars bilden immer noch ein starke Defensive.
Kommentar WM-Aus für Deutschland: Anhaltende Verzwergung
Toller Auftritt? Die Führung des DFB will nach dem WM-Aus der deutschen
Frauen den Ernst der Lage partout nicht erkennen.
Kolumne B-Note: Deutschland schläft
Das Aus der deutschen Elf im Viertelfinale gegen Schweden steht für die
Stagnation im deutschen Frauenfußball. Wann reagiert der DFB?
DFB-Team vor dem Viertelfinale: Das Spiel ist nur nicht kreativ
Vor der Partie gegen Schweden wird diskutiert: Kann sich das Team noch
steigern? Waren die bisherigen Siege verdient? Wo ist die Spielmacherin?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.