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# taz.de -- Straßenprostitution in Berlin: Sexarbeit im Bio-Klo
> Runder Tisch Sexarbeit will mit dem Aufstellen von Toiletten der offenen
> Prostitutionsausübung begegnen. Anwohner finden, das reicht nicht.
Bild: Am Magdeburger Platz: Verrichtungsbox in Doppelfunktion
Barbara König (SPD), Staatssekretärin für Gesundheit und Gleichstellung
verkündete die News. „Die Bio-Toiletten im Kurfürstenkiez werden gut als
Verrichtungsorte angenommen.“ Soll heißen: Neben der Toilettenfunktion wird
in den Holzbuden auch Geschlechtsverkehr vollzogen. Entlang des Strichs
rund um die Kurfürstenstraße wird die Zahl der Klohäuschen deshalb nun auf
fünf erhöht.
Die Toiletten sind Teil eines Maßnahmenpakets des runden Tisches Sexarbeit.
Das unregelmäßig tagende Gremium ist mit Angehörigen von Senat, Bezirken,
Polizei, Beratungsstellen und Sexarbeitenden besetzt. Die Aufgabe ist im
Koalitionsvertrag definiert: Handlungskonzepte entwickeln, um die Rechte
und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen zu verbessern. Zusammen mit
der Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler
(SPD), erstattete König am Dienstag bei einer Bürgerversammlung in
Schöneberg Bericht.
Auch der grüne Bürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel, war gekommen,
saß aber nicht auf dem Podium. Der nördliche Teil des Strichs gehört zu
Mitte, der südliche zu Schöneberg. Auf wiederkehrende Beschwerden von
Anwohnern über den Müll und die offene Prostitutionsausübung auf der Straße
reagierte von Dassel im Sommer 2017 mit der Forderung nach einem
[1][Prostitutions-Sperrgebiet]. Beim Senat war er damit auf Granit
gestoßen. Das niedrigschwellige Maßnahmenpaket sei aber „immer noch besser
als nichts“, sagte von Dassel bei der Versammlung.
Im Unterschied zu den zwei bereits vorhandenen Bio-Toiletten soll das
Nachfolgemodell einen leicht vergrößerten Innenraum haben. Auch der Einbau
einer zweiten Tür sei geplant, damit die Frauen eine Fluchtmöglichkeit
hätten, sagte Schöttler (SPD). Einmal am Tag, am besten morgens, sollten
die Toiletten gereinigt werden. Nach dem Vorbild anderer Bundesländer hatte
der Quartiersrat Schöneberg ursprünglich reine Vollzugsboxen vorgeschlagen.
Aber darauf hatte sich der runde Tisch offenbar nicht einigen können. „Mit
der Kombination Toilette, Verrichtungsbox sind wir auf dem richtigen Weg“,
freute sich Schöttler, schob jedoch nach: „Wir können aber nicht alle in
Schöneberg aufstellen.“ Die zwei vorhandenen stehen am Magdeburger Platz in
Mitte und vor der Zwölf-Apostel-Kirche, die zu Schöneberg gehört.
So schlimm wie nie seien die Zustände im Kiez, klagte ein Anwohner, als das
Mikrofon geöffnet wurde. Fünf als Toiletten getarnte Verrichtungsboxen für
bis zu 180 Prostituierte – „das wird nicht ausreichen“. Ein
Rollstuhlfahrer, der in einem Wohnheim neben dem Strich lebt, berichtete
von permanenten Kellereinbrüchen und Fäkalien im Hausflur. „Wir akzeptieren
Sexarbeit“, rief der Mann. „Aber tut was, und zwar das, was notwendig ist.�…
Hilflos wirkten Schöttler und König mit ihren soziologisch anmutenden
Erwiderungen. Von Dassel, von der Moderatorin nach einem Schlusswort
gefragt, sagte: „Mir fällt dazu nichts mehr ein.“
30 Oct 2019
## LINKS
[1] /Strassenstrich-in-Berlin/!5435573&s=Dassel+Sperrbezirk/
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Sexarbeit
Stephan von Dassel
Menschenhandel
Kurfürstenstraße
Sexarbeit
Prostitutionsgesetz
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Prostitution
Stephan von Dassel
Straßenstrich
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