# taz.de -- Seilbahn in Marzahn: Sie soll weiter gondeln | |
> Der Senat will Berlins einzige Seilbahn auch nach 2020 erhalten und plant | |
> deshalb eine Million Euro im Entwurf zum Doppelhaushalt 2020/21 ein. | |
Bild: Rund 30 Meter über der Erde: Die Seilbahn in Marzahn ist einzigartig in … | |
Die rot-rot-grüne Koalition will Berlins einzige Seilbahn am Kienberg in | |
Marzahn auch über das Jahr 2020 hinaus sichern. Im Entwurf des | |
Doppelhaushaltes 2020/21 findet sich eine entsprechende Position von 1,053 | |
Millionen Euro als „Voraussetzung für eine langfristige Perspektive“ der | |
Seilbahn ab dem Jahr 2021. Erhalten soll das Geld allerdings nicht die für | |
den Nahverkehr eigentlich zuständige BVG, sondern die Grün Berlin GmbH, die | |
die Gärten der Welt in Marzahn betreibt. Vor den Toren dieser Gartenanlage | |
endet die nur 1,5 Kilometer kurze Seilbahnstrecke, auf der man rund fünf | |
Minuten lang über Berlin schweben kann. Gute Aussicht inklusive. | |
Die Seilbahn wurde 2017 für die Internationale Gartenbauausstellung für 14 | |
Millionen Euro errichtet. Sie verbindet die Gärten der Welt über den 102 | |
Meter hohen Kienberg hinweg mit der U-Bahnstation Kienberg und ermöglicht | |
Berlinern und Touristen – und das ist einmalig nördlich des Harzes – eine | |
Fahrt in gläsernen Gondeln mit Blick auf die Landschaft. Ihre Errichtung | |
verhinderte, dass die IGA-Besucher das dazwischen liegende ökologisch | |
sensible Feuchtbiotop Wuhletal zertrampelten. Bis 2020 war die Finanzierung | |
der Seilbahn von Beginn an gesichert. Über die Zukunft gab es eine rege | |
Debatte. | |
Vor allem Bewohner und Politiker aus dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf wollen | |
die ihnen lieb gewordene Attraktion unbedingt erhalten. Sie wertet das arg | |
ramponierte Image des Bezirkes auf, so der Tenor, der sonst eher mit den | |
Begriffen Platte, Rechtsextremismus, „jwd“ und Armut in Verbindung gebracht | |
wird. Die Seilbahn vermag es, Touristen dorthin zu locken. Und sie verkürzt | |
für Marzahner den Weg zur U-Bahn und könnte darum dazu beitragen, den | |
Autoverkehr zu reduzieren, so die Argumente von Politikern von Rot-Rot-Grün | |
sowie von der CDU. | |
Damit mussten Abgeordnete allerdings beim Senat Überzeugungsarbeit leisten. | |
Noch im vergangenen Jahr konnte sich Verkehrssenatorin Regine Günther | |
(Grüne) nicht mit dem Gedanken anfreunden, dauerhaft eine Seilbahn in | |
Marzahn zu finanzieren. Das sei zu teuer und für die Verkehrserschließung | |
vor Ort nicht notwendig, lautete damals ihr Argument. | |
## Integration in öffentlichen Nahverkehr | |
„Die Einstellung des Geldes in den Doppelhaushalt bedeutet, dass man in | |
Zukunft mit dem BVG-Ticket Seilbahn fahren kann, statt wie bisher für 6,50 | |
Euro“, sagt die aus Marzahn stammende SPD-Abgeordnete Iris Spranger der | |
taz. Wann das so weit sein wird, stehe aber noch nicht fest. | |
Ihre Kollegen Stefan Ziller von den Grünen und Kristian Ronneburg von den | |
Linken widersprechen ihr. „Dazu gibt es noch überhaupt keine Entscheidung. | |
Um die herbeizuführen, muss Berlin erst einmal mit der Leitner-AG, die die | |
Seilbahn baute und sie derzeit ohne Gewinn betreibt, über das Geld | |
verhandeln“, so Ziller. | |
Als Ziel begrüßen die Grünen ebenso wie SPD, die Linken und die CDU | |
allerdings eine Integration der Seilbahn in den öffentlichen Nahverkehr, | |
sodass man zum BVG-Tarif mitfahren kann. Ziller zufolge wäre das ein | |
wichtiger Baustein „für das Konzept des Senates, auch Stadtteile außerhalb | |
der Innenstadt touristisch zu erschließen“. | |
Damit das passiert, da sind sich die Politiker einig, muss sich aber etwas | |
ändern. Die Seilbahn müsse dann beispielsweise auch im Berufsverkehr fahren | |
und nicht nur zu touristenfreundlichen Zeiten zwischen 10 und 17 Uhr wie | |
bisher. Der Senat prüft diese Option. | |
## Verkehrserschließungen per Seilbahnen | |
Die Grünen wollen eine Erweiterung der Strecke „in Richtung Alt-Marzahn | |
oder Köpenick, je nachdem, wo die verkehrlich größte Wirkung ist“, so ihr | |
Abgeordneter Stefan Ziller. Die CDU hatte sogar gefordert, die Seilbahn | |
langfristig in das Eigentum der BVG zu überführen. Die Überlegung sei bei | |
der BVG selbst nicht auf Freude gestoßen, weiß der linke Abgeordnete | |
Kristian Ronneburg. „Die BVG hat keine Erfahrungen mit Seilbahnen und kein | |
Fachwissen.“ | |
Offiziell bestätigen will BVG-Sprecher Markus Falkner die Vorbehalte | |
allerdings nicht. „Das wäre eine Entscheidung des Senats“, sagt er der taz. | |
„Und als landeseigenes Unternehmen würden wir die Seilbahn betreiben, wenn | |
der Senat das so will.“ | |
Die SPD-Abgeordnete Iris Spranger freut sich, „dass wir die | |
Verkehrssenatorin von der Seilbahn überzeugen konnten. Der nächste Schritt | |
muss es jetzt sein, über mehr Seilbahnen für Berlin nachzudenken“, sagt sie | |
der taz. Seilbahnen seien ihrer Überzeugung nach vor allem für die | |
Erschließung neu zu bauender Stadtquartiere sinnvoll. „Sie sind schnell und | |
preiswert zu bauen, leise, verbrauchen wenig CO2 und können auch von | |
Menschen mit Behinderung genutzt werden. Diese innovative Verkehrsform hat | |
in Großstädten Zukunft.“ | |
Ein Problem besteht allerdings darin, dass der Verkehr bei Unwetter | |
eingestellt werden muss. Ihr Kollege Henner Schmidt von der FDP stimmt | |
Spranger mit einer Einschränkung zu. „Ich begrüße, dass Berlin über | |
Verkehrserschließungen per Seilbahnen nachdenkt. Allerdings macht die | |
Schwebebahn an der jetzigen Stelle wenig Sinn. Seilbahnen gehören dorthin, | |
wo viele Leute unterwegs sind.“ | |
25 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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