# taz.de -- Prostitution in Berlin: Mitte will Sperrgebiet light | |
> Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) schlägt vor, Prostitution | |
> nur noch in Boxen zu erlauben. Der Senat lehnt ein Sperrgebiet ab. | |
Bild: So genannte „Verrichtungsboxen“, hier in Bonn | |
Der Straßenstrich rund um die Kurfürstenstraße ist geprägt von Armut, | |
Zwangsprostitution, Drogensucht. Über den richtigen Umgang damit wird seit | |
Jahren gestritten. Am Freitag hat Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel | |
(Grüne) vorgeschlagen, die Straßenprostitution im Kiez nur noch in extra | |
dafür eingerichteten sogenannten Verrichtungsboxen zuzulassen. | |
Die könnten den Frauen mehr Sicherheit bieten und negative Folgen für das | |
Wohnumfeld vermindern. „Aber dann müssen wir auch so konsequent sein zu | |
sagen, dass es keine Prostitution im öffentlichen Raum mehr gibt“, sagte | |
von Dassel bei einem Pressegespräch. | |
Der Bürgermeister wirbt schon länger für ein Sperrgebiet, jetzt mit | |
Verrichtungsboxen als Ausnahmen. Die müsse man sich vorstellen „wie einen | |
Verkehrsübungsplatz“, auf den man mit dem Auto hinauffahre, so von Dassel. | |
In solchen Boxen in Köln könnten die Fahrer auf den Stellplätzen nicht | |
aussteigen, die Frauen aber schon. Dort gebe es auch einen Alarmknopf für | |
Notfälle. | |
Er habe sich gefragt: „Wollen wir öffentliche Mittel aufwenden, damit | |
Männer billig Sex haben können?“, erzählt von Dassel. Um die Frauen besser | |
zu schützen, spricht er sich dafür aus. „Die Erfahrung aus Köln ist, dass | |
die Gewaltvorfälle rapide abnehmen“, so der Bürgermeister. Allerdings | |
kommen die Boxen für ihn nur in Kombination mit einem Prostitutionsverbot | |
im öffentlichen Raum drumherum infrage. | |
Beim Senat trifft er damit auf wenig Gegenliebe. „In Berlin ist die | |
Einrichtung von Sperrbezirken nicht geplant und nicht sinnvoll. | |
Sperrbezirke sperren Menschen weg, keine Probleme“, so die Staatssekretärin | |
für Gleichstellung, Barbara König (SPD), am Freitag gegenüber der taz. Den | |
Straßenstrich in Zonen zu verbannen, in denen die Frauen keine | |
Hilfsangebote hätten, sei der falsche Weg. „Vielmehr braucht es eine | |
berlinweite Strategie, die am Runden Tisch Sexarbeit erarbeitet wird.“ | |
Dieses Gremium, an dem auch Sexarbeitende und VertreterInnen von Polizei | |
und Bezirken teilnehmen, entwickle derzeit verschiedene Maßnahmen, eine | |
davon könnten die Verrichtungsboxen sein. | |
Die Frage ist, wo in der Stadt solche Boxen überhaupt Platz hätten. Von | |
Dassel schließt nicht aus, dass sie am U-Bahnhof Bülowstraße angesiedelt | |
werden könnten. „Man müsste das prüfen, optimal ist es aber nicht.“ Er | |
halte die Parkplatzflächen am Flughafengebäude Tempelhof, etwa entlang des | |
Tempelhofer Damms, für geeigneter. Ob sich das Geschäft allerdings derart | |
umlenken ließe, ist fraglich: Das Rotlichtmilieu rund um den Bülowbogen | |
gibt es seit Ende des 19. Jahrhunderts. Kleinere Boxen für Fußgänger und | |
Radfahrer, wie sie zwischenzeitlich im Gespräch waren, hält von Dassel | |
nicht für sinnvoll, die meisten Kunden kämen mit dem Auto. | |
Auch Angelika Schöttler (SPD), Bürgermeisterin im angrenzenden | |
Tempelhof-Schöneberg, hat Medienberichten zufolge bereits angekündigt, im | |
kommenden Jahr Verrichtungsboxen testen zu wollen. Ein Sperrgebiet lehnt | |
sie aber ab. | |
19 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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